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BLUT AUS NORD: Disharmonium – Nahab

Im Kaninchenbau des kosmischen Horrors: BLUT AUS NORD graben sich immer tiefer die Welt von H.P. Lovecraft und brillieren mit „Disharmonium – Nahab“.

Wer sich einmal in den seltsamen Welten der Großen Alten verliert, schafft es kaum, sich daraus zu befreien. Der Faszination dieser bizarren Welt sind BLUT AUS NORD schon länger erlegen, die mit „Lovecraftian Echoes“ und „Disharmonium – Undreamable Abysses“ bereits knietief durch den Sumpf des kosmischen Horrors wateten. Kein Wunder, es gibt ja auch viel in dieser Welt zu entdecken, gerade wenn man von Nyarlathotep dazu verleitet wurde, im schwarzen Buch Azathoths zu unterschreiben. Die Hexe Keziah Mason, der auf „Disharmonium – Undreamable Abysses“ ein Lied gewidmet wurde, wart fortan Nahab genannt. Und an ihrer Seite reisen die Hörer*innen durch interdimensionale Sphären.

Soviel vorweg, es ist keine Überraschung, dass „Disharmonium – Nahab“ erneut exzellent geworden ist. BLUT AUS NORD und Lovecraft, das passt einfach. Das Spiel mit Harmonien und Disharmonien beherrscht kaum eine Band aus dem (Black) Metal-Sektor so wie sie, und gießt den gestaltlosen Horror so kongenial in musikalische Form. Entsprechend wundert es nicht, dass sie den musikalischen Stil des Vorgängers weiter verfolgen. Und doch unterscheiden sich beide Alben voneinander. „Disharmonium – Nahab“ hat von allem ein bisschen mehr: mehr verstörende Atmosphäre, mehr extreme Dissonanzen, mehr epische und große Momente. Das erscheint im Angesicht des außerweltlichen Vorgängers recht hoch gegriffen, aber BLUT AUS NORD schaffen es dennoch eine Schippe draufzulegen.

Ein neuer Blick in den Lovecraft’schen Abgrund: BLUT AUS NORD erschaffen mit „Disharmonium – Nahab“ eine weitere albtraumhafte Reise

BLUT AUS NORD wagen den Spagat zwischen der hässlichen Seite und den faszinierend schönen Momenten und vereinen auf diese Art das, was ihnen bisher nur selten möglich war: „The Endless Multitude“ ist ebenso nah an „Odinist: The Destruction Of Reason By Illumination“ wie auch an „Memoria Vetusta II: Dialoge With The Stars“ und liefert dadurch einen neuen Blick auf das Schaffen von BLUT AUS NORD, bevor es am Ende eruptiv in einer gigantischen Klangkaskade mündet. Derlei Kompositionen gibt es mehr: „Queen Of The Dead Dimension“ ist ein getragenes Stück mit hypnotischen Rhythmen, spannenden Harmonien und einer sehr unheimlichen Aura. Auch „Nameless Rites“ fokussiert sich auf Atmosphäre im getragenen Tempo. Diese Reduktionen lassen das Album als Ganzes rund und organisch werden.

Auf der anderen Seite steht Material, das ausgezeichnet zum Material des Vorgängers passt: „Mental Paralysis“, „The Crowning Horror“ und „The Ultimate Void Of Chaos“ hinterlassen dieses irre Gefühl, in einen bodenlosen Abgrund gestoßen zu werden. Dass Vindsval hier mehr auf den Punkt komponiert und die Stücke kompakter wirken lässt, stet ihnen außerdem gut zu Gesicht. Dass „Disharmonium – Nahab“ mit „Forgotten Aeon“, das überraschend direkt und sogar groovy beginnt, sich am Ende in den Wahnsinn steigert, bevor es relativ abrupt vor einem Ambient-Outro stoppt, ist vielsagend: Die disharmonische Reise scheint noch nicht zu Ende zu sein.

Auf „Disharmonium – Nahab“ fahren BLUT AUS NORD ein noch breiteres Spektrum als im Jahr zuvor auf und pflanzen kosmischen Horror direkt ins Unterbewusstsein

Was an „Disharmonium – Nahab“ am meisten beeindruckt, sind die Momente, in denen der Wahnsinn ungefiltert durch die Musik dringt. Das Highlight des Albums ist deshalb „The Black Vortex“ und gleicht einem Mahlstrom aus Disharmonie, mit Fretless Bass, kranken Synthesizern, bizarren Vocals im Stil von TERRA TENEBROSA und natürlich Gitarren, aus denen der pure Terror spricht. Glücklicherweise gibt es zwischen diesen intensiven Stücken immer wieder kurze, scheinbare Verschnaufpausen. Die drei Interludes haben dennoch ihre Wirkung als boshafte, hypnotische Dark Ambient-Stücke und pflanzen sich genauso direkt ins Unterbewusstsein, wie die restliche Musik.

Neben den großartigen Leistungen an den Gitarren wird das Spiel am Fretless-Bass immer besser. Doch auch das Drumming ist überirdisch. Statt irrer Geschwindigkeit sind die Rhythmen äußerst vertrackt, bisweilen sogar nahe am Jazz. Auch die verschiedenen Stimmen – seien es Chöre, gutturales Knurren oder heiseres, hysterisches Geschrei, die so in den Gesamtsound verwoben sind, tragen extrem viel zur Atmosphäre bei. BLUT AUS NORD haben somit ein ganzheitliches Album geschaffen, bei dem alles mit einbezogen wurde: Komposition, Performance, Anordnung der Songs, Sounddesign und Optik. Dass „DIsharmonium – Nahab“ mit so manischer Detailtiefe ausgearbeitet wurde und weniger als anderthalb Jahre nach „Disharmonium – Undreamable Abysses“ erscheint, ist nichts anderes als erstaunlich.

BLUT AUS NORD balancieren alle Elemente perfekt aus – „Disharmonium – Nahab“ wird somit unvergleichlich intensiv

OK, ich gebe zu, dass ich mich sehr über das schon länger angekündigte „Memoria Vetusta IV gefreut hätte, doch das ist Jammern auf hohem Niveau. Dass BLUT AUS NORD mit „Disharmonium – Nahab“ den Stil des letztjährigen Albums und den Observationen aus „Lovecraftian Echoes“ fortführen, ist mehr als nur ein Trostpflaster. Erwartungen hin oder her, Vindsval hält die Entwicklung von BLUT AUS NORD auch so spannend, denn Dissonanzen sind ebenso grenzenlos, wie der kosmische Schrecken, der als Vorbild dient. Dass BLUT AUS NORD mit „Disharmonium – Undreamable Abysses“ noch nicht alles gesagt haben, verdeutlicht das Material auf diesem Album eindrücklich, dass sie alles andere sind als ein normale Black Metal- oder Extreme Metal-Band, sowieso. „Disharmonium – Nahab“ ist mindestens genauso gut wie das letztjährige Album, besticht durch kompositorische Finesse, visionäre Ideen, kranke Atmosphäre und hohes Abwechslungsreichtum. Ich bleibe dabei: Kosmischer Horror wird von keinem anderen Künstler musikalisch so kongenial umgesetzt. Fhtagn!

Wertung: 10 von 11 Streicheleinheiten für Brown Jenkin

VÖ: 25. August 2023

Spielzeit: 43:58

Line-Up:
BLUT AUS NORD

Label: Debemur Morti Productions

BLUT AUS NORD „Disharmonium – Nahab“ Tracklist

1. Hideous Dream Opus #1
2. Mental Paralysis
3. The Endless Multitude (Official Audio bei Youtube)
4. Hideous Dream Opus #2
5. The Crowning Horror
6. Queen Of The Dead Dimension (Official Audio bei Youtube) 
7. The Black Vortex
8. Nameless Rites
9. Hideous Dream Opus #3
10. The Ultimaten Void Of Chaos
11. Forgotten Aeon

Mehr im Netz:

https://blutausnord.bandcamp.com
https://www.facebook.com/Vindsval.official
https://www.instagram.com/blutausnord.official/

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