MANTAR: Konzertbericht – Im Wizemann, Stuttgart – 30. September 2022

“Die Bands und Veranstalter können sich keine Experimente mehr leisten. Es ist zappenduster” – mit offenen und ehrlichen Worten hatten sich MANTAR in Vorfeld der Tour an die Öffentlichkeit gewandt. Auch MANTAR verkaufen einfach zu wenige Karten im Vorverkauf, um sicher planen und eine Tour auf eine solide finanzielle Basis stellen zu können. Die Konzerte in München, Wiesbaden, Nürnberg, Rostock und Leipzig mussten MANTAR absagen, drei wurden verschoben  – in Stuttgart hingegen wurde der Auftritt in die größere Halle der Eventlocation „Im Wizemann“ verlegt, die dann auch ganz gut gefüllt war. Eigentlich sollten neben VALBORG auch NIGHTMARER als Support spielen, die Band musste allerdings aus finanziellen Gründen alle Auftritte der Tour sowie Festivals wie das Berlin Deathfest absagen.

VALBORG stießen auf höfliches Interesse

VALBORG: Guter Sound, mäßige Stimmung

Den Abend eröffneten also VALBORG, die mit ihrer sperrigen Mischung aus Doom und Black Metal mit deutschen Texten auf höfliches Interesse stießen. Während ihres gut halbstündigen Sets konnten sie mit druckvollem, absolut sauberen Sound ein paar BesucherInnen dazu bewegen, die Faust in Richtung Hallendecke zu strecken, insgesamt bleib es am Ende aber bei freundlichem Theaterapplaus. Die etwas verhaltenen Reaktionen mögen vielleicht im Auftreten VALBORGs begründet sein, die sich extrem distanziert gaben, auf Ansagen fast völlig verzichteten und eigentlich dann am sympathischsten waren, wenn ihnen mal statt des bemühten Evil Duckface ein Lächeln übers Gesicht huschte. Der Großteil im Publikum konnte es aber offenbar kaum erwarten, dass endlich MANTAR auf die Bühne kommen.

Jubel ab der ersten Sekunde – alle warteten nur auf MANTAR

MANTAR live in Stuttgart 2022

MANTAR wurden auch direkt mit Applaus, Jubel und ersten Sprechchören begrüßt – so viel Begeisterung gleich zu Beginn eines Sets ist doch recht ungewöhnlich für das Stuttgarter Publikum. MANTAR hätten also leichtes Spiel mit einer gefälligen Setlist gehabt, doch Hanno Klaenhardt und Erinç Sakarya hielten sich natürlich nicht an Spielregeln und überraschten mit ihrer Songauswahl: Statt sich auf das aktuelle Album „Pain Is Forever And This ist The End“ zu konzentrieren, spielte das Sludge-Duo verdammt viel „alten Scheiß“, wie Hanno es nannte. Und unterm Strich ist egal, aus welcher Zeit die Songs stammen, MANTAR gehören seit Jahren zu den spannendsten, eigenständigsten und beeindruckendsten Bands, die es hierzulande gibt – das gilt für ihre Alben wie auch für ihre Liveshows.

Auf eingängigere Stücke wie „Seek + Forget“ oder „Odysseus“ verzichteten MANTAR und trotzdem zogen sie das Publikum sofort in ihren Bann: Schon zum Einstiegstrack „The Berserkers Path“ vom 2014er Debüt „Death By Burning“ formierte sich ein Mini-Moshpit – der im Laufe des Abends immer mal wieder aufleben sollte. Die Tracks „Pain Is Forever And This ist The End”, “Egoisto” und “Grim Reaper” kamen extrem gut an, und „Hang ‘Em Low (So the Rats Can Get ‘Em)” ist live genauso eindrucksvoll wie man es sich gewünscht und erhofft hatte. Doch der Schwerpunkt lag eher auf dem Frühwerk, von “Death By Burning” und “Ode To The Flame” standen unter anderem “Astral Kannibal”, “Cross The Cross”, “Spit”, “Abyss”, und “Oz” auf der Setlist.

MANTAR – Nebel, Nebel und noch mehr Nebel…..

Nebel, Nebel und noch mehr Nebel

Ihre Kerzenleuchter hatten MANTAR diesmal nicht dabei, dafür hatten sie offenbar die Nebelmaschine für sich entdeckt – viel war von dem Duo an diesem Abend nicht zu sehen, oft war nur die Silhouette der beiden Musiker wie ein Scherenschnitt vor blutrotem oder kaltviolettem Licht mit Stroboskop-Effekt zu sehen. Eigentlich fast ein bisschen schade, denn es ist absolut spannend zuzusehen, wie die beiden auf der Bühne miteinander kommunizieren: MANTAR bauen ihre Bühne anders auf, eher im Jazz-Style: Das Schlagzeug von Erinç Sakarya steht quer auf der rechten Hälfte, mit dem Erinç durch sein intensives Spiel ordentlich Druck macht, die linke Seite gehört Hanno Klaenhardt, seinem Effektboard, dem immensen Verstärker- und Boxenturm. Und die beiden blicken sich statt das Publikum an. Viel gesehen haben dürften sie durch die Nebelschleier diesmal allerdings nicht. Brauchen sie offenbar auch nicht, denn es saß jeder Ton, jedes Break, jeder Beat und jedes Riff. MANTAR sind nur zu zweit, machen aber ordentlich Alarm  – und vollbringen nebenbei auch noch das Kunststück, einerseits ein kompaktes, stimmiges Set abzuliefern, in dem ihre gut zehnjährige Karriere einfach ineinanderfließt, und andererseits einfach supersympathisch und offen rüberzukommen.

MANTAR bitten zum Tanz

MANTAR-Sänger/Gitarrist Hanno Klaenhardt mit seiner goldenen Ananas

MANTAR-Sänger/Gitarrist Hanno Klaenhardt sah sich die Reihen vor der Bühne wohlwollend an und verwies mehrfach darauf, dass „getanzt werden dürfe“. Schließlich seit Freitag und man solle sich bitte auch gemäß eines Freitags benehmen – am Tag zuvor in Essen seien die meisten Leute im Publikum nämlich noch ein bisschen verhalten gewesen. Fast fühlte man sich in eine komplett andere Zeit versetzt – 2019 spielten MANTAR im Ludwigsburger Scala, an einem Samstag, und auch damals wurde Hanno nicht müde, auf das korrekte Verhalten am Wochenende hinzuweisen.  Im Wizemann ließ man sich dann auch nicht lange bitten und tanzte, pogte und bangte. So ging im freundlichen Geschubse vor der Bühne auch das ein oder andere Bier verschütt (und das bei den geizigen Schwaben!). Auf der Bühne gab’s Getränke aus sehr aparten Ananas-Trinkbechern. Der schon etwas ältere Gag, dass Erinçs Eltern mittels finanzieller Zuwendung für mehr BesucherInnen sorgten, fehlten ebenso wenig wie eine gehörige Portion Selbstironie und die ehrliche Freude der Musiker über einen absolut gelungenen Konzertabend.

“Stuttgart, ich fands geil, ich hatte Spaß” – mit diesen Worten beendete Hanno der regulären Part, die Zugaben “Era Borealis” und “White Nights” gab’s direkt im Anschluss ohne, dass sich die Musiker lange hätten bitten lassen. Und auch wir fanden’s geil und hatten Spaß, Danke Hanno und Erinç, dass ihr da wart!

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