MANOWAR: Live in der Kongresshalle in Böblingen am 13.12.2002

MANOWAR kaufen jetzt große Hallen komplett aus und machen ihre Sache dabei saustark!

Die Zeiten haben sich geändert, die vier Winde haben sich ganz klar zugunsten der Kings of Metal gedreht. Das wurde recht schnell klar, als man am 13. Dezember die schon seit Wochen ausverkaufte Kongresshalle in Böblingen betrat – Karten wurden inzwischen bereits zum doppelten Verkaufspreis bei Ebay versteigert, und das trotz des ohnehin schon hohen Eintrittsgeldes.

Und natürlich war auch das Publikum bunter gemischt, als das in früheren Tagen der Fall war – wer etwas anderes erwartet hätte, dürfte sich auch sonst im Leben nicht unbedingt durch realistische Einschätzungen berühmt gemacht haben…

Überraschend dagegen aber die Reaktionen auf die Vorband des Abends. Mit ihrem Death/Thrash galt es nämlich nicht nur die neu hinzugekommenen MANOWAR-Fans zu überzeugen (oder vor den Kopf zu stoßen?), die bislang vielleicht keine tief greifenden Berührungspunkte mit Metal vorweisen können, sondern sicherlich auch einen Großteil des eingefleischten MANOWAR-Publikums.

Und so kamen sie also auf die Bühne: ein Schreihals mit südamerikanischem Touch in der Mitte, ein Gitarrist mit Glatze zur rechten und ein blonder Klampfer mit leichten Haarausfallproblemen zur linken. Keine Frage – das mussten SLAYER sein!

Okay, den Joke fand bislang noch keiner witzig – es waren also die DeMaio-Schützlinge BLUDGEON, die die ihnen gegebene Chance vermutlich gut nutzen konnten. Es war jedenfalls überraschend zu sehen, wie gut das Publikum im vorderen Hallenbereich mitging und das, obwohl die Band im Vergleich zu MANOWAR ein echtes musikalisches Kontrastprogramm bot. Und ganz ehrlich finde ich den Death/Thrash gar nicht so schlecht, wie er gerne mal gemacht wird. Wirklich wichtig ist die Musik dieser Band aber auch nicht, und wenn das Songmaterial auf Dauer einfach keine Abwechslung oder herausragende Höhepunkte bietet, hat eine Band live eigentlich nur eine Chane, und das ist eine gute Show zu liefern. Doch auch hier boten BLUDGEON eher solides, so dass die Situation für mich nach und nach merkwürdiger wurde. Denn letzten Endes stand da eine Band auf der Bühne, die in der Death-/Thrash-Szene so gut wie keine Rolle spielt, vor einem Publikum, von dem so manche gestandene Combo träumen würde. Ob das BLUDGEON wirklich weiter bringen wird, bleibt anzuzweifeln.

Nur wegen BLUDGEON ist an diesem Abend sicher keiner gekommen, vielmehr wartete alles gespannt auf MANOWAR, welche gleich große Enthüllungen vornahmen. Hui, was für eine Lichtanlage. Riesige, ufoartige Lichttürme erhellten zu den letzten Klängen des altbekannten Intros die Bühne und ließen einen erstmal staunen. Ob die Beleuchtungseffekte auf dieser Tour immer unbedingt zu MANOWAR gepasst haben, will man mal wieder dahingestellt lassen, lumpen ließen sich die Kings jedenfalls nicht.

Und dann sollte die Show starten – ganz traditionell mit Manowar, wie es sich gehört. Wobei die Band an diesem Abend dann aber doch auch mit so manch lieb gewonnener Tradition brach. So sollte weder Battle Hymns das Konzert beschließen, noch wurde ein paar Fans der vorderen Reihen zu Kings of Metal die Chance eingeräumt, den Backinggesang beizusteuern oder ein paar Takte auf der Gitarre mit der Band zu zocken. Und Joey hatte tatsächlich auch seine altbekannten Sprüche in neuen Variationen parat.

Es hat sich also einiges getan und doch wirkte alles vertraut.

Und das obwohl man streckenweise das Gefühl hat, als hätten sich MANOWAR inzwischen einen professionellen Choreographen zugelegt – sehr spontan erscheinen die vielen kleinen Showdetails jedenfalls nicht. Naja, Joeys war ja schon immer ein verkappter Perfektionist.

Das änderte aber absolut nichts daran, dass dieses Konzert so richtig Spaß machen sollte und eines der kurzweiligsten Liveerlebnisse des vergangenen Jahres war.

MANOWAR boten massig Abwechslung und dementsprechend verging auch die Zeit wie nix.

Abwechslung bei der Songauswahl: noch mal kurz nachgerechnet – jeppa, nur ein einziges MANOWAR-Album wurde komplett ausgespart – zu meinem Leidwesen Into Glory Ride. Dafür bot die Band aber eine hammergeile Version von Sign of the Hammer, bei der Eric auch zum ersten Mal seinen Evillizer einschaltete und die Menge mit dämonischen Vocals umblies – was für ein geniales Spielzeug, ich glaub ich will Sänger werden! Kein Wunder also, dass Eric im Laufe des Abends immer wieder darauf zurück griff, am beeindruckendsten in gesplitteter Form bei House of Death, einer der neuen Songs, der live deutlich härter und großartiger rüber kommt als auf Album.

Leider hatte die Abwechslung aber auch zur Folge, dass es nur selten gelingen sollte, so richtig tief in das Konzert einzutauchen, hatten es MANOWAR gerade geschafft einen so richtig mit einem Song wie Hail and Kill aufzuputschen, kam wieder eher was leichter verdauliches oder eine der etwas zu ausgiebig zelebrierten Soloparts – irgendwann ist halt doch genug. Die Unterhaltung stand also an erster Stelle und diesem Anspruch wurden die Kings of Metal auch ohne Probleme gerecht.

Richtig erfreulich ist trotz all der Einstudiertheit der MANOWAR-Shows, dass die Band sich noch immer die Freiheit nimmt, auch alte Songs in leichten Variationen zu bringen und die Sache dadurch lebendig zu halten – Hail and Kill ist da ein recht gutes Beispiel. Aber auch die Balladen klingen durchweg anders als auf Platte – live eben und das zudem noch in einem Balladenteil, bei dem es dann doch etwas sonderbar wurde….oder sagen wir vom Metal war plötzlich nicht mehr viel übrig und auf solche Kuschelorgien auf Kommando kann ich halt so gar nicht. Deshalb beschränk ich mich auf eine Aufzählung der Songs: Herz Aus Stahl, Swords In The Wind, Master Of The Wind, Courage.

Sonderbar und kann ich so gar nicht ist aber ein gutes Stichwort, denn bei dem kurz nach dem Balladenpart folgenden Joey-Beweihräucherungsteil (an dem Joey aber auch gerne Außenstehende teilhaben lässt – an diesem Abend Thorsten Zahn vom Hammer, der ein Geburtstagsständchen per Handy bekommen sollte) nahm die Sache schon Züge an, die einen wie im Komödienstadl vorkommen ließ: Joey führte mit seinem Lehrer (einem weiblichen Exemplar natürlich, dessen Titten man schon zuvor bei der Harley-Einlage bewundern durfte) einen von Papier abgelesenen Dialog auf deutsch, dessen platter Stammtischwitz so manche lokale Faschingsveranstaltung unterbot und eine unterschwellige Biederheit eines Großteils des Publikums allzu offen legte.

Naja, inzwischen lässt es sich Joey ja auch nicht nehmen, die Auserwählten aus dem Publikum einzeln an sich vorbeiziehen zu lassen und abzuknutschen. Okay, da musste auch ich schmunzeln…

Ja und allzu viel Musik gab es dann leider nicht mehr, Outlaw, The Power, House Of Death und schon waren wir bei Black Wind, Fire & Steel, dem Abschlussstück des Abends.

MANOWAR hinterließen jedenfalls ein zufriedenes Publikum, die Ansprüche fast jeden Fans wurden abgedeckt und auch wenn die Songauswahl durchaus besser hätte ausfallen können, hatte keiner das Gefühl um sein Geld betrogen worden zu sein. MANOWAR lieferten eine hervorragende und auch verdammt kraftvolle Show (Eric Adams weiß auch heute noch den Songs jeweils den richtigen Ausdruck zu verpassen und agiert sowohl technisch als auch als Entertainer professionellst) und die Fans waren dankbar.

Mal schauen, wie das wird, wenn MANOWAR mit der nächsten Scheibe die ganz großen Hallen in Deutschland ausverkaufen….

Achja…was sonst noch an Songs geboten wurde: Brothers of Metal, Spirit Horse of the Cherokee, Warriors of the World, Kill With Power, I Believe, Call to Arms, The Gods made Heavy Metal.

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