MOTHER OF GOD: Anthropos

Die Ideen sind da, die Songs machen Spaß, aber wirklich herausragend ist der Mix aus Retro-Rock und Grunge noch nicht. Wenn die Schweden da noch einen drauf packen, mag das aber bald ganz anders aussehen.

Aus der Ecke von Smedjebacken stammen die Schweden MOTHER OF GOD, und schaut man sich das Cover und die fröhlich grinsenden Kerle an, ist die Schublade schnell auf: Hippies! Klar, Retro-Rock macht heute jeder in Schweden, Schublade zu, erledigt. Um hier wirklich herauszuragen, muss man schon einiges bieten, vorzugsweise etwas eigenes oder besonderes. In der Theorie klappt das, in der Praxis reicht dieser erste Longplayer eher noch nicht, um im mittlerweile unüberschaubaren Pool der Retro-Bands vorne mitreden zu können.

Der Opener rockt dann gleich mal recht locker-staubig aus den Boxen, typisch schwedischer Stoner-Rock mit einem Hauch 70er. Bald dreht man die Uhr ordentlich zurück, beim dritten Song The Forrest sind THE DOORS allgegenwärtig inklusive Steigerung in spinnige Klänge, live wird der Song garantiert ordentlich ausgedehnt. Also doch Hippies? Die würden kaum einen lauten, psychedelischen, doomig-zäh drückenden lauten Song wie Aim for the Sun auspacken. Aber sicher so ein verträumtes und vernebeltes Kuschellied wie Adrift, bei To Live werden Retro-Rocker entzückt das Tanzbein schwingen, hier kommen auch mal LED ZEPPELIN etwas durch. Auch danach ist Platz für den typisch schwedischen Retro-Stempel, und völlig unerwartet überrollt einen ein bedrückender Grunge-Rocker, der sofort an ALICE IN CHAINS denken lässt. Kommt gut, passt aber absolut nicht, das mit dem Schubladendenken kann man wohl vergessen. Auch beim folgenden doomig angehauchten Psychotrip drückt der harte Grunge mehr als deutlich durch. Die beiden Schlusstracks sind dann irgendwie best of both worlds, mischen Retro/Stoner-Rock mit verregnetem 90er-Depri-Sound. Somit kommt alles recht abwechslungsreich, platt auf dem Retro-Trend rumzureiten kann man MOTHER OF GOD definitiv nicht vorwerfen. Die ersten Songs treffen am ehesten den immer noch aktuellen Retro-Zeitgeist, die letzten Songs zeigen, dass der Mix mit Grunge-Klängen funktionieren kann. Um sich damit lautstark nach vorne zu schieben, fehlen aber Songs mit einem Wow-Effekt, es bleibt zu wenig hängen. Zumal auch der Sound nicht wirklich begeistern kann, der zu altbacken klingt, um die moderneren Elemente kraftvoll in Szene zu setzen. Zwei Songs kommen in schwedischer Sprache, der sonderbare Dalmål-Dialekt ihrer Heimatecke kommt aber nicht wirklich durch, schade eigentlich. Die Vocals sind genretypisch, aber gern auch mal etwas unsauber, live on Stage mag das auch mal wehtun. Auch die Kollegen machen einen sauberen Job, ohne aber echte Glanzpunkte zu setzen. Dass sie selbst Spaß haben am eigenen Sound, das nimmt man ihnen aber durchgehend ab.

Bisher haben MOTHER OF GOD zwei EPs herausgebracht, aber auch die Songs auf Anthropos scheinen von drei verschiedenen Aufnahmesessions zu stammen. So fallen die Grunge-Songs klanglich etwas ab, die letzten beiden Tracks klingen wieder deutlich besser. Zu Beginn des Albums finden sich eher wohl live eingespielte Sessions, die nicht immer ein schlüssiges Ende haben, wie z.B. beim schwedisch vorgetragenen schmissigen Rocker Graenslandet. Live, wo die Schweden sicher am besten sind, dürften gerade diese Songs in freakige Jams ausufern. Hier auf Anthropos kommt noch nicht ganz durch, was in MOTHER OF GOD anscheinend schlummert, die Ideen sind da, die Songs machen Spaß, aber wirklich herausragend ist das noch nicht. Wenn die Schweden da noch einen drauf packen, mag das aber bald ganz anders aussehen. Das Interesse, was aus der Band wird, haben sie mit Anthropos jedenfalls erfolgreich geweckt.

Veröffentlichungstermin: 01.02.2013

Spielzeit: 47:58 Min.

Line-Up:
Daniel Nygren – Vocals, Guitars
Johan Kvastegård – Guitars
Carl Lindblad – Bass
Jimmy Hurtig – Drums

Gäste:
Pierre Swärd – Organ (6, 7)

Produziert von Erik Nerback und Mother Of God
Label: Smallstone Records

Homepage: http://www.motherofgod.se

Mehr im Netz: https://www.facebook.com/MOGmusic

Tracklist:
1. 230
2. Graenslandet
3. The Forest
4. Aim for the Sun
5. Adrift
6. To Live
7. Hoenan
8. Windows
9. Something from Below
10. R. McCord
11. Lucy

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