ANTHRAX/After All: Rockfabrik Ludwigsburg (23.03.03)

ANTHRAX sind 2003 nicht nur auf Platte frisch und lebendig, sondern haben mich auch live noch nie so überzeugt wie an diesem Abend.

Endlich mal wieder ein Konzert auf das ich mit seit Wochen so richtig freute: ANTHRAX waren nach fünf Jahren wieder in Deutschland unterwegs und auch wenn ich im Januar 1992 noch stinksauer auf die Band war, da sie einen Tag vor meiner Abschlussprüfung als Headliner nur 8 Songs spielten und ich deshalb fast 500 km gefahren bin, brach ich mein damaliges Versprechen „nie mehr ANTHRAX“ seitdem bereits zum drittenmal…

Zum erstenmal war ich in der Rockfabrik und es war sehr voll und nicht so eine Trauerkulisse wie bei der „Vol. 8“-Tour in München. Schön, daß die Band in den letzten 5 Jahren nicht total in Vergessenheit geraten ist. Weniger schön war, daß viele Zuschauer in den Gängen standen und einen schlechten Blick zur Bühne hatte. In Stuttgart gibt es doch soviele Hallen, deshalb ist es für mich unverständlich das ausgerechnet die Rockfabrik gewählt wurde.

Los ging es mit AFTER ALL, die ich aufgrund eines Staus auf der A6 und der dann zum Glück erfolgreichen Platzsuche leider nur zur Hälfte sah. Das was ich sah war durchaus ansprechend, die Band spielte melodiösen Thrashmetal, agierte tight und spielfreudig (soweit dies auf der kleinen Bühne mit zwei Drumkits möglich war) und konnte sicherlich einige Fans, auch unterstützt durch eine erbarmungslose Coverversion von „Metal Milita“, für sich gewinnen. Die Band erhielt nach jeden Song Applaus und je länger der Gig dauerte, desto mehr Leute sah man dann auch ihren Kopf schütteln. Mehr kann man als relativ unbekannte Vorband wohl nicht erwarten. Auch ich werde die Band in Auge behalten und ihr aktuelles Werk „Mercury Rising“ anchecken. Ein grundsolider Gig, auch wenn ich lieber wie von John Bush im Interview angekündigt SHADOWS FALL gesehen hätte.

Dicht gedrängt warteten dann die Zuschauer auf ihre Helden, welche auch nicht sehr lange auf sich warten liesen und mit „What Doesn`t Die“ und „Black Dahlia“ loslegten. Die Stimmung war bereits fantastisch, die ersten Crowdsurfer schwebten über die eigentliche Tanzfläche der Rockfabrik und die Band lies bereits erahnen, daß dies ein grosser, ja fast schon denkwürdiger Gig werden würde. „Got The Time“ und „Caught In A Mosh“ liesen dann die Herzen aller Fans in kultigen und mittlerweile hellgrauen Shirts aus den 80ern höher schlagen. Die Stimmung wurde noch besser, vor der Bühne war alles am Hüpfen, Klatschen und Bangen und auf der Bühne bearbeitete Charlie Benante sein Schlagzeug hart und präzise (sein grosser Auftritt sollte allerdings noch folgen), John Bush lief von einer Ecke zur anderen und ärgerte sich, daß er nicht auf die alles andere als stabil wirkenden Boxentürme klettern konnte. Scott Ian, dessen Bart mittlerweile fast seine Brustwarzen erreicht und der neue, mit Iroschnitt versehene Rob Caggiano, schmetterten ein Riff nach dem anderen aus den Ärmel. Frank Bello war sehr aktiv, hatte manchmal nicht wirklich Lust auf das Spielen seines Instrumentes, sondern hänselte lieber hinter Rob stehend über seine Frisur und sang wohl jede Zeile der Songs für sich mit. Der Sound war glasklar, die Lightshow effektiv und der Unterhaltungswert sehr hoch, da John Bush wirklich nach jeden Song mit dem Publikum kommunizierte, was zum einen für erholsame Verschnaufspausen sorgte und zum anderen hört man ihn einfach gerne zu, da er auch etwas zu sagen hat und sicht nicht nur auf einfache „seit ihr gut drauf“ oder „wir wollen eure Hände sehen“ Ansagen beschränkt. Die Band spielte 100 Minuten und ich möchte der Einfachheitshalber auf die Höhepunkte des Gigs eingehen: „Nobody Knows Anything“ war für mich der Highlight des Konzerts, da hier Charlie Benante sowieso schon Schwerstarbeit verrichten muss und im Anschluss an den genialen Song auch noch ein absolut überragendes Solo von sich gab. Selbst mein Mitfahrer, von Beruf Musikerpolizist meinte danach anerkennend, daß dies beeindruckend war. Die Refrains von „Only“ und „In My World“ wurden von hunderten Kehlen mitgegröhlt und sorgte für Gänsehautfeeling. Kultig war auch mal wieder anzusehen, wie Scott sich im Kreis bewegte und mit den Füssen stampfte. Ältere unter uns kennen dies noch unter dem Begriff „moshen“ 😉 Bei der Zugabe gab es dann zur Überraschung vieler „Metal Thrashing Mad“, eine Coverversion von „Fast As A Shark“ von ACCEPT, versehen mit einen Lobgesang auf den deutschen Heavy-Metal und natürlich die obligatorischen Rausschmeisser „Bring The Noise“ und „I Am The Man“, bei denen Frank Bello sich den Gesang größtenteils annahm und sehr sympathisch rüberkam. Alle Gigs die ich bisher gesehen habe, waren nach diesen Songs zu Ende, aber ANTHRAX liesen sich – und ich denke es war nicht geplant- noch zweimal auf die Bühne zurückschreien um „Gung Ho“ und „I Am The Law“ zu spielen. Ein Wort noch zur Setlist: Es gab vier Songs von der neuen CD, jeweils einer von den letzten beiden und zwei von der „Sound Of White Noise“. Die restlichen Songs waren alle aus der Belladonna-Ära, den wohl wirklich keiner mehr vermisst.

ANTHRAX sind 2003 nicht nur auf Platte frisch und lebendig, sondern haben mich auch live noch nie so überzeugt wie an diesem Abend.

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