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FEUERSCHWANZ – Interview mit Stephanie Pracht alias Johanna von der Vögelweide

Was 2004 aus einer Bieridee heraus als zotige Persiflage auf die deutsche Mittelalter-Rockszene begann, ist fast 20 Jahre später zu einem ernsthaften Folk-Metal-Monster gewachsen. Platz 1 der deutschen Albumcharts, große volle Hallen, eine Einladung zur 70000-Tons-Of-Metal-Kreuzfahrt – FEUERSCHWANZ aus Erlangen haben einen Lauf und sind gerade so richtig gut dabei. Dahinter steckt nicht nur Leidenschaft, sondern auch ganz viel Arbeit. Karin Rabhansl im Plausch mit FEUERSCHWANZ-Geigerin Stephanie Pracht alias Johanna von der Vögelweide.

Stephanie, wie ging das los bei Dir mit der Musik?
Ich war fünf Jahre alt und mein Kopf meinem Körper voraus. Ich konnte noch nicht eingeschult werden, weil ich einfach zu klein war, aber man wollte mich schon mal beschäftigen im letzten Kindergartenjahr. Meine Mutter hat als Kind und Jugendliche Geige gespielt und mein Opa auch, da war das also so ein bisschen das naheliegende Ding: „Dann soll sie halt Geige lernen!“ So kam das, dass ich im Alter von fünf Jahren angefangen habe, Geige zu spielen. Die Geige, die ich viele Jahre auf der Bühne gespielt habe, war die von meinem Opa, die zuvor auch schon meine Mutter gespielt hat. Die wurde weitervererbt.

Cool. Hast Du sie für die Bühne modifiziert?
Nein. Das ist keine E-Geige, sondern wirklich ein akustisches Instrument, auf das ich den Tonabnehmer draufklipse. Seit letztem Jahr spiele ich aber eine neue Carbongeige mit Carbonbogen. Der Kontakt kam über zwei Firmen aus Franken: Eureka Instruments und CodaBow.

Du und die Geige – eine Kindergartenfreundschaft. Wie ging das dann weiter?
Ich hatte ganz normalen klassischen Geigenunterricht. Später bin ich ans Erlanger Musikinstitut gewechselt, wo ich bis zum Abitur beim selben Lehrer gespielt habe. Parallel war ich im Schulorchester aktiv, also auch hier alles ganz klassisch. Nach der Schule habe ich Lehramt auf Realschule studiert: Musik und Englisch – und hatte dort weiter Gitarrenunterricht, viel Theorie und auch ein wenig Klavier und Gesang dazu. In meiner Freizeit habe ich in dieser Zeit parallel aber schon ein wenig Folk gemacht… und bin dann durch Zufall bei FEUERSCHWANZ reingerutscht. Eigentlich sollte ich nur aushelfen, bin aber geblieben – und seit 2005 dabei. Damals war ich noch auf der Schule. Ich habe also mit der Band Abi gemacht und studiert. So hat sich das über die Jahre entwickelt.

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Ein reines Musikstudium kam für Dich nicht in Frage?
Nee, ich glaube, ich wäre nicht gut genug gewesen für eine Hochschule. Außerdem ist man da dann ja auch ziemlich festgelegt. Mit einem zweiten Fach, so dachte ich, sei man zumindest ein wenig breiter aufgestellt, falls ich doch mal an eine Schule gehen sollte. Ich hab’ dann aber schon während des Studiums gemerkt, dass ich das nicht weiter machen werde. Das erste Staatsexamen habe ich noch fertiggemacht, aber kein Referendariat mehr. Da war ich mit FEUERSCHWANZ und mit meinem anderen Job schon zu sehr eingebunden.

Woher kommst Du musikalisch?
Als Musikerin bin ich mit Klassik aufgewachsen, habe wie gesagt eine ganz klassische Ausbildung am Instrument durchlaufen. Privat mochte ich schon immer Folk und Irish Folk, gerne auch mit Freunden und der Wandergitarre aus Spaß am Lagerfeuer, wo ich dann Geige dazu gespielt habe. Sowas höre ich auch privat sehr gerne. In der Schulzeit kamen dann Rock und Metal dazu. Da ist die Geige bekanntlich kein typisches Instrument, taucht aber immer öfter auf. Heute bin ich musikalisch breit aufgestellt: Viel Metal, viel Folk, viele Playlists auf Spotify… und wenn ich schlechte Laune habe, dann höre ich Disney-Musik.

Was hast Du an klassischer Musik gehört?
Gehört gar nichts, aber gespielt.

Das Problem beim klassischen Musikunterricht: Man lernt kein Improvisieren…
Das war auch bei mir nicht Teil des Unterrichts. Aber ich habe mir schon immer sehr viel selbst rausgehört. Das mache ich auch heute noch: Wenn ich etwas höre, das mir gefällt, dann setze ich mich hin und spiele so lange, bis ich’s kann!

Du meintest, dass Du 2005 durch Zufall zu FEUERSCHWANZ gekommen bist…
Zu der Zeit habe ich mit Freunden viel Liverollenspiel (LARP) gemacht, also wo man sich lustig verkleidet, in eine Rolle schlüpft und Dinge tut. Mit diesen Freunden habe ich auf LARP-Events auch regelmäßig Musik gemacht. So auch irgendwann auf einer Veranstaltung hinter Hannover, auf der damals auch FEUERSCHWANZ waren. Ich kannte die Band, weil sie aus derselben Stadt wie ich kommt. Gemeinsame Bekannte haben uns einander vorgestellt, und dann hat mich der Tobi, das war der damalige Geiger bei FEUERSCHWANZ, der heute bei FIDDLER’S GREEN spielt, um die Ecke gezogen und gemeint: “Spiel’ mal was vor!”. Das habe ich gemacht. Nach diesem Wochenende hat mich der Peter, der Hauptmann von FEUERSCHWANZ, angerufen und gefragt, ob ich mal aushelfen kann, weil der Tobi so vielbeschäftigt ist und oft nicht spielen kann. Da war aber immer die Rede von “aushelfen”, weshalb ich mir da auch gar nicht viel dabei gedacht und mich einfach gefreut habe, dass sie mich gefragt haben. Das war damals aber alles auch noch ganz weit weg von dem, was die Band heute macht – musikalisch und inhaltlich. Mein erster Einsatz war dann gleich die Releaseshow vom ersten Album, und von da an war ich einfach immer dabei und es war nie wieder die Rede davon, dass ich nur eine Aushilfe bin. Gefangen und nie wieder gegangen… (lacht)

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FEUERSCHWANZ live (Foto: Bilderbube)

Liverollenspiel in welchem Setting?
Klassisch Mittelalter/Fantasy mit Orks und Elfen. Leider habe ich kaum noch Zeit dafür. Heute komme ich noch ein oder zweimal im Jahr zum larpen, aber auch dann mache ich eher Musik als mich mit Schaumstoffschwertern zu hauen.

Für die Bonus-CD “Die Glorreichen Sieben” Eueres 2021er-Albums “Memento Mori” durfte jeder einen Vorschlag für eine Coverversion machen. Ich fand deinen Vorschlag sehr interessant.
“Dragostea Din Tei” von O-ZONE – ja! Ich hab’ ja schon erzählt, dass ich einen breiten Musikgeschmack habe. Wir haben untereinander gebrainstormt, was man machen könnte, und mir hatte bis dato ein wenig der Partyanteil gefehlt. Die Nummer ist so wahnsinnig, dass sie schon wieder cool ist. Und: Sie hat sich gut umsetzen lassen mit dem Folk-Metal, den wir machen. Auch thematisch. Der Hauptmann hat dann die Challenge bekommen, dass er rumänisch singen muss. Zu der Nummer gibt es ja auch ein Video, und dazu haben wir ganz viel Feedback bekommen, dass das Rumänisch sehr gut ist und dass man das sehr gut versteht. Angeblich lief die Nummer sogar im rumänischen Fernsehen.

FEUERSCHWANZ – Interview mit Stephanie Pracht alias Johanna von der Vögelweide

FEUERSCHWANZ haben als Mittelalter-Comedy-Rockband angefangen und sind immer metallischer geworden.
Das hat verschiedene Gründe. Zum einen hatten wir über die Jahre immer wieder als lustige Auflockerungs-Spaßkapelle auch auf Metalfestivals gespielt – und haben uns dann immer gedacht “verdammt, so etwas wollen wir auch mal machen!” (lacht). Beim Songwriting hat unser Gitarrist Hans immer mehr Freiraum bekommen, so dass unser Sound automatisch E-Gitarren-lastiger wurde. Aber auch der Ben (Prinz R. Hodenherz III), der bei uns den Großteil der Lieder schreibt, ist großer Metalfan. So hat sich das organisch entwickelt, dass die Musik über die Jahre immer härter wurde. 2018 zum “Methämmer”-Album haben wir dann gesagt: “So, jetzt machen wir das mal konsequent und da einen zusammenhängenden Sound draus!” Vorher lief das immer mal so mit, beziehungsweise gab es den einen oder anderen Ausreißer. “Metnotstand im Märchenland” etwa war eine Nummer, die 2012 der Hans eingebracht hat und von der wir erst einmal dachten, dass sie zu hart für FEUERSCHWANZ sei. Mit den letzten drei Alben – “Methämmer”, “Das elfte Gebot” und zuletzt “Memento Mori” – haben wir unseren Sound gefunden, der uns taugt und wo wir auch Spaß dran haben. “Memento Mori” ist tatsächlich sogar wieder ein wenig folkiger geraten, weil wir die Folkinstrumente nochmal klarer herausgearbeitet haben als bei den Alben zuvor. Aber das sind Feinheiten und -justierungen.

Was hat sich geändert, als 2007 Benjamin Metzner alias Prinz R. Hodenherz III, kurz: Hodi, in die Band kam?
Man kann nicht sagen, dass sich da sofort etwas geändert hat. Das sind Entwicklungen, die über viele Jahre hinweg passieren. Da schichten sich Arbeitsprozesse um oder der Ben findet irgendwann heraus, dass er Songs schreiben kann und auch Bock hat, das hauptberuflich mitzumachen; und von da an am Stück geile Songentwürfe raushaut, die dann im Team gemeinsam weiterbearbeitet werden.

Bist Du ins Songwriting involviert?
Tatsächlich weniger. Ich hab’ zwar auch schon einzelne Melodien und Textideen eingeworfen, bin aber bei FEUERSCHWANZ mehr im Managementbereich tätig. Einfach, weil das das ist, wo ich sehr gut drin bin.

Management heißt?
Ich bin der Knotenpunkt, an dem ganz viele Kontakte zusammenlaufen. Wir haben eine Bookingagentur, unser Label und viele Leute drumherum, die uns beraten, und ich bringe diese vielen verschiedenen Bereiche zusammen und check das alles mit der Band ab. Außerdem mache ich noch viel bei Social Media mit. Eine Band ist immer auch ein bisschen so wie eine Firma: Da gibt es ganz viel, was mit Musikmachen direkt garnix zu tun hat, aber wichtig ist, um die Band voranzubringen. Zum Beispiel bei den Online-Shows, die wir während Corona gemacht haben: Da kam ganz viel von mir.

Gab es einen Moment in Deiner Zeit bei FEUERSCHWANZ, wo Du Dir gedacht hast “Boah, da steckt ja richtig Potential drin – das könnte noch richtig groß werden”?
(Überlegt) Also ein Teil von mir hat da schon immer dran geglaubt, deshalb habe ich ja auch meinen ganzen beruflichen Werdegang und überhaupt alles um die Musik herum gebaut, so dass ich immer weiter bei FEUERSCHWANZ spielen konnte. Der Traum, dass man mit der Band mehr machen kann, war also schon immer da. Seit wir uns 2018 musikalisch nochmal anders aufgestellt haben, zu einer neuen Plattenfirma gewechselt sind und auch unseren Beraterstab nochmal erweitert haben, merkt man, dass die Locations größer werden und mehr Leute zu unseren Konzerten kommen. Vorher ging es immer in 50er-Schritten aufwärts, seit 2018 sind es große Schritte. Auch finanziell merkt man: Es ist jetzt etwas ganz anderes. FEUERSCHWANZ ist inzwischen mein Haupteinkommen und war es auch während Corona. Dadurch erwächst für mich nochmal ein ganz anderes Standing und auch ein anderer Ehrgeiz. Nummer 1 in den Charts gemacht, Wacken-Slot zu einer coolen Position am Abend auf der großen Bühne – da merkt man, es geht was… und kommt schon ins Überlegen, was noch alles gehen könnte.

Ihr seid mit FEUERSCHWANZ aber auch sehr fleißig und veröffentlicht regelmäßig neue Platten.
Wir sind vom Zwei-Jahres-Rhythmus auf einen Eineinhalb-Jahres-Rhythmus gewechselt. Aber ja, wir sind echt fleißig. Oder andersrum: Wir sind keine, die sich ausruhen – auch nicht während einer Pandemie.

War es eine Grundsatzentscheidung, lustig zu sein?
Der Ursprungs-Gründergedanke aus dem Jahre 2004 war, dass es eine Persiflage sein soll. Man nannte FEUERSCHWANZ damals auch “die J.B.O. des Mittelalters” und da wurden auch ganz viele Lieder von J.B.O. und SCHANDMAUL gecovert. Dieser Comedy-Faktor ist inzwischen aber gar nicht mehr so sehr da, die lustigen Ficki-Ficki-Witzchen haben wir ziemlich rausgenommen. Heute steht FEUERSCHWANZ eher für Party, vor allem ist der Sound aber auch epischer geworden. Ich sag mal so: FEUERSCHWANZ im Jahr 2023 machen epischen Party-Folk-Metal.

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FEUERSCHWANZ live (Foto: Bilderbube)

Euer Humor kommt nicht überall gut an. 2015 wurde die Band aufgrund ihrer Texte vom “Fairytale Festival” in Osnabrück ausgeladen, was ein paar Wellen schlug. Ich fand es interessant, dass Du damals für die Band Stellung bezogen und darauf hingewiesen hast, dass es sich bei den Texten um Satire handelt.
Die hatten sich an Liedern aus der ganz frühen Zeit von FEUERSCHWANZ aufgehängt: Songs aus den Ur-Anfängen, die wir 2015 schon längst nicht mehr live gespielt haben. Konkret ging es um den Song “Wunsch ist Wunsch”, dem letzten aus der Gründungszeit, den wir damals noch im Programm hatten. Doch auch der war so eindeutig ironisch – dachten wir! Naja. Ich glaube aber, dass wir so einen Song heute nicht mehr machen würden, auch, weil sich unser Humor verändert hat. Damals hat er aber zu dem gepasst, wie die Band war.

Dein Künstlername Johanna von der Vögelweide – findest Du den noch witzig? Auf Instagram habe ich gesehen heißt Du nur noch Johanna Feuerschwanz.
Aber nur wegen der besseren Auffindbarkeit – auf Facebook bin ich immer noch Johanna von der Vögelweide. Zu Deiner Frage: Schau, hinter mir an der Wand hängt ein Schild mit meinem Wappen, das auch auf vielen Fotos von mir auftaucht – mit meinen zwei Raben drauf. Insoweit finde ich meinen Künstlernamen immer noch gut. (lacht) Ein bisschen Rest-Humor behalten wir uns schon noch.

Kannst Du verstehen, wenn diesen Gag nicht jeder gut findet?
Ach, deshalb hat sich schon lange niemand mehr aufgeregt. Was ich mal hatte – und das ist noch gar nicht so lange her: Mir hat eine Frau eine Nachricht geschrieben, dass sie findet, dass ich auf der Bühne zu freizügig angezogen bin. Tenor war: Mit so einem Ausschnitt kann man Dich als Musikerin auf der Bühne nicht ernst nehmen. Und das kam von einer, die selbst Musik macht. Das war das letzte Mal, wo ich “angegangen” wurde, was ich in diesem Fall aber überhaupt nicht nachvollziehen konnte. Aber sowas hat man leider immer mal wieder als Frau.

Was hast Du der Dame geantwortet?
Ich hatte das damals tatsächlich öffentlich beantwortet, ohne ihren Namen zu nennen. Ich schrieb, dass es ja nun nicht so sei, dass ich halbnackt auf der Bühne stehen würde und selbst wenn, dass ich dann wohl nicht schlechter Geige spielen würde. Das sind ja zwei getrennte Sachen. Ich spiele in einer Band, in der Show wichtig ist und die einen Look transportiert. Für mich ist das Doppelmoral: Wenn ein gut gebauter Sänger oben ohne auf der Bühne steht, dann zweifelt deshalb keiner seine musikalischen Qualitäten an. Gleiches Recht für alle, sage ich da nur. Auf der Bühne gehört das Visuelle immer mit dazu, deshalb arbeiten wir auch alle mit optischen Reizen, Männer wie Frauen – sei es, dass man gut aussehen oder einen ikonischen Look als Gruppe haben möchte. Deshalb ist man aber doch nicht automatisch ein schlechterer Musiker. Wenn sowas dann auch noch von Frauen kommt, finde ich das noch unnötiger. Eigentlich sollte man sich gerade unter Frauen eher ein High-5 geben, als dass man solche blöden Nachrichten schreibt.

Jetzt bist Du ja nicht nur Musikerin, sondern auch noch Reittrainerin. Dein Bandkollege Benjamin Metzner alias Prinz R. Hodenherz III hat mir schon vor Jahren erzählt, dass er einen Riesenrespekt vor Dir hat. Weil, wenn sich die Band abends im Proberaum trifft, du oft kurz vor knapp anrauscht – und jeder weiß, dass Du zu diesem Zeitpunkt schon einen langen Arbeitstag hinter Dir hast.
Ich bin Reittrainerin und Reittherapeutin. Ich habe einen ganz normalen Reittrainerschein und dann beim Deutschen Kuratorium für therapeutisches Reiten eine Zusatzqualifikation gemacht, die nennt sich Fachkraft für die heilpädagogische Förderung mit dem Pferd und baut auf meiner pädagogischen Grundausbildung auf. Da arbeite ich unter der Woche 30 Stunden, aber eben als Freiberuflerin zusammen mit engen Freunden und einer superguten Kollegin. Schon 2013 haben wir gemeinsam einen Betrieb gegründet beziehungsweise übernommen, als unsere damalige Chefin diesen aufgegeben hat. Das ist gar nicht so klein da: Jede Woche kommen rund 90 Klienten zu uns, ganz gemischt von Kindern ab drei Jahren über Menschen, die in ihrer Freizeit was mit Pferden machen wollen hin zu Jugendlichen und Erwachsenen, die irgendeinen Förderbedarf haben, etwa ein körperliches oder geistiges Handycap, verhaltensauffällig sind oder irgendein psychisches Problem. Superbreit gefächert und deshalb ein ganz spannender Job! Das ist das, was ich unter der Woche nachmittags viel mache. Vormittags kümmere ich mich um den Bürokram für die Band. Die Freitage versuche ich mir nach Möglichkeit freizuhalten für Konzerte. Voll das Kontrastprogramm also.

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Stephanie Pracht arbeitet auch als Reittrainerin (Foto: Jenny Diehl)

Da kommst Du mit allen Jobs doch locker auf 60 Stunden in der Woche!
60 nicht, aber wenn normal Schule ist, dann sind das schon rund 50 Stunden. Der Vorteil ist aber, dass die Schulferien frei sind. Da gleicht es sich dann wieder ein bisschen aus, und diese Auszeiten brauche ich auch. Aber ja, wenn man die Auftritte am Wochenende noch mit reinnimmt, dann darf man das wirklich nicht ausrechnen (lacht). Trotzdem: Zwei total unterschiedliche Jobs, die ich beide total gerne mache. Das eine erdet mich dann auch wieder für das andere.

Kannst Du Dich von dem laufenden Geschäft am Reiterhof rausnehmen, wenn mal eine längere Tour ansteht?
Ja. Da ich nicht fest angestellt bin, sondern quasi mein eigener Chef, muss ich mir das dann so organisieren, dass es irgendwie funktioniert. Ich hab’ aber ein gutes Team an Leuten da, das das überhaupt erst möglich macht. Wir sind mit unseren Pferden in dem Stall als Einsteller, das heißt, die Grundversorgung der Tiere ist immer gegeben. Ich habe aber auch Leute da, auf die ich mich verlassen kann und Vertretungen, die dafür sorgen, dass meine Stunden weiter laufen, wenn ich nicht da bin. Meine Kollegin, die Katrin (www.gang-art.eu), kenne ich schon ewig, wir sind super eingespielt. Wenn ich nicht da bin, guckt sie auf meine Pferde und andersrum. Das ist enorm wichtig. Trotzdem ist es immer wieder aufs Neue ein krasser Orga-Aufwand, der nur klappt, wenn man Leute um sich hat, auf die man sich verlassen kann.

Und weil das alles nicht reicht, machst Du auch noch Wirtshausmusik, etwa in “Finyas Taverne”, einer Mittelalterkneipe in Nürnberg.
Aber das ist mein Hobby! (lacht) Das mache ich in meiner Freizeit: einmal im Monat mit Freunden treffen und zusammen Musik machen. Man kann auch aus Spaß Musik machen. Ich mache total gerne aus Spaß Musik.

Das hast Du Dir bewahrt – auch, wenn Du als Profimusikerin inzwischen auf großen Bühnen unterwegs bist?
Auf jeden Fall. Es wäre total traurig, wenn das anders wäre. Für das, was wir mit FEUERSCHWANZ machen, muss man idealistisch sein und es im Herzen spüren. Das darf man niemals nur als reinen Job sehen. Wenn du einmal damit anfängst, wirst du es nie wieder so gut machen. Du muss es wirklich mögen und du musst es wirklich wollen, sonst klappt das nicht.

Möglicherweise ist das ein Grund, warum die Bandbesetzung bei FEUERSCHWANZ über die Jahre weitgehend konstant geblieben ist – inklusive der Miezen…
Es ist ganz normal, dass wenn man so lange unterwegs ist, sich irgendwelche Lebensumstände ändern und mal wer rausgeht und wer anderes reinkommt, aber ja: das Kernteam bei uns ist schon superlange stabil. Da bin ich auch superhappy drüber, weil ich in dieser Kombination von Menschen supergerne zusammenarbeite. Gerade ist es superharmonisch bei FEUERSCHWANZ, da wäre ich schon sehr traurig, wenn irgendeiner gehen würde. Eine Band ist eben auch wie eine Beziehung: So eng, wie man da aufeinander hockt, funktioniert das auf Dauer nicht, wenn man sich nicht leiden kann.

Ihr fahrt ja sogar zusammen in den Urlaub.
Familienausflüge – muss es auch geben. Ja, wir mögen uns wirklich. Mit unserer Mieze Sandra – die Blonde mit den Dreads – war ich in der Schule zusammen, wir kennen uns seit der 5. Klasse.

Gibt es trotzdem eine wie auch immer geartete Hierarchie bei FEUERSCHWANZ?
Eine strenge Hierarchie im Sinne einer Hoch-runter-Pyramide würde ich nicht sagen, aber es gibt Teams und verschiedene Kompetenzbereiche; und Leute, die dort mehr machen als andere. Ich würde dem Ben jetzt nicht in sein Songwriting reinreden, höchstens vielleicht mal sagen, dass ich mir dieses oder jenes wünschen würde. Das letzte Wort hat da aber er. Umgekehrt habe ich bei Orgafragen das letzte Wort, während ich Social Media viel mit dem Hans zusammen mache. Wir setzen uns dann aber auch immer wieder in unterschiedlichen Runden und Kleingruppen zusammen, und da ist dann jeder stimmberechtigt.

Wie sehr bist Du in der fränkischen Musikszene verwurzelt?
Wenn ich Zeit habe, gehe ich supergerne auf Konzerte und guck’ mir Bands an, weil mir wichtig ist, zu sehen, wie die auf der Bühne funktionieren. Dann ist der Hirsch in Nürnberg ein bisschen mein Wohnzimmer. Ganz viele Musikerkollegen trifft man ja nur, wenn man sie auf Tour besucht und sie hier durchreisen. Zum Glück habe ich einen kurzen Draht zum Concertbüro Franken, das unter anderem den Musikclub Hirsch betreibt.

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Erinnerst Du Dich an Dein erstes Konzert?
Also das erste Konzert, auf dem ich so richtig alleine mit Freunden war, war SCHANDMAUL im Löwensaal in Nürnberg. Damals haben wir uns hinterher noch Autogramme geholt, unter anderem von der Anna, der Geigerin, die schon so etwas wie ein Vorbild für mich war.

Stell Dir vor, Du feierst eine Gartenparty. Der Clou: Leichen willkommen! Bands, die es nicht mehr gibt oder Musiker, die schon tot sind, dürfen für diesen Tag zurückkommen. Wer spielt auf Stephanie Prachts Gartenparty?
Auf jeden Fall J.B.O. – weil ich mir ein Konzert mit denen ziemlich genau als lustige Gartenparty vorstellen würde. Dazu die GRAILKNIGHTS, eine Band, die schon öfters mit uns im Paket aufgetreten ist – ultrawitzige, total liebe Jungs, die eine super Show machen. Wir haben Sport zusammen gemacht, deshalb wären sie genau die Richtigen für meine Gartenparty: Sie müssten nämlich – sehr wichtig – die Getränke tragen. Wer noch? Ah ja: TIR NAN OG, eine Irish-Folk-Band von hier aus der Gegend, in der mein Bruder Geige spielt.

Live-Fotos: Bilderbube

+++ FEUERSCHWANZ LIVE +++

30.04.2023 Nürnberg Löwensaal
23.06.2023 Abenberg Feuertanz Festival
11.07.2023 Plassenburg Plassenburg Open Air

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