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RANSOM: Spaziergang im Industriegebiet

Bassist und Sänger Timo Richard erzählt von den Aufnahmen, der inzwischen angelaufenen Tour, sowie natürlich vom Wetter am Wannseeufer.

Berlin, Frühling 2003. Die Punkrockband RANSOM verdrängt mit ihrem soeben erschienen Debüt erfolgreich die Erinnerungen an den vergangenen Winter. Bassist und Sänger Timo Richard erzählt von den Aufnahmen, der inzwischen angelaufenen Tour, sowie natürlich vom Wetter am Wannseeufer.

Stichwort Escape From Suburbia: Nun gibt es RANSOM bereits seit 1997. Warum habt ihr erst jetzt euer erstes Fulllength-Album veröffentlicht?

Dass es mit dem Album erst jetzt geklappt hat, hat viel mit den Besetzungswechseln zu tun. RANSOM gibt es zwar schon seit ´97, aber das aktuelle Line-up ist erst seit drei Jahren zusammen. In der Zeit hat sich auch die Musik noch mal in eine andere Richtung entwickelt, von Skatepunk zu dem, was wir jetzt machen. Hm, sind drei Jahre ok, oder ist das auch ne lange Zeit? Im Endeffekt sind wir schon ziemlich langsam, aber wir sind auch meist nicht so schnell zufrieden mit einem Song, dass wir ihn einfach aufnehmen und veröffentlichen. Wir haben dann immer wieder darüber gesprochen, jetzt mal eine Platte aufzunehmen, hatten aber immer das Gefühl, dass bei uns noch mehr drin ist und wir deshalb noch ein bisschen warten sollten und dann lieber mit einem Album rauskommen, wo wir alle Songs für absolut cool halten und nicht nur einige. Hoffentlich hat es sich gelohnt, wir sind zumindest mit dem, was wir da jetzt fabriziert haben, extrem zufrieden.

Stichwort Young Soul Rebels: Welches sind die jüngsten Stücke auf der CD? Fiel es euch schwer unter den Liedern, die sich in den letzten Jahren angesammelt haben, die Nummern fürs Album auszuwählen?

Die neuesten Lieder sind Guacomole, Young Soul Rebels und Micro Machines. Das waren auch die Songs, die wir unbedingt noch mit auf die Platte nehmen wollten. Erstens hat man zu neuen Liedern ja immer ne frischere Beziehung, das hat immer was von neu verknallt sein, und zweitens sind die auch am repräsentativsten für das, was wir im Moment gerne machen, einfach aufdrehen und laut sein… dementsprechend war die Songauswahl für die Platte auch gar nicht so schwer, weil wir ne ziemlich genaue Vorstellung hatten, wie die Mischung aus alt und neu sein sollte. Kurz bevor wir aufgenommen haben, hatten wir noch mal eine ziemlich kreative Phase und die Lieder, die dabei rausgekommen sind, haben dann auch olle Kamellen verdrängt.

Stichwort Yeah That`s Better: Werdet ihr Berlin den Rücken zukehren und irgendwo in den sonnigen Süden ziehen, sobald ihr die erste Million verdient habt?

Wir kaufen dann das spanische Wetter und bleiben in Berlin. Keine Ahnung was die anderen vorhaben, aber ich schaff mit dann zumindest diverse Zweitwohnsitze an, in denen man den Berliner Kackwinter vergessen kann… Portugal vielleicht, oder Australien, hach… aber ganz hier weg könnte ich nicht.

Stichwort Micro Machines: Was wirst du mit dem Rest deines Lebens anfangen? Wie sehen die Zukunftspläne von RANSOM aus?

Wir wollen ein alternatives Medienimperium schaffen und damit die Welt verbessern. Naja, es ist so, dass wir uns eben nicht nur für Musik interessieren, sondern auch für andere Künste, für Film und Design und haben ja auch noch andere Beschäftigungen. Zwei von uns studieren, Jan ist Mediendesigner und hat auch die Gestaltung der CD übernommen und Christoph steckt noch in seiner Ausbildung. Also steht da unsere Zukunft ziemlich in den Sternen. Am besten wäre natürlich, wenn wir uns mit der Musik so lange wie möglich über Wasser halten könnten, auch wenn dann wieder einige Sellout schreien werden. Aber es ist natürlich eine tolle Vorstellung mit dem, was einem Spaß macht, Geld verdienen zu können, statt mit irgendeinem Bürojob, der einen in den Wahnsinn treibt, bis man sich in der Midlife Crisis ne Harley kauft um alles aufzuholen, aber nur noch lächerlich wirkt.

Mit RANSOM gehen wir jetzt erstmal auf Tour (April) und spielen im Sommer einige Festivals und uns auch ansonsten den Arsch ab. Danach wäre dann wohl wieder eine Platte dran, oder?

RANSOM

Stichwort Boy Kicks Girl: Werden RANSOM immer noch Texte wie Boy Kicks Girl schreiben und singen, falls ihr jemals alle verheiratet seid?

Das ist ne gute Frage. Wahrscheinlich nicht, weil die Texte meist von dem handeln, was wir erleben. Vielleicht singen wir dann sowas wie ganz in weiß? Jetzt frag ich mich gerade, ob wir jemals so regulär verheiratet sein werden. Aber es bringt ja angeblich steuerliche Vorteile.

Stichwort Doubts: Ist es euch schon mal passiert, dass ein Stück, das live super rüberkam, im Studio einfach nicht kickt?

Im Studio einfach nicht kickt? Findest du das ist bei Doubts so? Bei den Aufnahmen jetzt haben wir im Studio versucht, so viel Live-Gefühl wie möglich zu simulieren. Wir haben zusammen eingespielt, in der ehemaligen Schaltzentrale des staatlichen DDR-Radios. Das Studio war ziemlich lustig, weil in den Gängen an der Wand noch Telefone hingen, von denen aus man die Vopos anrufen konnte. Der ganze Gebäudekomplex hatte ne besondere Atmosphäre. Das Radio war damals in der ersten Etage und die restlichen vier Etagen waren von der Stasi besetzt, um das Radio zu überwachen. Vielleicht hätten wir uns noch ein Publikum dazuholen sollen, das wäre noch mehr live gewesen. Aber dass irgendein Song gar nicht geklappt hätte, war nicht so. Das passiert uns eher andersrum, dass wir ein Lied machen, und dass das dann live partout nicht zündet.

Stichwort California: In welchem Land, wo ihr bislang noch nicht gespielt habt, würdest du gerne mal mit RANSOM auftreten?

RANSOMUnsere Auslandserfahrung beschränkt sich im Moment auf Tschechien und die Slowakei, da war es cool, weil die Leute unheimlich nett waren. Japan wäre bestimmt lustig. Ich mochte die Frisuren der japanischen Fußballnationalmannschaft bei der letzten WM.

Stichwort Guacamole: Was würdest bzw. kannst du kochen um einer Frau zu imponieren?

Also, die Käsespießchen, die der Jan an Sylvester gemacht hat, waren spitzenmäßig. Ich glaube Christoph würde ne super Schlachtplatte machen, weil er wurstabhängig ist. Ich kann am besten asiatisch, weil man da nur alles klein hacken muss und braten. Aber damit kann man bestimmt nicht so wirklich Mädchen beeindrucken. Vielleicht kennt Kühne sich mit erotischen Menus aus?

Stichwort I Know You Don`t Like Songs About You: Wie wichtig sind die Texte bei RANSOM? Habt ihr auch mal mit dem Gedanken gespielt deutsch zu singen?

Ich finde Texte sehr wichtig. Das Tolle an Musik ist ja, dass man mehrere Möglichkeiten hat sich auszudrücken. Texte in deutsch zu schreiben wäre bestimmt einfacher, aber irgendwie würden sie wohl nicht zur Musik passen. Ich denk bei Punk und deutscher Sprache leider viel zu schnell an die TOTEN HOSEN, deshalb hab ich da persönlich echte Berührungsängste.

Stichwort This Time The Joke`s On Me: Was war dein bislang peinlichste Erlebnis auf der Tour?

Uns ist nichts peinlich, wir sind peinlich.

Stichwort The Birthday Song: In wie weit basiert dieser Song auf realen Begebenheiten?

TimoLeider basiert das alles auf wahren Begebenheiten. Ähm, peinlich ist das schon, aber das ist mir gleich mehrmals passiert, dass ich schrecklich einen in der Krone hatte und dann ein Mädchen geküsst habe und dann kotzen musste. Gott sei dank nicht auf sie drauf… aber über sowas lässt sich natürlich gut ein Lied schreiben. Ich bin sogar mit dem Mädchen noch zusammen.

Stichwort Picture of Myself: Wer hatte die Ideen für die coole Inlaygestaltung von Escape From Suburbia? Gehören die ganzen darin abgebildeten Gegenstände euch?

Das Artwork hat Jan gemacht. Wir haben gemeinsam Ideen gesammelt und dann hat sich Jan hingesetzt und am Ende kam das hübsche Booklet raus. Jemanden in der Band zu haben, der das kann, ist sehr hilfreich, weil man so mehr ausprobieren kann. Die Sachen im Booklet sind wirklich alle von uns, weil wir was Persönliches machen wollten, immerhin ist es unsere erste CD. Die stehen sonst auf unseren Kaminsimsen. Der Aschenbecher mit den Vögeln hat mal meiner Oma gehört und die BEACH BOYS-Platte war die erste, die ich mir in Berlin gekauft habe, als ich hier hin gezogen bin. Die hab ich den ganzen Tag gehört.

Stichwort After The Crash: Tragt ihr beim Musikmachen Ohrstöpsel?

Wie bitte? Ich hab so´n Fiepen im Ohr, ich versteh nicht? Auf keinen Fall Ohrstöpsel! Das soll ja gesund sein, aber ich hab noch keinen von uns jemals mit welchen gesehen.

RANSOM

Stichwort Tour: Was sind abgesehen von euren Instrumenten die wichtigsten Reiseutensilien, wenn ihr unterwegs seid?

Eigentlich sind die wichtigsten Reiseutensilien wir selbst, weil wir meistens sowieso den ganzen Tag zusammen rumsitzen und Scheiße erzählen. Und viel Musik zum Mitgrölen im Bus, weil wir keinen Hightech-Videoanlagen-Homekino-Tourbus haben. Beim nächsten Mal sollten wir vielleicht ´n Kartenspiel mitnehmen. Als Musiker muss man so viel warten (Soundcheck, Konzert, Busfahrt), dass man eine Menge Strategien hat, Zeit zu überbrücken. Bier trinken, rauchen, lesen, spazieren gehen im Industriegebiet. Kühne hat immer Fantasybücher dabei…

Stichwort Ende: Die letzten Worte gehören euch…

Es gibt nichts gutes, außer man tut es (Erich Kästner); the world could be a better place (Al Green).

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