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TARAMIS: Queen Of Thieves / Stretch Of The Imagination [2CD][Re-Release]

Golden Core hat mal wieder tief in der Geschichte des Heavy Metal gegraben. Nicht in deutschen Demo-Kisten wie bei „SOUND & ACTION: Rare German Hardrock And Heavy Metal, Vol. 2“ oder in NWOBHM-Archiven, sondern down under in Australien bei TARAMIS. Als eine der ersten echten Metalbands Australiens zwischen den üblichen Vorzeige-Rockern AC/DC und ROSE TATTOO unter dem Namen PROWLER 1882 gegründet, lässt der Bandname erahnen, wo die Vorbilder zu finden waren. In den Clubs Melbourne´s spielte man Coversongs von eben IRON MAIDEN und BLACK SABBATH. 1984 gab es das erste Demo „Blood & Honour“ mit eigenen Songs, der Bandname wurde zu TARAMIS.

TARAMIS – Doppelpack aus Australiens Metal-History

1987 folgte das Debüt „Queen Of Thieves“ beim Label des lokalen Plattenlade Metal For Melbourne. 1988 wurde die LP von Metal Blade lizensiert mit neuem Cover sowie in Europa von Roadrunner Records. Vor allem die Produktion konnte mit den Highlights der US- und UK-Bands nicht mithalten, statt verdientem Erfolg blieb nur ein Underground-Status. Besetzungswechsel, neues Album „Stretch Of The Imagination“ 1991, bei uns über Rising Sun, mit starkem Ruck Richtung Progressive Metal. Auch hier kam man kaum über einen Insider-Status hinaus. Auflösung, kleine Reunions, die zum Teil der Pandemie zum Opfer gefallen sind, die Alben sind kaum zu kriegen oder zu derben Preisen auf den entsprechenden Portalen. Das ändern nun Golden Core und bringen beide Alben inklusive dem Demo und weiteren Bonustracks als Doppelpack unter die Metalheads. Und das ist gut so!

Die Aufnahmen von TARAMIS kommen als zeitgemäße Neuauflage

„Queen Of Thieves“ zeigt sich geprägt von den Bands, die Anfang der 80er angesagt waren. Ganz vorne natürlich IRON MAIDEN, zumal auch Sänger Shane Southby großer Verehrer von BRUCE DICKINSON war. Mit dem Opener „Lord Of The Blackfields“ macht man gleich klar, dass hier echter Metal angesagt ist. Es klingt nach Leder, Nietenarmband, Luftgitarre und rebellischer Lebensweise. „Doesn’t Seem“ klingt wie MAIDEN trifft auf speedy ANGEL WITCH und bringt eine catchy Melodie mit. Immer wieder tauchen Verweise auf zu NWOBHM-Bands, so manchen Song hätte man sich auch auf einem „Metal For Muthas“-Sampler vorstellen können. Hier mal ein wenig TRESSPASS, dort ein wilder Ritt Richtung RAVEN, immer mal schöne epische Einbrüche. Die aber auch immer mal wieder an MAIDEN erinnern inklusive Hoppelbass. Wie bei „Without A Warning“, das wie hier und da auch wieder eine folkige irisch anmutende Melodie mitbringt.

TARAMIS waren geprägt von der NWOBHM

Was immer wieder fasziniert ist, wie oft TARAMIS an Bands des frühen US-Metal erinnern, die es teils noch gar nicht gab. Verspielte Gitarren wie bei LEATHERWOLF oder LIEGE LORD, Momente, die an früheste QUEENSRYCHE, CRIMSON GLORY oder FATES WARNING denken lassen. Dazu trägt auch der zumeist sehr hohe Gesang bei. So lassen sich der Titelsong oder auch das wütende „Wolves“ super abfeiern und es bleibt die Frage, warum TARAMIS (wie so viele andere Bands) nie den verdienten Erfolg eingefahren haben. So trägt uns die schöne Ballade „My Life“ aus dem Debüt, gefolgt vom Demo „Blood & Honour“. Hier ist noch nicht so viel aus dem Sound herauszuholen gewesen, es gibt echten Demo-Sound. Und auch hier fällt auf, wie sehr die Australier trotz aller Begeisterung für die NWOBHM schon nach US-Metal geklungen haben. Bei „The Awakening“ fallen einem zahlreiche Früh-Helden dazu ein. Aber nein, IRON MAIDEN vergessen sie trotzdem nicht. Geprägt sind die Anfangszeiten von TARAMIS vor allem vom starken, je nach Geschmack auch nervig hohen Gesang und der tollen Instrumentalarbeit. Vor Kollegen aus dem UK, der USA oder sonstwo brauchten sich die Australier nicht verstecken.

Vor internationalen Metal-Kollegen brauchten sich die Australier nicht verstecken

Das belegen sie noch mehr auf dem 1991er Album „Stretch Of The Imagination“. Nun mit Gitarrist George Larin (NOTHING SCARED, VULVAGUN) und Basser Evan Harris (BLACK MAJESTY, VULVAGUN) gibt es einen klaren Ruck weg vom NWOBHM-geprägten Epic Metal der frühen Tage. Man will zeigen, was man kann, und serviert nun eine klasse Ladung Progressive Metal. Schon der Opener „Dreaming“ lässt einen schauen, ob es die gleiche Band ist. Aber ja, vor allem die extrem hohen Vocals von Shane passen perfekt zum neuen Sound. FATES WARNING tauchen wieder auf, wenn es eher nicht so wild zugeht. Ein bisschen PSYCHOTIC WALTZ, oft muss ich auch an die tollen HADES denken. Hätten TARAMIS mit zwei Gitarren gearbeitet, es wäre sicher eine totale Abfahrt geworden. So aber ziehen die Herren Musiker alles raus, es wird wahlweise mit spinnigem Zusammenspiel gepunktet von Gitarre und Bass, oder Bass und Drums, oder alle wild aber koordiniert zusammen. Oder man zerlegt den Song komplett, jeder geht eigene Wege und irgendwo trifft man sich wieder, ganz großes Kino! Wenn sie Gas geben und voll abdrehen, dass klopft man schon an die Tür von WATCHTOWER.

„Stretch Of The Imagination“ macht einen fetten Ruck Richtung Progressive Metal

Vergessen sind die Wurzeln nicht, immer mal wieder tauchen mehr oder weniger dezent IRON MAIDEN wie bei „Lonely Star“ oder ein klassisches NWOBHM-Riff wie bei „ Another Tomorrow“ auf . Ein Knaller ist der instrumentale „Jigaboo Boogie“. Ein MAIDEN-Riff, funkige Spinnereien, cremige Jazz-Tunes, beswingtes Schunkeln und wilde Raserei laden ein zu einem echten Hörerlebnis, den Spaß der Musiker daran hört man durchgehend raus. Ein hoch unterhaltsames, durchaus forderndes Album, dass vor allem Freunde des US-Progressive Metal mit Thrash-Anleihen glücklich machen wird. Sofern die nicht zu verkopft sind und das vorhandene Augenzwinkern an manchen Stellen wohlwollend aufnehmen.

Als Bonus laden TARAMIS zum Moshpit ein

Die Bonus-Tracks der zweiten CD zeigen, dass die Band machte, wozu sie gerade Lust hatte oder auch, was gerade angesagt war, je nach Sichtweise. Man erkennt die Band von „Stretch Of The Imagination“ schnell wieder, aber TARAMIS wollten nun anscheinend ihren eigenen Moshpit vor der Bühne. Sie haben merklich viel EXODUS gehört und TESTAMENT inhalliert, deren typische Grooves kommen auf „ Changes“ deutlich durch. Auf „Never“ tanzen EXODUS mit ANTHRAX, es wird amtlich gemosht, der Grundsound der Australier bleibt aber erhalten. Beim abschließenden „Defying Imagery“ glaubt man, dass auch unsere deutschen Thrash-Helden down under gern gehört wurden.

Das Doppelpack „Queen Of Thieves“ / „Stretch Of The Imagination“ zeigt deutlich, welch starke Band TARAMIS waren

Das Doppelpack „Queen Of Thieves“ / „Stretch Of The Imagination“ zeigt deutlich, welch starke Band TARAMIS waren und dass sie vollkommen unberechtigt unter dem Radar der internationalen Metal-Szene geflogen sind. Starke Musiker mit starken Songs, die teilweise gar ihrer Zeit voraus waren. Alle vier hier vertretenen Veröffentlichungen zeigen die Australier, auch bedingt durch Besetzungswechsel, immer etwas anders. Das sorgt schon dafür, dass das Doppelpack nicht langweilig wird. Zudem wurde topaktuell von Szene-Freak Neudi alles neu remastered und kommt gut aus den Boxen, ohne dabei seinen ursprünglichen Oldschool-Charme zu verlieren. Wie bei Golden Core gibt es eine liebevolle Aufmachung, man kann das Cover nach Laune wechseln und im Booklet, das seinen Namen tatsächlich verdient, gibt es neben zahlreichen seltenen Bildern ein ausführliches Interview mit Sänger Shane Southby, welches Labelkopf Neudi mal für das Deaf Forever gemacht hatte.

Insgesamt kommt man als traditioneller Metalfan nicht vorbei an diesem gelungenen Package, wenn man eine total unterbewertete Band mit einem spannenden Mis aus NWOBHM, Power-, US- und Progressive Metal bis hin zum Thrash endlich kennen will – also irgendwie alle! Aktuell sind TARAMIS wieder aktiv. Da wäre es fast logisch, sie auch bei uns auf den entsprechenden Festivals spielen zu sehen.

Veröffentlicht am 03.06.2022

Spielzeit: 53:14 / 55:41 Min.

Lineup:
Shane (Joel) Southby – Vocals **/***
Dave Brown – Drums, Percussion **/***
Craig Robertson – Guitars **
Danny Komorr – Bass **
Don Jenkins – Keyboards **
Andy Alexander – Bass *
George Larin – Guitars ***
Evan Harris – Bass ***

* Demo 1988
** „Queen Of Thieves“
*** „Stretch Of The Imagination”

Label: Golden Core/ZYX

Mehr im Web: https://www.facebook.com/TaramisAustralianMetal

Die Tracklist der “Queen Of Thieves / Stretch Of The Imagination” Doppel-CD:

Queen Of Thieves (CD 1):
1. Lord Of The Blackfields
2. Doesn’t Seem
3. The Chosen
4. Path To Aquilonia
5. Queen Of Thieves
6. Without A Warning
7. Wolves
8. My Life
9. Maze Of Glory (Demo 1988)
10. Bloodsky (Demo 1988)
11. The Awakening (Demo 1988)
12. Lifeforce (Demo 1988)

Stretch Of The Imagination (CD 2):
1. Dreaming
2. Diceman
3. Maze Of Glory
4. Another Tomorrow
5. Behind These Eyes
6. Jigaboo Boogie
7. Lonely Star
8. Delayed Reaction
9. Changes (Bonus)
10. Never (Bonus)
11. Defying Imagery (Bonus)

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