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BURY TOMORROW: Cannibal

Im Rahmen der Veröffentlichung von „Black Flame“ (2018) wurden BURY TOMORROW – durchaus berechtigt – nicht müde zu betonen, dass man mit der Platte nicht nur das bislang beste Werk, sondern auch so etwas wie einen bandeigenen Meilenstein geschaffen habe. Doch wie toppt eine Band ein so wichtiges Album, das auf einer speziellen Tour sogar in voller Länge gespielt wurde? Die kurze Antwort: gar nicht.

„Black Flame“ (2018) war ein Ausnahmewerk, dem „Cannibal“ schon allein deshalb nicht das Wasser reichen kann, weil es sich zu sehr auf das Bewährte verlässt und zu selten neue Wege erkundet. Haben wir uns damit arrangiert, können wir die Platte jedoch für das akzeptieren, was sie ist: ein durchweg guter und kompetent geschriebener Nachfolger eines modernen Genreklassikers.

BURY TOMORROW verschwenden keine Zeit

Obwohl „Cannibal“ im Vergleich zum Vorgänger eher einem Nachbeben gleicht, werfen uns BURY TOMORROW direkt ins Epizentrum: „Choke“ verschwendet wie zuletzt „No Less Violent“ keine Sekunde – wir sind umgehend mitten drin im Geschehen. Mit typischer Metalcore-Rhythmik und catchy Gitarren ist der Opener ein echter Banger, der uns im Refrain mit dem gewohnt markanten Klargesang von Gitarrist Jason Cameron kurz die Seele streichelt, bevor Kollege Dani Winter-Bates wieder blaue Flecken verteilt.

Das Gesangsduo harmoniert prächtig wie eh und je, wobei uns vor allem die Variabilität beeindruckt, mit welcher Winter-Bates seine introspektiven Texte in die Welt schreit. Sogar die Artikulation scheint ein wenig deutlicher als früher – ein klassischer Metalcore-Reißer wie „Cannibal“ wird da zum sicheren Ohrwurm.

Insgesamt hält es “Cannibal” eher konservativ

Hier und da versuchen BURY TOMORROW von üblichen Schemata abzuweichen, wenngleich es „Cannibal“ im Gesamten doch lieber konservativ hält. Die Experimente wie im bedrückenden „Quake“, wo Jason Cameron den gesanglichen Lead-Part übernimmt, funktionieren dafür ausgezeichnet. Sogar das anfangs blasse „The Grey (VIXI)“ wächst mit jedem Durchlauf, weil sich die Engländer auch strukturell etwas trauen.

„Imposter“ lässt vor einem treibenden Schlagzeug vor allem die Gitarren glänzen, die den rockigen Refrain mit schönen Leads verzieren, während „Better Below“ zwischendurch mit Melodic Hardcore-Zitaten spielt, um mit Schwung dann doch ins gehobene Midtempo zu wechseln. Dass sich BURY TOMORROW dort besonders wohl fühlen, ist kein Geheimnis, da gerade das leicht Hymnenhafte, dem in „The Agonist“ eine Prise Melancholie hinzuaddiert wird, die Stärken von Camerons tiefer und rauer Singstimme besonders zur Geltung bringt.

BURY TOMORROW stehen im Schatten ihres eigenen Monuments

Ein wenig ermüdend wirkt dieses Schema auf uns jedoch schon, als „Gods & Machines“ ein weiteres Mal dieselben Stilmittel nur unwesentlich anders zusammengesetzt wiedergibt. Gerade deshalb ist es auch enttäuschend, dass sich das sonst gelungene „Voice & Truth“ nach dem heftigen Hardcore-Auftakt plötzlich in das gleiche Fahrwasser begibt. Erst im furiosen Schlusstrack „Dark Infinite“ steigen BURY TOMORROW zeitweise aufs Gas und grüßen im Vorbeifahren freundlich Richtung Göteborg.

Exakt diese Explosivität lässt „Cannibal“ bei aller Klasse viel zu oft vermissen. Von vorne bis hinten stark, selten herausragend stehen BURY TOMORROW 2020 im Schatten des Monuments, das sie sich selbst vor zwei Jahren errichtet haben.

Veröffentlichungstermin: 3.07.2020

Spielzeit: 42:06

Line-Up

Dani Winter-Bates – Vocals
Jason Cameron – Gitarre, Gesang
Kristan Dawson – Gitarre, Backing Vocals
Davyd Winter-Bates – Bass
Adam Jackson – Drums

Produziert von Dan Weller, Adam ‚Nolly‘ Getgood (Mix) und Ermin Hadimovic (Mastering)

Label: Sony Music

Homepage: https://www.bury-tomorrow.com/
Facebook: https://www.facebook.com/BuryTomorrow/

BURY TOMORROW “Cannibal” Tracklist

01. Choke (Audio bei YouTube)
02. Cannibal (Video bei YouTube)
03. The Grey (VIXI) (Video bei YouTube)
04. Imposter
05. Better Below (Video bei YouTube)
06. The Agonist
07. Quake
08. Gods & Machines (Audio bei YouTube)
09. Voice & Truth
10. Cold Sleep
11. Dark Infinite

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