WALTER TROUT: Ordinary Madness

WALTER TROUT gilt bei den Blues Rock-Fans als gesetzte Größe. Mit drei Alben mit CANNED HEAT, vier mit JOHN MAYALL´s BLUESBREAKERS und gut zwanzig eigenen Alben plus reichlich Live-Releases war der Mann aus New Jersey durchaus fleißig. Bis ihn im Frühjahr 2014 eine schwere Lebererkrankung aus der Bahn warf, der eine lebensrettende Transplantation folgte. Auch das konnte den Mann nicht aufhalten, im Gegenteil. Mit „Battle Scars” (2015), „We´re All In This Together” (2017) und dem Coveralbum „Survivor Blues” (2019) legte TROUT starke Alben vor. Nun also steht das neue Album „Ordinary Madness“ an, für das sich der Bluesman mit Produzent Eric Corne (u.a. JOHN MAYALL, JOE WALSH, JOE BONAMASSA, EDGAR WINTER) in die Studioräumlichkeiten des früheren THE DOORS-Gitarristen Robby Krieger begeben hat. Das Ergebnis ist ein überraschend abwechslungsreiches Album geworden, für die ruhigen Momente in dieser trostlosen und nervigen Covid 19-Zeit. Die sicher auch den nunmehr 69-jährigen Mann nachdenklich macht, gerade auch mit seinem eigenen gesundheitlichen Risko: „There´s a lot of extraordinary madness going on right now. This album started because I was dealing with the flaws and weakness inside me. But it ended up being about everyone.“

WALTER TROUT präsentiert mit „Ordinary Madness“ ein abwechslungsreiches Album

Der Titelsong als Opener zieht einen mit seinem schwermütigen Groove gleich zurück. Jeder Ton trägt die negativen Erlebnisse des Mannes in sich. Auch Selbstironie zieht sich durch, das resignierende „Hah“ irgendwann sagt alles. Da kommt das im Vorfeld veröffentlichte „Wanna Dance“ schon weitaus positiver. Beswingt und treibend ein echter Gute Laune-Song, der mal ein neues Bild zeigt vom Bluesman. Egal wie übel es läuft, nach vorne schauen ist der beste Weg. Oder nachdenklich zurücklehnen. „My Foolish Pride“ ist eine dieser sentimentalen Balladen, bei denen man mit glasigen Augen in sich selbst schaut. Wie auch später beim traurigen „Up Above My Sky“ mit deutlich FLOYDigen Anleihen. Natürlich wird man beim Kuschelblues „All Out Of Tears“ schnell an GARY MOORE denken. Ebenso beim schunkeligen „Heaven In Your Eyes“, dass aber mehr an dessen Balladen auf den Hard Rock-Alben des Iren klingt.

Mal schwermütig, mal erstaunlich rockig – WALTER TROUT lebt seinen Blues Rock

„Heartland“ klingt launig, bei „Make It Right“ tanzt man fröhlich durch die Bude, der Rausschmeißer „OK Boomer“ kommt gar erstaunlich rau, kratzig und hard rockend daher. Und doch sind es die Songs wie das ebenfalls hart Bluesrockende „Final Curtain Call“ und das Wüstenstaub verteilende „The Sun Is Going Down“, die daran erinnern, sich die Lyrics wirklich anzuhören. WALTER TROUT geht mit sich selbst ins Gericht, lässt uns am eigenen Leid nicht nur der letzten Jahre teilhaben, zeigt aber auch nach vorn und denkt nicht ans aufgeben. Wer schon selbst viel Leben gelebt hat, der findet sich hier in vielen der Texte wieder. Das durchzieht das ganze Album: WALTER TROUT erzählt hier seine ganz persönliche Erlebnisse und Gefühle und seine persönlichen Dramen. Und trotzdem findet man sich als Zuhörer selbst in den Geschichten.

Man findet sich wieder in den Geschichten von WALTER TROUT

Legt man die eigenen Gedanken beiseite, dann nimmt man sich die Zeit, den Musikern richtig zuzuhören. Jeder einzelne macht einen großen Job, lebt die Songs mit dem Hausherrn fühlbar aus. TROUT selbst ist über jeden Zweifel erhaben, seine Stimme ist immer etwas zurückhaltend, bringt die Emotionen der Songs greifbar rüber. Und auch seine Gitarre, statt wilder Showleads wie so manche Kollegen es gern zelebrieren, lässt TROUT seine Gitarre sprechen, singen, erzählen. Man braucht fast keine Lyrics, um das Thema des Songs zu erkennen. Großartig, als Gitarrist schwebt man davon, aber sicher auch jeder andere Rockfan. Wer erst durch „Ordinary Madness“ diesen tollen Musiker für sich entdeckt, der wird garantiert auch an vielen früheren Scheiben seine Freude haben.

Ehrlich und greifbar – WALTER TROUT verzichtet auf Glamour und Rockstar-Allüren

Vielleicht ist WALTER TROUT nicht so ein extrovertierter Glamour-Held wie JOE BONAMASSA und nicht so Mainstream, wie es seinerzeit GARY MOORE war. Aber gerade das macht ihn so sympathisch! Allerfeinste Songs, hier auf „Ordinary Madness“ zudem erfreulich abwechslungsreich, vorgetragen von starken Musikern. Und eben einem Mann, der etwas zu erzählen hat, ehrlich und greifbar, der zudem ein fantastischer Gitarrist ist. Was will man mehr, als Blues/Rock-Fan sollte man schlichtweg zugreifen. Der nächste Herbstblues oder Corona-Frust kommt garantiert. Und WALTER TROUT präsentiert die passende Platte dafür. Die auch richtig gut richtig laut funktioniert, eure Nachbarn werden es lieben!

Veröffentlicht am 28.08.2020

Spielzeit: 57:43 Min.

Lineup:
Walter Trout – Guitar, Vocals, Harmonika
Johnny Griparic – Bass
Teddy Andreadis – Keyboards, Wurlitzer, Hammond, Piano, Akkordeon
Michael Leasure – Drums, Tambourine

Gäste:
Anthony Grisham – Guitar (2)
Skip Edwards – Piano, Hammond (3,7)
Drake Shining – Hammond (1)
Eric Corne – Vocals

Produziert von Eric Corne

Label: Mascot Label Group

Homepage: http://www.waltertrout.com

Mehr im Web: http://www.facebook.com/waltertroutband

Die Tracklist von „Ordinary Madness“:

1. Ordinary Madness
2. Wanna Dance (Video bei youtube)
3. My Foolish Pride
4. Heartland
5. All Out Of Tears (Video bei youtube)
6. Final Curtain Call
7. Heaven In Your Eyes
8. The Sun Is Going Down
9. Make It Right
10. Up Above My Sky
11. OK Boomer

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