KETTCAR –

Früher zorniger Deutschpunk, jetzt Pop mit Gitarren und großen Gefühlen: Ex-… But Alive-Kopf Marcus Wiebusch mit seiner neuen Band Kettcar live zu Gast in Nürnberg!

KETTCAR

14. Dezember 2002 – Nürnberg, K4

Ohne Plattenvertrag bei Rock im Park, das komplette Material zum kostenlosen Runterladen auf der bandeigenen Internetseite – Kettcar wurden schon hoch gehandelt, bevor groß etwas passiert war. Mit „Du und wieviel von deinen Freunden“ liegt jetzt ein erstes Album vor, das rundum bemerkenswert geworden ist.

Für Bandkopf Marcus Wiebusch ist es in jederlei Hinsicht ein Neuanfang. Irgendwo knüpft der Hamburger mit seiner neuen Truppe zwar auch an die letzten Aufnahmen seiner alten Band … But Alive an, die anfangs mit zornigem Deutschpunk in bester Slime-Tradition, später deutlich unpolitischer, dafür zunehmend persönlicher und mit unvermindert scharfen hochemotionalen Texten bei Publikum wie Kritikern gleichermaßen punkten konnte, doch trotz gewachsenem Rebellentum war da plötzlich keine Lust mehr auf Pogo vor der Bühne. Also Pop mit Gitarren und großen Gefühlen. Man mag Kettcar vorwerfen, zu den großen Emotionsverstärkern der Republik aufzuschließen – so lange es Marcus Wiebusch gelingt, Momentaufnahmen wie den Blick auf den „Balkon gegenüber“ treffsicher in Worte zu packen, brennt hier nichts an.

Musikalisch geben sich Kettcar trotz Schmackes durchwegs eingängig, mit leichter Elektronik, dezentem Deutschrock-Einschlag und einer leiser Orgel. Steht ihnen gut! Als gereifte Mit-Dreißiger (und wahrscheinlich älteste Anwesende im Saal) sind die fünf Hamburger für die Schule ihrer Heimatstadt zwangsläufig zu alt – und befinden sich dennoch in Sichtweite von Blumfeld, Tocotronic und vielleicht auch den Sportfreunden Stiller. Zumindest die Zielgruppe könnte die gleiche sein. Wie auf dem hoch gelobten Debütalbum „Du und wieviel von deinen Freunden“ gelingen dem Fünfer live im knackvollen K4-Zentralcafé grandiose Melodien zu hellen gleichwohl niemals verkopften Inhalten. Texte, die das Leben schreibt: „Solang’ die dicke Frau noch singt, ist die Oper nicht zu Ende.“ Punk ist auch nicht mehr das, was er mal war. Kettcar haben das erkannt und handeln konsequent. Ganz groß!

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner