Das war ein handverlesenes Premium-Publikum! Schätzungsweise 150 bis 200 Menschen, Altersdurchschnitt jenseits der 40er, erlebten an diesem Abend einen intensiven VOIVOD-Auftritt im kleinen (!) Club der Rofa Ludwigsburg.
Wenn eine Band schon mit Sprechchören gefeiert wird, bevor sie überhaupt nur einen Ton gespielt haben, ist das bemerkenswert. Dabei machen sich VOIVOD live nicht mal besonders rar. Im Gegenteil, ziemlich genau vor einem Jahr spielten VOIVOD im Cann in Stuttgart, zusammen mit ENTOMBED A.D. und auch im Sommer 2017 gab’s einige Konzerte der Science Fiction-Thrasher in Deutschland. Trotzdem wurden die Kanadier so freudig begrüßt, als wäre es etwas ganz Besonderes, die Band mal wieder live zu sehen.
VOIVOD wurden schon auf dem Weg zur Bühne gefeiert
So war für VOIVOD schon der Weg durchs Publikum auf die Bühne ein kleiner Triumphzug. Dass sich darüber auch gestandene Musiker wie Snake, Away, Chewy und Rocky so richtig freuen können, war unübersehbar – sie bekamen ihr breites Grinsen den ganzen Abend nicht mehr vom Gesicht.
„Killing Technology“ ist sicher mit der beste Einstieg in ein VOIVOD-Konzert. Der Song ist zwar schon 30 Jahre alt, fasziniert heute aber noch genauso wie 1987. Überhaupt wurde an diesem Abend wieder deutlich, dass VOIVOD eine dieser vollkommen unterschätzen Bands sind: Seit Ewigkeiten dabei, seit Ewigkeiten mit einem eigenen, unverkennbaren Stil und seit Ewigkeiten immer wieder innovativ. Wie viele Bands schaffen es, so viele unterschiedliche Songs auf eine Setlist zu packen und glaubhaft und authentisch rüberzubringen? Vom wüsten, ungestümen Thrash mit ordentlichem Punk-Einschlag der Anfangstage („Korgüll The Exterminator“ oder „Overreaction“) über das unverschämt eingängige „The Prow“ (vom 1991er Album „Angel Rat“) bis hin zum sperrigen und auf Platte durchaus anstrengenden „Fall“ von der aktuellen EP „Post Society“ war alles dabei – und alles funktionierte!
VOIVOD gaben auch vor wenigen Fans in Ludwigsburg alles
VOIVOD waren unglaublich dicht dran am Publikum, im übertragenen wie im wörtlichen Sinne. Immer wieder verteilten Snake, Chewy und Rocky Handshakes und High Fives, Rocky dürfte nach dem Konzert auch kaum Plektren übrig gehabt haben. Er verschenke sie immer wieder an Fans in den ersten Reihen – doch statt sie einfach rumzuwerfen, drückte er die Andenken den Leuten ganz gezielt in die Hand.
Wo Snake auf der Tour 2016 auf mich stellenweise ein wenig abwesend wirkte, war er jetzt voll da: Immer ganz beim Publikum, mit vielen Ansagen wie der obligatorischen Aufforderung zum Tanz bei „The Prow“ – und auch dieses Mal hat’s wieder geklappt, der Mob wiegte sich im Rhythmus!
Sogar die kleinen Mini-Choreografien, die Chewy und Rocky einstudiert hatten, waren cool: synchrones Hüpfen oder überzogenes Metal-Posing mit Gitarre und Bass waren einfach schöne Details. Nicht einstudiert waren die verhedderten Mikro- und Gitarrenkabel, mit denen die Musiker zu kämpfen hatten, doch das passiert halt im Eifer des Gefechts. Gelangweilt rumstehen können andere Bands, bei VOIVOD gibt’s das nicht.
Und es lohnt sich immer, einen Blick auf Schlagzeuger Away zu werfen – erstens ist es immer wieder erstaunlich, was der schmächtige Mann aus seinem kleinen Drumkit rausholt und wie unangestrengt und glücklich er dabei wirkt. Und zweites trägt er immer sehr, sehr interessante Bandshirts. Darauf ist ganz oft NAPALM DEATH zu lesen, genauso häufig trägt er aber auch Merch von anderen außergewöhnliche Bands. In Ludwigsburg war’s ein Shirt der Crustpunks MISERY.
VOIVOD machen ihr eigenes Ding – seit über 30 Jahren
Absolut erwähnenswert die unglaublich tighte und mitreißende Version von „Ravenous Medicine“ mit den vielfach mitgebrüllten „Surgical scourge on you – Electric shock through you“. Direkt auf „Ravenous Medicine“ folgte „Fall“ – skippe ich ehrlich gesagt zu Hause häufiger weg. Live war’s magisch – Snake kann singen und legt so unglaublich viel in diesen Song, dass man förmlich wegschwebt. Ja, auch dieser fast schon jazzig-verworrene Track kam gut an. Das lag nicht zuletzt an der Aufrichtigkeit und Selbstverständlichkeit, mit der VOIVOD einfach ihr Ding machen – live wie auf Platte.
Klar, der Jubel bei “ Korgüll The Exterminator“ war dann wieder größer. Lauter wurde es eigentlich nur noch beim letzten Song „Voivod“, auf den es dann noch zwei Zugaben und ein sehr, sehr herzliches Good-Bye von VOIVOD an ihre Fans gab. Ich habe wenige Bands erlebt, die sich so lange mit festem Händedruck von den ersten Reihen verabschieden!
Konzertfotos von VOIVOD in der Rockfabrik Ludwigsburg
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Setlist VOIVOD in der Rockfabrik Ludwigsburg
EARTH SHIP hatten es als Opener nicht leicht
Nicht unerwähnt bleiben sollen EARTH SHIP, die den Konzertabend eröffneten und mit ihren doomigen Drone oder dronigem Doom mehr und mehr Konzertbesucher vom Biertresen vor die Bühne lockten. Das Trio dröhnt und dronte – übrigens mit weitaus besserem Sound wie VOIVOD – knapp eine Dreiviertelstunde. Der Auftritt litt aber ein wenig daran, es zunächst kaum Leute da waren. Es muss echt bitter sein, vor einer Handvoll Leute anfangen zu müssen. EARTH SHIP ließen sich davon nicht entmutigen – zur Belohnung füllte sich der Club dann recht schnell, und sogar Chewy mischte sich für ein, zwei Songs ins Publikum.
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