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THY ART IS MURDER, WHITECHAPEL, FIT FOR AN AUTOPSY, SPITE: Konzertbericht – TonHalle, München – 13.10.2023

Auf einen Teil der Aufmerksamkeit hätten THY ART IS MURDER in den letzten Wochen sicherlich gerne verzichtet. Doch selbst trotz der heiß diskutierten Entscheidung, kurz vor knapp den Sänger auszuwechseln, sprengt die “Godlike”-Tour dieser Tage bandeigene Rekorde. Grund genug, sich das Deathcore-Spektakel inklusive WHITECHAPEL, FIT FOR AN AUTOPSY und SPITE in der ausverkauften Münchner TonHalle näher anzusehen.

An medialer Aufmerksamkeit mangelt es THY ART IS MURDER dieser Tage nicht. Ein plötzlicher Sängerwechsel kurz vor Album-Release sowie Europatour sorgte für hitzigen Diskussionsstoff und eine gespaltene Fanbasis. Den Vorverkaufszahlen der „Godlike“-Konzerte schadete das zu diesem Zeitpunkt natürlich nicht mehr: Venue-Upgrades und ausverkaufte Hallen sprechen für sich; auch in München übrigens, wo sich knapp 2000 Anhänger:innen angekündigt haben, um sich – auch dank des illustren Vorprogramms aus WHITECHAPEL, FIT FOR AN AUTOPSY sowie SPITE – der vollen Breitseite Deathcore hinzugeben. Die im Vorfeld so heiß diskutierte Frage, wie sich nun Neuzugang Tyler Miller (AVERSIONS CROWN) am Mikro schlagen wird, gerät bei einem derart hochkarätigen Line-up derweil schnell zur Nebensache.


SPITE

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Das merken auch wir, als wir kurz vor Showbeginn die bereits durchaus ordentlich gefüllte TonHalle erkunden. Während in den hinteren Regionen der Halle der Merchandise-Stand schon jetzt wild umlagert ist, warten tatsächlich hunderte Fans im Zentrum auf den heutigen Opener. In der Szene heiß gehandelt, weiß man offenbar auch in der bayerischen Landeshauptstadt um den guten Ruf SPITEs, die heute ohne Intro, aber dafür mit harten Bandagen loslegen.

Allein Fronter Darius lässt sich noch ein paar Momente bitten, stürmt dann aber im blauen Ganzkörper-Overall mit einer Entschlossenheit die Bühne, die so früh am Abend durchaus einschüchternd wirken kann. Mit vollem Körper- und Stimmeinsatz heizt der Shouter sein Publikum an, während er mit seinen Kollegen jeden der zahlreichen Breakdowns bis zum Äußersten auskostet. In der Tat drischt derzeit wohl kaum ein Schlagzeuger so leidenschaftlich auf sein Becken ein wie Tour-Aushilfe Travis Regnier (CARCOSA).

SPITE haben das Publikum auf ihrer Seite, aber den Sound-Mix gegen sich

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Im Prinzip hätten SPITE also die besten Voraussetzungen, um der aufgeschlossenen TonHalle trotz Anheizer-Rolle die Köpfe abzuschrauben. Leider aber will der Sound-Mix überhaupt nicht mitspielen: Songs wie „IED“ oder „Caved In“, bei dem sich gar ein kleiner Circle Pit formiert, verkommen zum dumpfen Bassgewitter. Als hätte man dem Quartett den Soundcheck gestrichen und die Person am Mischpult vor die Tür gesetzt, kommt in nahezu jeder Ecke der Halle bestenfalls dumpfer Brei an. Welcher Track nun gerade angestimmt wird, lässt sich teilweise nur dank Frontmann Darius‘ sporadischer Ansagen mit Sicherheit bestimmen – schade.

Fotogalerie: SPITE


FIT FOR AN AUTOPSY

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Gravierende Soundprobleme sind eigentlich unüblich für die hiesige Location und doch sieht es eine Viertelstunde später kaum besser aus. FIT FOR AN AUTOPSY drehen mit dem Schlagzeugintro des Openers „A Higher Level Of Hate“ zunächst routiniert an der Spannungsschraube, mühen sich in den folgenden 35 Minuten aber sichtlich ab, das Energielevel beständig aufrechtzuerhalten. Die Ursache dafür ist eigentlich banal: Es ist schlicht zu leise in der TonHalle, so dass wir zwischenzeitlich sogar versucht sind, den Gehörschutz zu entfernen. Die Hoffnung, dann zumindest den Gesang halbwegs zu vernehmen, bleibt allerdings unerfüllt, weshalb wir uns gezwungenermaßen allein auf unsere Songkenntnis verlassen müssen.

Glücklicherweise orientiert sich die Track-Auswahl FIT FOR AN AUTOPSYs an ihrer Festival-Tour im Sommer, weshalb wir auf Stücke wie „The Sea Of Tragic Beasts“ oder „Black Mammoth“ bestens vorbereitet sind. Die zahlreichen Fäuste um den Circle Pit lassen uns derweil aufatmen: Den Umständen zum Trotz nehmen es die Münchner:innen offenbar sportlich und machen kurzerhand das Beste aus der Situation.

FIT FOR AN AUTOPSY haben vor allem neueres Material im Gepäck

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Dementsprechend wird die aktuelle Single „Hellions“ mit ohrenbetäubendem Beifall quittiert, bevor „Pandora“ ein weiteres Mal zum Ausdauerlauf mit Anfassen aufruft. Dem Wohlwollen der Fans und natürlich der gewohnt packenden Bühnenpräsenz der US-Amerikaner ist es schließlich zu verdanken, dass nach dem starken, dezent progressiven „Far From Heaven“ doch ein positives Fazit bleibt – und dennoch hätten die spielfreudigen FIT FOR AN AUTOPSY um den unablässig Grimassen ziehenden Drummer Josean Orta eigentlich so viel mehr verdient.

FIT FOR AN AUTOPSY Setlist – ca. 35 Min.

1. A Higher Level Of Hate
2. Black Mammoth
3. Savages
4. The Sea Of Tragic Beasts
5. Hellions
6. Pandora
7. Far From Heaven

Fotogalerie: FIT FOR AN AUTOPSY


WHITECHAPEL

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Es ist mittlerweile selbst in den seitlichen Flügeln der Halle erstaunlich kuschelig geworden, als WHITECHAPEL unter Jubel die Bretter betreten. Dass die US-Amerikaner hier zur Primetime wie der Haupt-Act abgefeiert werden, spricht für das Standing, das sich die Formation über die Jahre erarbeitet hat. Tatsächlich verrät zu Beginn nur die arg dunkle und spartanische Lightshow, dass hier noch gar nicht der Headliner vor uns steht. Die restlichen Eckdaten passen nämlich wie die Faust aufs Auge: Bereits während des starken Openers „I Will Find You“, bei dem Shouter Phile Bozeman gar einfühlsamen Klargesang einstreut, macht sich der erste Crowdsurfer auf den Weg nach vorne.

Dass sich WHITECHAPEL in der ersten Hälfte ihres Sets auf neueres Material stützen, scheint dabei kalkuliert und durchaus effektiv: Das stampfende „A Bloodsoaked Symphony“ lädt zum Headbangen ein, bevor die Titelzeile des Hits „The Saw Is The Law“ aus hunderten Hälsen durch die Halle schallt. Keine Frage, Bozeman hat seine Anhängerschaft fest im Griff, so dass die Bindung zwischen Band und Fanschar selbst dann nicht abreißt, wenn der matschige Sound jegliche Details verschluckt.

WHITECHAPEL konzentrieren sich auf ihr härteres Material

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Das geht insbesondere zu Lasten der schnelleren und technischen Tracks wie „We Are One“ oder „End Of Flesh“, weshalb wir uns zwischendrin umso mehr über das atmosphärische „Doom Woods“ freuen, mit dem WHITECHAPEL zugleich ihre Vielseitigkeit unterstreichen. Dass es darüber hinaus ausschließlich die extreme Seite der Gruppe zu bestaunen gibt, ist angesichts des Tour-Pakets verständlich. Vielleicht wäre an diesem Dreizehnten im Monat – ein Freitag übrigens – zwischen Klassikern wie „This Is Exile“ oder „Prostatic Fluid Asphyxiation“ aber tatsächlich eine ruhige Nummer keine schlechte Wahl gewesen. Dann hätten wir vielleicht auch mal das Zusammenspiel der drei Gitarristen aktiv wahrnehmen können.

WHITECHAPEL Setlist – ca. 45 Min.

1. I Will Find You
2. A Bloodsoaked Symphony
3. The Saw Is The Law
4. We Are One
5. Forgiveness Is Weakness
6. Doom Woods
7. End Of Flesh
8. Prostatic Fluid Asphyxiation
9. This Is Exile

Fotogalerie: WHITECHAPEL


THY ART IS MURDER

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In guten wie in schlechten Zeiten ändern sich manche Dinge nie, auch wenn das Vengaboys-Intro mit seiner bunten Lichtuntermalung eher Alt-Sänger CJs spezielle Persönlichkeit widerspiegelt als die des Frontmanns, welcher heute auf der Bühne steht. Mit Baseball-Cap und taktischer Weste wirkt Tyler Miller wesentlich ernster und furchteinflößender als sein Vorgänger, was aber der grundlegenden musikalischen Ausrichtung der Australier nicht abträglich ist.

In tiefen Blautönen gehalten kriecht der Auftakt „Destroyer Of Dreams“ in die Gehörgänge des Publikums, das sich nun über einen deutlich differenzierteren Klang freuen darf, nur um bald darauf die Hölle losbrechen zu lassen. In der Tat setzt sich mit dem ersten Temposchub auch ein konstanter Strom an Crowdsurfern in Bewegung, welcher bis zum Ende der Show nicht abebben soll. Dazwischen sorgt bewährtes Live-Material wie „Slaves Beyond Death“ für Bewegung in der Mitte, wobei auch eine neue Single wie „Blood Throne“ als fabelhafte Kulisse für eine Wall of Death herhalten darf.

Ihre Machtdemonstration unterbrechen THY ART IS MURDER nur kurz für einen emotionalen Moment

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Untermalt wird das Spektakel von einer stimmigen wie abwechslungsreichen Lightshow, die in „Join Me In Armageddon“ oder dem mächtigen „Keres“ durch Laserprojektionen einige Akzente setzen kann. Allein die Pyro-Effekte müssen THY ART IS MURDER location-bedingt in der Kiste lassen, bringen das Inferno aber kurzerhand durch ihre kompromisslose und hochenergetische Performance anderweitig nach München. Mit Groove und Durchschlagskraft versetzt „Death Squad Anthem“ die Arena in Ekstase, bevor es in „Maker America Hate Again“ ein wenig zivilisierter zur Sache geht, indem man hier und da ausnahmsweise einfach nur im Takt klatscht.

Intensität und Killerinstinkt seitens THY ART IS MURDER bleiben auf diese Weise konstant hoch, zumal die Band auf Ansagen und größere Pausen weitgehend verzichtet. Lediglich gegen Ende der ersten Hälfte bricht Sänger Tyler Miller sein bisheriges Schweigen, um nach einer kurzen Vorstellung um ein Geburtstagsständchen für seine verstorbene Tochter zu bitten, die am heutigen Freitag zwölf Jahre alt geworden wäre. Der selbstverständlich folgende Chor, wohl auch für Millers zu Hause gebliebene Familie bestimmt, ist ein erstaunlich intimer Moment voller Menschlichkeit, der auch uns einen Schauer über den Rücken jagt. Dass im nachfolgenden „Bermuda“ die atmosphärische Soundkulisse im Publikum durch ein Lichtermeer und auf der Bühne durch sanften Schneefall visuell untermalt wird, verdeutlicht darüber hinaus, dass den Australiern auch in puncto Feingefühl keineswegs das richtige Vokabular fehlt.

THY ART IS MURDER bleiben eine Live-Macht

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Bis die Schneekanonen im eindringlichen „Everything Unwanted“ ein weiteres Mal zurückkehren, jagen uns THY ART IS MURDER aber erstmal durch eine hitgespickte zweite Set-Hälfte, wo der durchaus stimmgewaltige Miller in „Holy War“ nicht nur durch das Publikum, sondern auch FIT FOR AN AUTOPSY-Frontmann Joe Badolato lautstarke Unterstützung erhält. Reich an Höhepunkten ist selbstverständlich auch der Zugabenblock, wo der Moshpit in „Reign Of Darkness“ neue Ausmaße erreicht, bis das obligatorische „Puppet Master“ den Sack zumacht.

Rund 70 Minuten später können wir also definitiv und ohne Vorbehalte Entwarnung geben: Selbst mit neuem Mann am Mikro bleiben THY ART IS MURDER eine ungebrochen packende Live-Macht, die heute Abend wie auf der gesamten Tour den nächsten Schritt nach vorne gemacht zu haben scheint: Das audiovisuelle Konzept spiegelt den Anspruch der Formation, die sich ihren Status hart erarbeitet hat und sich einer Sache getrost sicher sein darf: Mit dieser Arbeitseinstellung dürften die Australier künftig zweifellos weiterhin in aller Munde bleiben – nur eben dann aus angenehmeren Gründen als zuletzt.

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THY ART IS MURDER Setlist – ca. 70 Min.

1. Destroyer Of Dreams
2. Slaves Beyond Death
3. Death Squad Anthem
4. Make America Hate Again
5. Blood Throne
6. Join Me In Armageddon
7. Bermuda
8. Human Target
9. Holy War
10. The Purest Strain Of Hate
11. Godlike
12. Keres
13. Everything Unwanted
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14. Reign Of Darkness
15. Puppet Master

Fotogalerie: THY ART IS MURDER

Fotos: Tatjana Braun (https://www.instagram.com/tbraun_photography/)

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