TAD MOROSE: Modus Vivendi

Es gibt wohl nicht viele Bands, die es schaffen, Härte und Melodie so gekonnt miteinander zu verbinden und dabei so klischeefrei zu agieren wie TAD MOROSE auf "Modus Vivendi".

Seit TAD MOROSE bei Century Media untergekommen sind, veröffentlichen sie in schöner Regelmäßigkeit Alben, die mit dem Stil, den sie auf den Frühwerken Leaving The Past Behind und Sender Of Thoughts praktizierten, und mit dem sie sich gekonnt von der Masse abhoben, nicht auch nur im Entferntesten etwas zu tun haben. Wer also noch immer mit der Hoffnung gelebt hat, die Bollnäs-Barden würden eines Tages doch nochmal zum vom Keyboard dominierten orchestralen, leicht progressiven Power Metal zurückkehren, der wird auch diesmal wieder enttäuscht werden. Wie bereits auf Undead und Matters Of The Dark präsentieren uns TAD MOROSE auch auf Modus Vivendi US-amerikanisch geprägten Power Metal der härteren Gangart, aber immer mit dem Gespür für herausragende Melodien. Beim ersten Hören erscheinen die Unterschiede zum Vorgänger minimal, so dass man den Eindruck bekommt, die Band würde auf der Stelle treten. Beschäftigt man sich aber näher mit dem Album, so wird schnell klar, dass man sich zwar in der Tat stilistisch kaum verändert hat, eben diesen Stil aber verfeinert und perfektioniert hat. Noch immer sind die Songstrukturen und viele der Gitarrenriffs recht simpel gehalten. Im Gesangsbereich jedoch hat sich einiges getan. Dass Urban Breed, der auf Modus Vivendi noch aggressiver, aber auch insgesamt variabler singt als auf den vorherigen Werken, ein Weltklasse-Sänger mit einer Wahnsinnsstimme ist, hat er zwar schon in der Vergangenheit gezeigt. Modus Vivendi hat der Gute jedoch mit äußerst genialen, sehr ausgefeilten und mit viel Liebe fürs Detail arrangierten mehrstimmigen und oft auch konträr laufenden Gesangslinien sowie Chorgesängen veredelt (bei letzteren unterstützt von WOLVERINE-Frontmann Stefan Zell). Dadurch ist das Songmaterial zwar nicht so leicht zugänglich wie es noch auf Matters Of The Dark der Fall war, doch die Langzeitwirkung ist umso stärker, und je öfter man sich die Scheibe zu Gemüte führt, desto mehr Gefallen wird man an den ausgeklügelten Gesangsarrangements finden. Bestes Beispiel dafür sind der Midtempo-Stampfer Afraid To Die sowie die epische Power Doom-Hymne Life In A Lonely Grave, die deutlich macht, dass Urban Breed mit seiner sehr eigenständigen, variablen Stimme in unterschiedlichen musikalischen Kontexten bestehen, ja zu begeistern weiß, folgt sie doch gleich auf das harte, mit modernem Riffing versehen und etwas and die Kollegen von LEFAY erinnernde Unwelcome Guest, bei dessen eingängigem Refrain sich Breed mit den Worten Die, die, now die! die Seele aus dem Leib brüllt. Aggressiver kann man wohl kaum im eigentlichen Sinne singen.

Breeds Hintermannschaft zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass sich sämtliche Musiker in den Dienst des Songs stellen. Das heißt, es gibt keine großen Solo-Eskapaden, nur da, wo es den Songs dienlich ist, sind diese mit kurzen, prägnanten Soli gespickt, mit denen Christer Andersson und Daniel Olsson sehr deutlich machen, sie könnten, wenn sie wollten (siehe etwa das kurze, aber beeindruckende Leadgitarren-Intermezzo beim schnellen Clearly Insane. Genauso ist hier aber das Drumming von Peter Morén zu erwähnen, welcher durch seine typische Art das China-Becken einzusetzen, seit Jahren den Bandsound entscheidend mitgeprägt hat und mitverantwortlich für den leicht doomigen Touch ist, den die Musik der fünf Schweden schon immer hatte.

Insgesamt ist das Songmaterial qualitativ homogener als auf Matters Of The Dark, welches neben einigen Highlights auch ein paar echte Durchhänger hatte. Zwar gibt es auch auf Modus Vivendi qualitative Schwankungen, doch ist das Niveau der Songs insgesamt doch deutlich ausgeglichener. Am stärksten sind TAD MOROSE dabei immer, wenn sie das Tempo ein wenig drosseln. Das überraschend harte, mit beinahe schon thrashigen Parts versehene Mother Shipton´s Words etwa, welches sich mit den Prophezeiungen von Ursula Southiel beschäftigt, sowie das bereits erwähnte Clearly Insane sind zwar gut, können aber nicht ganz mit dem restlichen Songmaterial mithalten. Da wäre der Opener Anubis zu nennen, eine treibende Power Metal-Hymne mit ägyptischem Flair, deren Hauptriff einem nicht mehr so einfach aus dem Kopf geht, und das mit seinem doomigen Mittelteil jeden CANDLEMASS-Jünger glücklich machen dürfte. Auch der musikalisch eng mit Anubis verknüpfte, weil ebenfalls aufgrund der Benutzung der Harmonisch-Moll-Skala ein ägyptisches Feeling versprühende Schlusstrack When The Spirit Rules The World, der dadurch teilweise recht RAINBOW-mäßig rüberkommt, verbindet perfekt eine gesunde Portion Härte mit einem äußerst eingängigen Chorus zu einem absolut uneuropäischen Klangbild.

Der Sound auf Modus Vivendi ist weniger steril als auf Matters Of The Dark, und kommt um einiges rauher und druckvoller rüber, was mit der kompositorischen und gesanglich aggressiveren Ausrichtung perfekt harmoniert. Es gibt wohl nicht viele Bands, die es schaffen, Härte und Melodie so gekonnt miteinander zu verbinden und dabei so klischeefrei zu agieren wie TAD MOROSE. Alle Leute, die genug vom Einheitsbrei des europäischen Melodic Metal haben, sollten sich umgehend Modus Vivendi zulegen. Es mag zwar zunächst recht unspektakulär klingen, entfaltet jedoch nach und nach seine wahren Stärken.

VÖ: 17.11.2003

Spielzeit: 46:58 Min.

Line-Up:
Urban Breed – Vocals

Christer Andersson – Guitars

Daniel Olsson – Guitars

Anders Modd – Bass

Peter Morén – Drums
Label: Century Media

Homepage: http://www.tadmorose.com

Tracklist:
1. Anubis

2. No Mercy

3. Afraid To Die

4. Clearly Insane

5. Cyberdome

6. Take On The World

7. Mother Shipton´s Words

8. Unwelcome Guest

9. Life In A Lonely Grave

10. When The Spirit Rules The World

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