Da darf man doch gerne das alte Bandlogo ausgraben: Das 30-jährige Jubiläum ihres Zweitwerks „Tales From The Thousand Lakes“ feiern AMORPHIS mit Stil. Keine bloße Neuauflage, sondern ein Live-Dokument hat man aus dem Archiv gezogen, um den Meilenstein in die Neuzeit zu holen. Das ist wörtlich gemeint, denn obwohl der Mitschnitt aus dem Jahr 2021 seinerzeit pandemiebedingt ohne Publikum entstand, entspricht der Rest der Aufnahme in so ziemlicher jeglicher Hinsicht modernen Standards.
Der Soundmix der Performance ist selbstverständlich druckvoll und transparent, während Tomi Joutsen am Mikro eine gewohnt fabelhafte Leistung abliefert. Die wenigen klar gesungenen Passagen wie in „Into Hiding“ oder der Dreingabe „My Kantele“ vom „Elegy“-Album (1996) intoniert der Frontmann mit tiefer und voller Stimme, während die markanten Growls mit donnernder Macht über uns hereinbrechen.
AMORPHIS behandeln ihr Frühwerk mit dem nötigen Respekt
Für Fans der ersten Stunde lässt sich derweil sogar Gitarrist Tomi Koivusaari zu ein paar roh-röchelnden Grunzern verleiten, um dem erwähnten „Into Hiding“ sowie dem Klassiker „Black Winter Day“ eine Prise 90er-Flair zu schenken. Indem man ansonsten sogar Keyboards und Bass ihren Raum zugesteht, ist „Tales From The Thousand Lakes (Live At Tavastia)“ wohl noch vor “Magic & Mayhem” (2010) die beste Möglichkeit, das Frühwerk der Finnen in einer zeitgenössischen Interpretation zu erleben.
Dabei gehen AMORPHIS glücklicherweise weitgehend originalgetreu und mit dem nötigen Respekt vor. Die Gitarren in „First Doom“ klingen herrlich oldschool, im vorausgegangenen „The Castaway“ ringen Folk- und Hammond-Sounds um unsere Aufmerksamkeit und die prägnante Gitarrenführung von „Drowned Maid“ bewahrt sicher den Hitcharakter des Stücks.
Mit „Tales From The Thousand Lakes (Live At Tavastia)“ feiern AMORPHIS ein Jubiläum
Fragwürdig ist somit einzig die Veröffentlichungspolitik selbst: Schon im Vorjahr gab es mit „Queen Of Time (Live At Tavastia 2021)“ ein komplettes Studioalbum aus derselben Session als Live-Veröffentlichung. Zumindest Sammlern gegenüber ist die häppchenweise Bereitstellung der Streaming-Konzerte somit kein feiner Zug, für den AMORPHIS aber zumindest diesmal eine passable Ausrede parat halten: Immerhin feiert man 2024 das Jubiläum eines absolut wegweisenden Death-Metal-Klassikers, dem somit völlig zu Recht die komplette Aufmerksamkeit zuteilwerden soll – von der Musik bis zum geliebten Bandlogo der ersten Stunde.
Veröffentlichungstermin: 12.07.2024
Spielzeit: 54:10
Line-Up
Tomi Joutsen | Gesang
Esa Holopainen | Gitarre
Tomi Koivusaari | Gitarre
Olli-Pekka Laine | Bass
Santeri Kallio | Keyboard
Jan Rechberger | Schlagzeug
Produziert von Miiro Varjus (Mix) und Svante Forsbäck (Mastering)
Label: Reigning Phoenix Music
Homepage: https://amorphis.net/
Facebook: https://www.facebook.com/amorphis/
Instagram: https://www.instagram.com/amorphisband
AMORPHIS “Tales From The Thousand Lakes (Live At Tavastia)” Tracklist
01. Thousand Lakes
02. Into Hiding (Video bei YouTube)
03. The Castaway
04. First Doom
05. Black Winter Day (Mitschnitt bei YouTube)
06. Drowned Maid (Video bei YouTube)
07. In The Beginning
08. Forgotten Sunrise
09. To Father’s Cabin
10. Magic And Mayhem
11. Vulgar Necrolatry
12. My Kantele