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THRONEHAMMER, WHEEL, CROSS VAULT: Kulturzentrum Emscherdamm, Oberhausen – 27.05.2022

War das echt schon am 27. Mai? Ha ja, beim Doom vergeht die Zeit doch echt anders. Eigentlich war ja geplant, die Dame und Herren THRONEHAMMER in Osnabrück zu besuchen gemeinsam mit der Bielefelder Sludge-Walze DUST, was dann doch nicht sein sollte. Also war der Drei-Stunden-Ritt angesagt nach Oberhausen, um dort gemeinsam mit vampster-Kollege Daniel einen wunderschönen, gutgelaunten Doom-Abend zu feiern. Der einzige gemeinsame Konzertbesuch/Bericht vom KIT X liegt immerhin auch schon 14 Jahre zurück. Vom Kulturzentrum Emscherdamm hatte ich noch nie gehört, mit 250 km auch nicht gerade um die Ecke. Ungewohnt, als Allererster dort zu sein, ein netter Laden mit Bühne, einfach gehalten mit allem was man braucht. Das freundliche Team schaufelt und gießt draußen die Pflanzen, die THRONEHAMMER-Jungs hängen draußen herum, kurz knuddeln, Schwätzchen mit Sängerin Kat. Drinnen klingen die letzten Töne vom CROSS VAULT-Soundcheck.

Doomiges Familientreffen im Kulturzentrum Emscherdamm

Auch Kollege Daniel trudelt bald ein, wie so manch anderes vertrautes Gesicht vor und auf der Bühne, teils auch noch als Besucher vom DOOM SHALL RISE. Doom ist halt Familie. Der Laden wird später gut gefüllt sein. Einigen merkt man die Vorfreude deutlich an, für manche ist es das erste Konzert seit der C-Pause, auch wenn es in der Region natürlich bereits reichlich Gelegenheiten gab. Für mich tatsächlich „schon“ das zweite nach PRIMORDIAL und SWALLOW THE SUN in Bremen. Aber hier im kleinen, familiären Rahmen fühlt sich das gleich nochmal besser an. Und nahezu alle genießen das Beenden der Einschränkungen, nur ein weiterer Besucher trug tapfer wie ich die Maske, auch wenn man oft komisch angeschaut wurde. Uns hat das nicht gestört, gerade der andere Masken-Kollege ging bei allen Bands voll ab. Draußen in den Pausen war genug Platz, sich auch ohne nicht zu nahe zu kommen. Aber das eigentliche Fest fand natürlich vor bzw. neben der Bühne statt.

THRONEHAMMER, WHEEL und CROSS VAULT laden zum Doomdancing

blankAls erstes betreten CROSS VAULT die nicht große, aber ausreichende Bühne. Mit „Golden Mending“ vom aktuellen Album „As Stranger We Depart“ steigen die Jungs aus Mainz kraftvoll ein, man schunkelt sofort mit. Diese Erhabenheit, die immer mal auch an SOLSTICE erinnert, fesselt sofort. Auch die Schwabendoomer MIRROR OF DECEPTION hören sie sicher gern mal. Aber man mag gar nicht analysieren, lieber weiter verträumt mitswingen. Doom kann ja so schön sein! „The Unknown Rewind“ steht dem kaum nach, kommt noch etwas verträumter und schunkeliger. Ja ja, „N“ hat nicht diese ganz große Stimme, die solche Lieder gern gehabt hätten. Na und, der kräftige Kerl macht das wett mit glaubhafter Leidenschaft für die Songs, kumpelhaftem Auftreten und sympathischer Ausstrahlung. Auch die anderen Jungs sind mit Freude dabei, vor allem „M“ an der Gitarre feiert die eigenen Songs und die positiven Reaktionen des Publikums mit strahlendem Gesicht. Bandkopf „G“ (ASURAS, KHAOS AEON) an der Leadgitarre und der verspielte Bass machen etwas konzentrierter ihr Ding, sofern es von meiner Bühnenseite erkennbar ist, die Drums kommen herrlich entspannt. „Bails Departing“ kenne ich nicht, auch schön.

CROSS VAULT überzeugen mit epischem Doom und kumpelhaftem Auftreten

„Gods Left Unsung“ drückt noch mehr auf die Bremse, aber dass die Jungs WARNING-Fans sind, das hatten sie ja schon auf ihrem 2014er Debüt „Spectres of Revocable Loss“ gezeigt. Manches erinnert auch wieder mal an MIRROR OF DECEPTION. Mit „The All-Consuming“ geht es dezent energischer zurück zum Titelsong des zweiten Albums von 2015. Äh nein, man schaut nicht böse zum Kollegen, wenn der sich mal verspielt! Abzug in der B-Note! „Home“ vom Debüt definiert zum Abschluss das, was normale Metaller am Doom nicht verstehen. Zäh, drückend, Tränen treibend zieht es sich über das Publikum, das im Zeitlupentempo mitswingt und diese traurige Musik einfach genießt. Man möchte alle um sich in den Arm nehmen, weil das Leben und die Musik so schön traurig ist. Heute feiern alle den Doom, und CROSS VAULT haben hier eindrucksvoll gezeigt, warum es die beste Musik der Welt ist. Belohnt werden sie mit wohlwollendem Applaus und Gejubel. Aber der Abend ist noch lang, aus die Maus.

WHEEL haben heute ein Heimspiel

blankWHEEL haben dann ein Heimspiel, Dortmund ist ja um die Ecke und der Club füllt sich spürbar inklusive ein paar Kindern, natürlich brav mit Ohrschützern, Daumen hoch! „At Night They Come Upon Us“ startet gleich kraftvoll groovend durch. Als SOLITUDE AETURNUS-Jünger fühlt man sich gleich zuhause. Heute wird oft das aktuelle Album „Preserved In Time“ serviert, weiter geht es mit „When The Shadow Takes You Over“ mit deutlichem CANDLEMASS-Einschlag. Auch hier denkt man sich wieder, wie schön doch traurige Musik sein kann, wenn sie so klasse präsentiert wird. Auch hier fällt der Song mal zusammen, und doch verleiht die traurige Gitarre Hoffnung. Sicher würde eine zweite Gitarre alles weitaus fetter machen, aber Benjamin macht einen klasse Job. Mal ein schiefer Ton bringt eher ein Grinsen, passiert halt, wenn man am Posen ist. Basser Markus groovt da drüben, Drummer Cazy begleitet entspannt die Songs, scheint einen eher bluesigen oder jazzigen Background zu haben. Von Sänger Akardius sieht man nicht viel, versteckt im Kapuzenpulli erinnert er optisch dadurch und mit seinem introvertierten Acting etwas an SWALLOW THE SUN´s Mikko. Stimmlich dagegen orientiert er sich passend zum Bandsound an Rob Lowe (SOLITUDE AETURNUS, CANDLEMASS, CONCEPT OF GOD, FUNERAL) und bringt das live richtig gut. „Icarus“ lädt als Titelsong des 2013er Album zum gepflegten Doomdancing ein, die Leute im Club lassen sich nicht lange bitten.

Trotz zahlreicher Querverweise sind WHEEL keine platte Kopie

„After All“ mit ordentlich 80er BLACK SABBATH trifft THUNDERSTORM und „She Left In Silence“ mit SAINT VITUS-Touch präsentieren wieder das aktuelle Album. WHEEL machen gar kein Geheimnis daraus, wer ihre Helden sind. Daraus brauen sie einen stimmigen Sound, der nie die Verweise zu SOLITUDE AETURNUS verliert, nicht nur durch den Gesang. Dabei sind WHEEL aber keine platte Kopie wie etwa die Texaner Namensvetter WELL OF SOULS. Der Mix mit anderen Elementen großer Doomhelden macht den Sound von WHEEL geschmeidig und abwechslungsreich. Das sieht auch das Publikum so und feiert die Jungs ordentlich ab. „The Mills Of God“ schleicht sich an vom Debütalbum, „Scent“ scheint ein neuer Song zu sein. THRONEHAMMER´s Kat wuselt neben mir rum und ich kriegs nicht mit. Keine Frage, auch die Engländerin aus dem knuffigen Durham feiert WHEEL und ist sichtlich begeistert. Das energischere „Hero Of The Weak“ und das epische „Aeon Of Darkness“ vom aktuellen Album beenden einen starken Gig, der sichtlich jeden begeistert hat. Schade, dass dann aber auch einige Leute abwandern, die wohl gezielt gekommen sind, um WHEEL die Ehre zu erweisen.

Pfefferminzlikör, Soundwall, Killergroove: THRONEHAMMER came to slay!

blankEgal, hat man etwas mehr Platz vor der Bühne. Der Pfefferminzlikör steht mit Bier- und Wasserflasche bereit. Kat ist anfangs etwas angespannt, hat den ganzen Abend schon gehüstelt. Aber ihre THRONEHAMMER-Jungs machen es ihr leicht, bauen wie gewohnt einen Soundwall auf, in dem sich die Shouterin breit machen kann. „Incarnation Rites“ bietet als Titelsong des aktuellen Albums dafür auch alles. Fette Riffs überrollen einen, alles so zäh und schwer, und doch entsteht ein Groove, bei dem man sofort mit muss. Nach zwei Minuten schon fühlt man sich stark wie ein Berserker, das wilde Rumgerühre von Drummer Markus auf den Toms fühlt sich an wie das Blut des Feindes im Gesicht. Aber egal wie stark und böse man sich gerade fühlt, dieser fette Sound macht schlichtweg glücklich, überall grinsende Gesichter über den mitschunkelnden Körpern. Auch mein Maskenkollege feiert euphorisch diese Dröhnung. Und immer wieder der melodische Einbruch, das Leben ist schön! Auch wenn zum Schluss Kat ihre Death Metal-Vergangenheit böse auslebt.

THRONEHAMMER machen alles platt und uns zu starken Kriegern

Weiter geht’s mit dem aktuellen Album, „Thy Blood“ rollt mit seinem an SLAYER zu fantastischen „South Of Heaven“-Zeiten erinnernden Auftakt gnadenlos auf einen zu, um dann einem der größten Grooves Platz zu machen, den man sich vorstellen kann. Da kann keiner stillstehen, der kleine Junge an der Seite schaut mit großen Augen, sowas kennt er offensichtlich nicht und auf dem Schulhof wird ihm keiner glauben, was er da erlebt hat. Krass der ultra-fette Sound, der es Kat nicht leicht macht, ihre total verhallten Vocals aus dem Monitor zu hören. Dafür kämpft sie sich kraftvoll durch und taucht auch immer weiter ein in den Sog der Songs. Wie auch beim fast treibenden „Eternal Thralldom“, das eine Portion Helden-Metal in böse mit sich bringt. „Behind The Wall Of Frost“ vom Debüt macht sich breit. Gnadenlos zäh und heavy friert es die Zuschauer ein mit seinen klirrend kalten Momenten. „Conquered & Erase“ ist dagegen fast fröhlich, wie eine erfolgreich geschlagene Schlacht. Man tänzelt gepflegt mit, einer der wenigen Songs, die nicht so sehr hängen bleiben und eine willkommene Verschnaufpause bietet. Bei der man gern „Stuart“ (u.a. VERSUS THE STILBORN-MINDED, OBELYSSKKH) zuschaut, er hat reichlich tolle Effektgeräte, die er zu nutzen weiß.

Auch mal Zeit, statt nur den mächtigen Sound zu feiern, hinüberzuschauen zu Tim „Hammer“ Schmidt (SEAMOUNTH, NAKED STAR, SMITH & SWANSON). Schön, so vertraute Weggefährten mal wieder live zu sehen! Für Basser Uwe ist heute ein Kumpel eingesprungen. Was er so spielt höre ich kaum auf meiner Seite, aber auch er scheint sich in dem Soundwall sichtlich wohlzufühlen. Drummer Markus, bei SEAMOUNTH noch am Bass, zuzuschauen macht schlichtweg Spaß. Normales Drumming geht anders, mit seinen zahllosen Rolls und Fills als Ersatz für einen klaren Takt baut er eine Energie auf, welche die Songs noch eine Portion fordernder und mächtiger macht.

Die ein oder andere Gänsehaut macht sich breit dank THRONEHAMMER

blank„A Fading King“ zieht uns wieder zurück, mit derben Growls macht Kat uns Angst, der Song baut sich auf zu einer epischen Hymne, die eine fette Gänsehaut hinterlässt. Auch hier ist es nicht ein packender Groove oder eine mitreißende Melodie, die in den Song zieht, und doch kann man sich nicht abwenden. „Usurper Of The Oaken Throne“ vom Debüt trägt sicher wieder die Handschrift von Stuart West, derber Sludge breitet sich aus, wie in frühen Zeiten des Nürnbergers. Das aber nicht ohne Groove, die Vocals mit Melodie, auf 45 gespielt sicher ein fröhlicher Rocksong. Hier und heute aber ein zäher Brocken, man verfällt wieder ins gepflegte Doomdancing. Womit diese starke Show endet, nun ja, da braucht man bei so eine Bandhymne kaum raten. „Thronehammer“ macht nochmals alles und jeden platt, dass es eine doomige Freude ist. Und wieder schaut man sich gegenseitig an, jeder hat ein Strahlen im Gesicht, auch auf der Bühne. Jeder Takt ein Hammerschlag, der Nacken schmerzt vom zähen Bangen, das werden harte drei Stunden Rückfahrt.

Doom ist langweilig und nur für Depri-Menschen

So geht eine starke Show lautstark zu ende, die durchgehend Spaß gemacht hat und wieder zeigt, dass es keine schönere Musik gibt als gepflegten Doom. Der heute Abend von drei starken Bands unterschiedlicher Ecken geboten wurde, die zeigen, was für klasse Bands wir aktuell auch in diesem Genre in Deutschland haben. Doom ist langweilig und nur für Depri-Menschen? Ha, ich hab lange nicht mehr in so viele fröhliche, glückliche Gesichter geschaut! Ungeachtet der klasse Musik von allen drei Bands hat die familiäre Atmosphäre auch dazu geführt, mal wieder genauer auf die Menschen auf der Bühne zu schauen, was viel zu oft zu kurz kommt, wenn man von Konzert zu Konzert rennt. Man schaut sich die drei Sänger*Innen an, die sich so unterschiedlich präsentieren, nicht nur stimmlich. Mit einem möchte man Grillen und Biertrinken, mit dem anderen bei einem trockenen Rotwein über dunkle Gedanken reden, mit Kat möchte man das witzige kleine Haus in Durham anschauen. Nächstes mal gibt’s definitiv mehr Zeit für die immer wieder unterbrochenen Schwätzchen! Dem Spiel der Bassisten zuzuhören, die jeweils ganz anders an die Songs ran gehen, sehr cool. Die Drummer von entspannt verspielt passend zum epischen Doom, eher rockig um die Songs auf den Punkt zu bringen, wenn die Gitarre zu sehr ausholt, oder das wilde Drumming zum Hammer-Sound, spannend. Selten, dass ich als Gitarrist so wenig auf die Gitarristen achte. Sorry Jungs, eure Kollegen haben mich zu gut unterhalten!

Ein sehr unterhaltsamer Doom-Abend mit drei starken Bands

Der anstehende nächtliche Drei-Stunden-Ritt nach hause erinnert daran, besser nicht noch zu sehr ins Plaudern zu verfallen. Das Autoradio bleibt aus, fiiiiiiep, war wohl zu laut direkt an der Bühne. Der Nacken schmerzt wie nach einem Schlag mit dem Kriegshammer. Und warum wird man nachts geblitzt? Nach einem Doom-Konzert? Unfair! Egal, ein toller Abend mit tollen Menschen und starker Musik. Kollege Daniel ging es sichtlich nicht anders, er hatte ebenfalls seinen Spaß. Mal schauen, wann uns ein Konzert oder Redaktionstreffen im Ländle wieder mal vereint.

Fotos: Daniel Böllsterling / Frank Hellweg, vampster.com

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