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RANÂ: Richtfeuer

Ein Richtfeuer weist Schiffen auf See den Weg, lese ich auf Wikipedia. Komisch, denke ich, habe ich beim Hören von RANAs Debütalbum doch eher ans Richten im Sinne von „Hinrichten“ gedacht; es ergibt jedoch Sinn: „Richtfeuer“ ist nicht nur ein musikalisches Äquivalent zur Guillotine, sondern durchaus ein Leuchtfeuer in der Dunkelheit, etwas, an dem man sich ausrichten kann, wenn man anlässlich einer Welt (und einer Metal-Szene), die immer weiter nach rechts rückt, mal wieder verzweifeln möchte.

Dafür indes würde es schon ausreichen, der ganz normalen Demokratie aufs Maul zu schauen, auch der linken Szene, ach, eigentlich allen, die das herrschende Narrativ von Freiheit, Identität und Selbstverwirklichung über alles andere stellen – aber das nur am Rande, hier soll es ja um Musik gehen, mithin auch um Selbstverwirklichung; und man darf sich getrost darüber freuen, dass RANÂ das praktiziert haben, ist ihnen doch mit „Richtfeuer“ vom Fleck weg ein phänomenales Debüt gelungen, mit dessen Hilfe es denen, die noch wachen Verstandes und sehenden Auges sich durchs postmoderne Dickicht kämpfen, möglich sein sollte, ein paar Jahre weiterzumachen.

“Richtfeuer” bietet die ganze Bandbreite crustigen Black Metals

Dabei verstehen sich RANÂ als antifaschistisch, vergessen dabei aber nicht, gute Musik zu machen: „Läutern“ macht elf Minuten lang keine Gefangenen, ballert zwischen Black Metal und Crust so episch durch die Gegend, dass es nur so kracht, und die Stimme ist so herrlich kraftvoll und fies, dass der darin zum Ausdruck kommende Schmerz einfach echt sein muss. „Flamura“ holt dann TRAGEDY als Referenz raus und hat einen unfassbar geilen Schluss, der mir schon beim Gedanken daran regelmäßig die Nackenhaare hochstellt („…with banners torn!!“). Anschließend macht der Titeltrack das richtig, was auf der Debüt-EP “Armament” noch unvollständig war: Atmosphäre ja, aber mit hymnischer Melodie, die direkt süchtig macht. Was für ein herrlicher sonorer Gesang, perfekt eingebettet in die Musik, wie sowieso die ganze Produktion (Sunsetter Studios) schlichtweg perfekt ist – insbesondere das Schlagzeug ballert so hervorragend klar und deutlich alles weg (ohne dabei jedoch die Gitarren unterzubuttern), es ist eine helle Freude.

Weltschmerz, Wut und Atmosphäre

All das gebündelt und mit einem Schuss Doom versehen bieten dann nochmal die letzten beiden Tracks „Our Smouldering Grief“ und „Im Brand“, bei dem ich Brand kriege wie nichts Gutes, denn selten wurden Weltschmerz, Wut und Atmosphäre so gekonnt miteinander verschmolzen wie hier. Das ist besser als die neue DOWNFALL OF GAIA, es ist abwechslungsreicher, schöner, hässlicher und sogar besser produziert, und wer Fan ist von DÖDSRIT, darf ebenfalls sofort zuschlagen (bei breath.sun.bone.blood übrigens, einem Label, bei dem interessanterweise Yan Arexis von STILLE VOLK seine Finger mit im Spiel hat).

Ob bei all dem Lob noch Luft nach oben ist, wird die Zeit zeigen: Klar könnte man hier und da noch mehr Abwechslung einbauen, noch mehr Hymne, aber eigentlich ist das schon abwechslungsreich genug, und wie gesagt, Klang und Atmosphäre wird man besser nicht hinkriegen. Ich verstehe nur nicht, wieso die Textzeilen auf dem beiliegenden Blatt durch Kommata getrennt werden, aber ich muss ja auch nicht alles verstehen, sondern lediglich mit zerrissenen Bannern in den Krieg für das Wahre, Gute und Hässliche ziehen – und dafür jedenfalls bietet „Richtfeuer“ den perfekten Soundtrack!

Spielzeit: 44:56 Min.

Veröffentlichung am 16.6.2023 auf breath.sun.bone.blood

RANÂ – “Richtfeuer” – Tracklist

1. Läutern
2. Flamura
3. Richtfeuer
4. Our Smouldering Grief
5. Im Brand

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