Mit At The Dawn Of War haben die Niederländer von SLECHTVALK ein ansprechendes Viking Metal-Album abgeliefert, das in gelungener Manier ein Wechselspiel zwischen Melodie und Härte zelebriert. Wir wollten Näheres über die Band und deren Musik in Erfahrung bringen, und Bandgründer Shamgar zeigte sich auskunftsbereit.
Die ersten drei Minuten des Albums könnten genauso gut einem Filmsoundtrack entnommen sein. Gab es irgendeinen Film, der als Grundlage dafür diente?
Mit unserem instrumentalen Opening wollten wir eine mittelalterliche Atmosphäre schaffen, die vielleicht von diversen Filmen wie Der 13. Krieger, Braveheart, Herr der Ringe, Kingdom of Heaven etc. beeinflusst ist, aber nicht einen speziellen als Vorbild hat. Die Melodien stammen aber von uns.
Inwieweit wollt ihr euch einer Genrebezeichnung zuordnen lassen?
Jeder hat seine eigene Art und Weise unseren Stil zu beschreiben. Persönlich würde ich es aber nicht Black Metal nennen, da wir nicht so grimmig sind, wie es Black Metal eigentlich sein sollte. Daher schätze ich, dass eine Bezeichnung wie etwa Viking Metal (obwohl wir keine Wikinger sind, also wäre Saxon Metal ein treffenderer Begriff) besser zur Atmosphäre in unserer Musik passt. Aber im Endeffekt kannst du es nennen, wie du willst. Manche bezeichnen uns als War Metal, andere wiederum sprechen von Dark Metal und wieder andere sagen, dass wir Black Metal seien.
Neben dem Album habt ihr in relativ kurzen Zeitabständen auch eine Single und eine DVD veröffentlicht. Was versprecht ihr euch von diesem Release-Overdose? Oder war das die Idee eures Labels?
Wir bekamen die Möglichkeit, eine Live-DVD aufzunehmen und dieses Angebot haben wir natürlich angenommen; schließlich weiß man nie, ob man diese Möglichkeit jemals wieder bekommt. Wir hatten zu diesem Zeitpunkt bereits das Studio für die Aufnahmen unseres dritten Albums At The Dawn Of War eingeplant, und das wollten wir nicht aus diesem einzigen Grund verschieben. Es ist nicht unüblich, eine CD und DVD zur gleichen Zeit zu veröffentlichen, insbesondere wenn diese auch zusammenhängen. Zuerst waren die CD und die DVD in einer limitierten Digipack-Version erhältlich, die inzwischen schon ausverkauft ist. Erst dann machte das Label jeweils eigene Kopien der CDs und DVDs. Auf der DVD ist unter anderem auch das Musikvideo zum Song Thunder Of War, das hier in den Niederlanden ein paar Mal auf MTV ausgestrahlt wurde. Das war dann auch der Grund dafür, dass sich das Label dazu entschloss, eine Single dieses Songs mit zwei Bonus Tracks zu veröffentlichen.
Um beim Thema Label zu bleiben: Welche Vorteile hat es als Niederländer bei einem niederländischen Label zu sein?
Es ist gut, wenn man persönlichen Kontakt untereinander hat, denn Dinge können oft missverstanden werden, wenn man sie bloß via e-mail diskutiert. Es ist einfacher, einander auf die Schnelle anzurufen, falls irgendwelche Probleme auftauchen – und noch dazu gibt es keine Sprachbarrieren.
Gibt es auch Nachteile? Etwa einen geografisch eingeschränkten Promotion-Bereich?
In den Niederlanden haben wir eine gute Promotion und Distribution, aber es stimmt schon, dass es geografische Einschränkungen gibt, was die Promotion betrifft. Aber ich glaube, das hat weniger damit zu tun, dass das Label aus den Niederlanden kommt, sondern viel mehr damit, dass Fear Dark ein kleines Label ist, das von Leuten betrieben wird, die nebenbei auch noch einen Vollzeit-Job ausüben.
Und wie seid ihr ganz generell mit Fear Dark zufrieden?
Angesichts der Tatsache, dass die drei Manager von Fear Dark allesamt einen regulären Ganztagesjob haben und eine Menge Freizeit für das Label opfern, sind wir sehr zufrieden mit ihren Bemühungen und Resultaten. Ich arbeite nunmehr schon seit fünf Jahren mit ihnen zusammen und habe sie wachsen gesehen: Vom Labelstart mit nur einer Band und einer beinah nichtexistenten Distribution bis hin zu einem anständigen Independent Label mit unterschiedlichen Bands, die mit jedem Release Tausende CDs verkaufen und einer Distribution in fast alle europäischen Länder und darüber hinaus. Aber wenn sich die Gelegenheit bietet, zu einem größeren Label zu wechseln, würde es uns natürlich schon interessieren, was dieses dann zu bieten hätte.
SLECHTVALK verwursten in ihren Lyrics hauptsächlich kriegerische Themen und Auseinandersetzungen, wobei Shamgar aber zu bedenken gibt: Krieg ist viel mehr als bloßes Niedermetzeln. |
Haben eure Künstlernamen eine besondere Bedeutung?
Einige Namen stammen aus den Büchern von Tolkien, andere sind historische oder echte Namen und wieder andere sind frei erfunden.
Ihr habt euch nach einem Vogel benannt. Welchen Bezug habt ihr insbesondere zum Wanderfalken?
Ich war von diesem Vogel, der meiner Meinung nach einen ziemlich coolen Namen hat (zumindest in Niederländisch), ziemlich beeindruckt. Und als ich einen Namen für mein Projekt suchte, war SLECHTVALK meine erste Wahl.
Wie sieht es eigentlich generell mit euren Ansichten zur Naturverbundenheit aus?
Ich schätze die Natur als das Schönste auf dieser Erde. Ich habe bislang noch nichts von Menschenhand Geschaffenes gesehen, das schöner sein könnte. Einige von uns (besonders Ohtar) machen liebend gerne Waldspaziergänge. Es ist eine angenehme Möglichkeit, dem täglichen Stress zu entfliehen und über Dinge nachzudenken.
Und wo wir gerade bei den Ansichten sind: ich glaube irgendwo gelesen zu haben, dass ihr Christen seid und dies auch aktiv lebt. Stößt das in der Black Metal-Szene hin und wieder auf Widerstand? Oder wollt ihr euch ohnehin von diesem Bereich abgrenzen?
Ich glaube nicht, dass es so etwas wie eine echte Black Metal-Szene gibt, denn die meisten Leute können sich gar nicht darüber einig werden, wie Black Metal überhaupt klingen soll. Manche sagen, dass Black Metal grimmig, tödlich und nihilistisch (wie etwa DARKTHRONE) klingen muss, andere wiederum bezeichnen sogar Bands wie DIMMU BORGIR, CRADLE OF FILTH oder BORKNAGAR als Black Metal; und ich habe schon Reviews gelesen, in denen Folk Metal-Bands wie EQUILIBRUM und ENSIFERUM als Black Metal bezeichnet werden. Ich persönlich denke daher nicht, dass wir eine Black Metal-Band sind, da es einfach nicht unsere Intention ist, Grim und Necro zu klingen, sondern eher heroisch, bombastisch und atmosphärisch – und das sind schließlich keine Black Metal-Trademarks. Trotzdem sagen viele Leute, dass wir eine Black Metal-Band seien, einfach weil es keine bessere Bezeichnung gibt. Aber die Leute können unsere Musik wie auch immer bezeichnen, solange es zum Sound und dem Gefühl unserer Musik passt. Was unsere persönlichen Überzeugungen betrifft, so sind wir bislang auf keinen nennenswerten Widerstand gestoßen.
Eure Lyrics behandeln eigentlich ausschließlich kriegerische Themen. Warum gebt ihr dieser Thematik den Vorzug gegenüber anderen?
Ich stehe auf mittelalterliche Kriegsfilme und habe sogar einige Shortstories dazu verfasst. Ich habe bemerkt, dass sich meine persönlichen Gedanken und Erfahrungen mühelos in eine solche Story einbinden lassen. Krieg ist viel mehr als bloßes Niedermetzeln. Krieg ist eine ideale Basis, um über Dinge wie Zweifel, Hoffnung, Freundschaft, Illoyalität, Verrat, Liebe, Hass und so weiter zu schreiben.
Wie kommt es, dass ihr als Niederländer Viking Metal spielt und somit die Heldentaten der Wikinger besingt? Schließlich hat ja auch das niederländische Volk eine Seefahrer-Tradition, wo es einige Themen auszuschlachten gäbe – sozusagen Oranje Metal, eventuell sogar mit niederländischen Lyrics?
Wir singen ja nicht über Wikinger (die sind ja nicht einmal unserer Vorväter), aber auch nicht über Sachsen oder irgendein anderes Volk. Wir singen über die Taten von Leuten (zumeist Krieger) in einer imaginären Welt, die vergleichbar mit Mittelerde ist, wobei es keine Orks, Goblins oder Elfen hier gibt, sondern einfach nur Menschen. Wenn ich mir vorzustellen versuche, wie diese Menschen aussehen könnten, dann denke ich oft an Sachsen, aber jemand aus Japan etwa kann sich genauso vorstellen, dass es sich hierbei um Samurai-Krieger handelt. Die Dinge, die diese Krieger erleben, sind universell und können von jedem – egal woher er stammt – erfahren werden.
Niederländische Lyrics habe ich einmal versucht, aber die Screams klangen so ulkig, dass ich es wieder sein ließ. Vielleicht werden wir einmal für die cleanen Vocals niederländische Lyrics verwenden, aber das müssen wir erst sehen.
SLECHTVALK geben sich naturverbunden: Besonders Ohtar macht liebend gerne Waldspaziergänge. |
Der Chor klingt manchmal etwas gelangweilt. Wollte Ohtar beim Singen nicht aus sich herausgehen?
Ich stimme zu, dass die Chor-Passagen besser gemacht hätten werden können, aber die Zeit stand nicht auf unserer Seite. Obwohl ich der Meinung bin, dass der Chor in Spoils Of Treason perfekt eine depressive Atmosphäre erzeugt, und die anderen Chorparts find ich auch ziemlich okay. Schließlich ist das Kreieren von Chor-Passagen auch ein ziemlicher Unterschied zum Erstellen von Gitarrenriffs oder Keyboardparts. Aber es ist etwas, mit dem wir in Zukunft mehr experimentieren werden.
Um bei den Vocals zu bleiben: Fionnghuala macht ihre Sache sehr gut. Ihre Stimme unterstützt die Atmosphäre und Melodien vorzüglich. Allerdings darf sie kaum einmal echte Lyrics singen, sondern beschränkt sich auf Ohhh-ohh Ahh-ahaa. Gibt es einen Grund dafür? Und werden Fionnghualas Vocals in Hinkunft mehr Raum einnehmen?
Fionnghuala hat eine exzellente Stimme, aber wir planen nicht, SLECHTVALK in eine Female fronted Band wie NIGHTWISH zu transformieren, weshalb ihre Rolle bei SLECHTVALK immer etwas limitiert bleiben wird. Weibliche Vocals können eine große Bereicherung für die Atmosphäre sein, aber sie besänftigen gleichzeitig auch die Heftigkeit eines Songs. Aber wir haben gerade erst wieder mit dem Schreiben neuer Songs angefangen, so dass es noch zu früh ist, um zu sagen, wie sich die Balance in Zukunft verhält.
Ist eure Kriegsbemalung eher Show oder eine spezielle Ausdrucksweise?
Es ist Show, aber ich glaube sie lässt uns intensiver auf der Bühne wirken, als wenn wir keine hätten. Obgleich es für Stämme im frühen Mittelalter ziemlich geläufig war, ihre Gesichter anzumalen, um den Gegner einzuschüchtern oder um zwischen Freund und Feind zu unterscheiden.
Zu Beginn war SLECHTVALK eine Ein-Mann-Band. Ist die Band von damals mit der heutigen noch in irgendeiner Form zu vergleichen?
Nein, nicht wirklich. Die anderen Musiker tragen viel zum Sound und zum Songwriting bei. Zwar schreibe ich nach wie vor den Großteil der Musik, das Endresultat ist dann aber oft sehr unterschiedlich zu dem, was ich ursprünglich im Kopf hatte. Aber meistens glaube ich, dass es eine Verbesserung war.
Wie würdest du generell die Wandlung SLECHTVALKs in musikalischer Hinsicht beschreiben.
Neben der Produktion, die sich seit dem SLECHTVALK-Debüt Falconcry enorm verbessert hat, ist die Musik weniger elementar. Mit dem Hinzufügen von männlichen und weiblichen Vocals ist die Musik facettenreicher geworden. Zudem ist die Musik auch technischer geworden, nicht zuletzt weil wir jetzt auch einen Drummer haben, der gerne technisch verspielte Rhythmen spielt, anstatt den Basis-Beats eines Drumcomputers. Auch unser Bassist ist sehr talentiert und wartet mit komplizierten Basslines auf, die total anders als die einfachen Töne auf Falconcry sind.
Gibt es in eurem Umkreis noch zu Unrecht unbekannte Bands, die es zu promoten gilt?
Ich schätze CRIMSON MOONLIGHT als sehr talentierte Death/Black Metal Band ein.
Wenn man so die letztjährigen Festivals und die Bands, mit denen ihr auf der Bühne gestanden habt, ansieht, so ist das ein ziemlich buntes Programm: HOLY MOSES, MACABRE, EXTOL usw. Zu welcher Band habt ihr am besten gepasst und mit wem hattet ihr näheren Kontakt?
Mit HOLY MOSES und MACABRE hatten wir nicht viel Kontakt. Ich denke, dass wir für Bands wie diese einfach nur eine von vielen Bands sind, mit denen sie während einer Tour zusammen spielen. Auch sind sie oft ziemlich ausgelastet mit Interviews oder wollen sich einfach nur von den Reisestrapazen erholen. Normalerweise haben wir den meisten Kontakt mit kleineren, lokalen Bands. Die haben mehr Zeit zum Plaudern und haben oft auch schon von uns gehört, so dass wir einander nicht vollkommen fremd sind. Unser Schlagzeuger hatte dagegen immer einen guten Draht zum Drummer von EXTOL und ich hatte einige kurze Unterhaltungen mit Peter, aber Norweger scheinen immer gerne unter sich zu sein; außerdem kenne ich deren neuen Gitarristen nicht.
Wie sieht es eigentlich generell mit dem Touren aus? Ist da in nächster Zeit noch etwas geplant? Oder werdet ihr eher an neuem Material arbeiten?
Wir haben gerade mit den Arbeiten für neues Material angefangen und werden uns darauf wohl noch bis zum frühen Frühjahr konzentrieren. Es gibt Pläne, einige Gigs und Festivals im späten Frühjahr und im Sommer zu spielen, aber ich habe noch keinen Schimmer wie viele und wo.
Abschließend noch: wie werden die Oranjes bei der Fußball WM abschneiden?
Ich glaube, dass sie entweder in den ersten Runden irrsinnig stark spielen werden, aber dann im Halbfinale elend versagen, oder sie spielen sehr schwach, aber haben massenweise Glück und kommen immer weiter, bis das Glück schließlich aufgebraucht ist. Aber im Grunde glaube ich nicht, dass unser Nationalteam solide genug ist, um jedes Match zu dominieren.