THE PROVENANCE: Red Flags

Wie eine Femme Fatale schmiegen sich THE PROVENANCE an den Hörer und rammen ihm, nachdem sie ihn willenlos gemacht haben, das Messer in den Rücken. Nach eingehender Behandlung mit "Red Flags" hätte auch ich nicht im geringsten etwas dagegen.

Eigentlich gehört so etwas verboten. Das bringt die Kinder nur auf dumme Gedanken. Weil so lasziv und schwül wie diese Musik wirkt, und das, obwohl die Band aus Schweden kommt, das ist schon sensationell. Nix mit Hot Latin Lovers oder so, viel hintergründiger. Wie eine Femme Fatale schmiegen sich THE PROVENANCE auf ihrem inzwischen fünftem Album an den Hörer und rammen ihm, nachdem sie ihn willenlos gemacht haben, das Messer in den Rücken. Naja, nach eingehender Behandlung mit Red Flags hätte auch ich nicht im geringsten etwas dagegen.

Das Quintett aus Göteborg hat neben dem Labelwechsel auch eine leichte Stilkorrektur betrieben. Eingängiger sind sie geworden, nicht mehr so unbequem. THE PROVENANCE sind geradliniger, schreiben logischere Songs, die auf irgendeine verquerte Art und Weise schon fast Hits sind. Zumindest bleibt mehr im Ohr hängen als auf How Would You Like to Be Spat at, was allerdings auch keine große Kunst ist. Ansonsten wird schon bei den ersten Tönen von Red Flags klar, wer hier am Werk ist – eine der ungewöhnlichsten Bands Skandinaviens. At the Barricades beginnt erbarmungslos heavy und für THE PROVENANCE-Verhältnisse verdammt wütend, reißt mit und überrascht ob seiner Eingängigkeit.

Dies ist bei Crash Course nicht anders, mit dem Unterschied, dass hier gleich bei der düsteren Atmosphäre zum erstem Mal so richtig Gänsehaut den Hörer packt. Ab dann verwandeln sich die Schweden in Chamäleons, die ihre Gestalt wie andere Leute die Unterwäsche wechseln. Manchen ist das mit Sicherheit zu konfus, aber offene Hörer werden sich daran nicht stören. Denn sie werden erkennen, dass THE PROVENANCE eine große musikalische Spannweite besitzen und ihren Stil gefunden haben, den sie auf Red Flags nur weiter verfeinern. Charakteristisch für THE PROVENANCE sind selbstverständlich die Gesangsarrangements, denn Emma Hellström und Gitarrist Tobias Martinsson duellieren sich nicht nur, sie wirken wie zwei absolut gleichberechtigte Partner, von denen beiden einen essentiellen Teil zur Gestalt der Band beitragen.

Bei Thanks to You, Leave Takings und The Cost übernimmt Tobias die gesangliche Hauptarbeit, weshalb diese Songs auch ambitionierter wirken – seine Stimme ist einfach viel ungewöhnlicher als die seiner Duettpartnerin. Aber sie verleiht dem Album den bittersüßem Geschmack, mit ihrer unnachahmlichem Art ungewöhnliche Gesangslinien zu schreiben, wie bei Deadened, dem epischen Herzstück des Albums. Alles in allem bleiben THE PROVENANCE immer noch eine Mischung aus härteren THE GATHERING und härteren KATATONIA, aber dennoch klingen sie verdammt eigen und störrisch. Denn allein die Gitarrenarbeit auf Red Flags ist so unbequem wie man es sich nur denken kann, schwere Riffs, abrupte Breaks, krumme Rhythmen machen Otto Normalhörer das Leben nicht gerade einfach.

Dazu kommt das erbarmungslos dicke wie raue Soundgewand, das von einer fetten modischen Produktion meilenweit entfernt ist. Schwer ist das, was THE PROVENANCE auf ihrem neuesten Streich bieten, nicht so schwer wie zuvor, aber für Goth-Kids, Metallernachwuchs und Menschen, die sich nicht genügend mit einem Album befassen ist dieses Mammutwerk ungeeignet. Wer Metal auf einem ganz anderen Level erleben möchte und wer von billigen Kopisten gelangweilt ist, der ist hierbei richtig bedient und sollte diese zehn großartigen Songs täglich genießen. Nebenbei verwirrt dieses Album die Sinne, es ist süchtig machend, sexy, heißkalt und gemein.

Veröffentlichungstermin: 27. Oktober 2006

Spielzeit: 47:54 Min.

Line-Up:
Emma Hellström – Vocals, Keyboards
Tobias Martinsson – Vocals, Guitars
Joakim Rosén – Guitars
Jonnie Tall – Bass
Joel Lindell – Drums, Lyrics

Label: Peaceville Records

Homepage: http://www.theprovenance.com

Tracklist:
1. At the Barricades
2. Crash Course
3. Thanks to You
4. Second and Last but Not Always
5. Revelling Masses
6. Leave-Takings
7. The Cost
8. Deadened
9. One Warning
10. Settle Soon

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