blank

BEARTOOTH: The Surface

Mit “The Surface” nehmen BEARTOOTH die großen Arenen ins Visier. Dass sich das Gleichgewicht dadurch weiter in Richtung Massentauglichkeit verschiebt, ist nur die logische Konsequenz.

Caleb Shomo ist nicht mehr derselbe. Wie weit der Multiinstrumentalist seit der Debüt-EP „Sick“ (2013) gekommen ist, offenbart ein Blick auf die Diskografie BEARTOOTHs, die den Wandel vom depressiven, von Selbstzweifeln zerfressenen Nachwuchsmusiker zum selbstbewussten Rockstar deutlicher nicht abbilden könnte. Dabei schien der mentale Tiefpunkt noch gar nicht so weit zurückzuliegen: Das in düstere Schwarz- und Violett-Töne getauchte „Below“ (2021) trug den Absturz sogar im Titel, bevor die ungewohnt optimistische Single „Riptide“ im Sommer darauf die Kehrtwende einläutete.

„The Surface“ ist das konsequente Resultat der eigenen Arbeit an sich selbst: Shomo zog sich aus der Tiefe zurück an die Oberfläche, wo sich das bedrückenden violett in ein versöhnliches rosa verwandelt. Dieser Umbruch spiegelt sich selbstverständlich auch in den elf darauf enthaltenen Stücken wider: BEARTOOTH streifen die Hardcore-(Punk)-Einflüsse zusehends ab, setzen stattdessen auf eingängigen und zuversichtlichen Rock, dessen Vergangenheit vorwiegend in ein paar rohen Riffs und Breakdowns durchschimmert.

BEARTOOTH verschieben das Gleichgewicht in Richtung Massentauglichkeit

Der Fokus auf catchy Singalongs ist keine neue Entwicklung, gerade die harsche Seite tritt auf „The Surface“ aber endgültig in die zweite Reihe und wird lediglich durch ein paar über das Album verteilte Screams und die trocken röhrende Produktion am Leben gehalten. Dieser Spagat gelingt im Titeltrack noch ganz hervorragend, wo das Gleichgewicht aus Massentauglichkeit und Metal-Kante ein ideales Mittel findet.

Zwischen aggressiven Spitzen in „Doubt Me“ oder dem im Album-Mix angenehm räudig gehaltenen Ohrwurm „Riptide“ kommen BEARTOOTH allerdings immer wieder ins Straucheln, wenn der Balanceakt deutliche Schlagseite in Richtung Radio-Rock erhält. Die Kollaboration „The Better Me“ mit dem amerikanischen Country-Sänger HARDY bleibt etwa erschreckend zahnlos, während „Might Love Myself“ die herzerwärmende Botschaft abseits des markigen Breakdowns in etwas zu viel Watte packt.

Mit “The Surface” nehmen BEARTOOTH die großen Arenen ins Visier

Dass es BEARTOOTH teilweise mit der Post-Produktion auf dem Gesang etwas zu gut meinen, ist kein unwesentlicher Faktor, weshalb „The Surface“ letztlich ein ganzes Stück gestriegelter in Erscheinung tritt als seine Vorgänger. Obwohl sich durch diesen softeren Ansatz auch neue Möglichkeiten offenbaren – die Akustikgitarre in „Sunshine!“ ist ein herrlich frischer Touch -, kommen derlei Impulse in der zweiten Albumhälfte zusehends abhanden.

Stattdessen kochen BEARTOOTH immer wieder das gleiche Süppchen in ähnlicher Weise neu auf, verstricken sich in vorhersehbaren Mustern, leidlich spannenden Refrains („What’s Killing You“, „My New Reality“) und arg kitschigen Lebensweisheiten („I Was Alive“). Zwar hält die Band auch hier immer noch ein gewisses Grundniveau, den einst so charakteristischen Biss büßt das Material aber ebenso ein wie den Drive des ungezügelten Frühwerks. Es ist schlussendlich eine Entwicklung, die abzusehen war und BEARTOOTH weiter in Richtung großer Arenen führt.

Das Endresultat mag aus diesen Gründen nicht mehr so packend sein wie früher, zaubert uns aber nichtsdestotrotz ein Lächeln aufs Gesicht. Denn Caleb Shomo ist nicht mehr derselbe wie früher: „I’m exactly who I wanna be!“, lässt er uns in „Might Love Myself“ voller Inbrunst auch höchstpersönlich wissen – und das ist nun wirklich eine vorbehaltlos wunderbare Sache.

Veröffentlichungstermin: 13.10.2023

Spielzeit: 37:30

Line-Up

Caleb Shomo (Gesang)
Zach Huston (Gitarre)
Will Deely (Gitarre)
Oshie Bichar (Bass)
Connor Denis (Schlagzeug)

Label: Red Bull Records

Homepage: https://beartoothband.com/
Facebook: https://www.facebook.com/BEARTOOTHband

BEARTOOTH “The Surface” Tracklist

  1. The Surface
  2. Riptide
  3. Doubt Me” (Video bei YouTube)
  4. The Better Me” (Feat. Hardy) (Video bei YouTube)
  5. Might Love Myself
  6. Sunshine!
  7. What’s Killing You
  8. Look The Other Way
  9. What Are You Waiting For
  10. My New Reality
  11. I Was Alive
WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner