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JOHNNY THE BOY: You

Justin Graeves mag’s mal wieder dreckig: JOHNNY THE BOY spielen auf ihrem Debüt „You“ einen räudigen Mix aus Sludge, Crust und Post Black Metal.

Über Sinn und Unsinn von Nebenprojekten kann man wunderbar und leidenschaftlich streiten – und sogar Wetten darüber abschließen, wer wann eines startet. Dass Workaholic und CRIPPLED BLACK PHOENIX-Boss Justin Graeves nun mit einem ebensolchem auftrumpft, ist nicht wirklich verwunderlich, den in ihm schlummert das Rock and Roll-Tier. Et voilà, das Trio JOHNNY THE BOY (mit dabei sind Belinda Kordic und Matt Crawford) spielt dreckige, hässliche Musik und beweisen, dass Graeves auch Jahrzehnte nach seiner Beteiligung bei IRON MONKEY nichts verlernt hat. Das Ergebnis daraus ist „You“, ein vierzigminütiges Bad im Dreck – und es macht deutlich mehr Spaß als erwartet.

Bei JOHNNY THE BOY beeindruckt vor allem Belinda Kordic: Auf „You“ kreischt, schreit und zischt sie mehr, als sie singt.

Denn da CRIPPLED BLACK PHOENIX seit einigen Alben in extrem starker Form sind und die Tatsache, dass der eher schwache Bonus Track „No Regrets“ von „Banefyre“ ein Vorgeschmack auf JOHNNY THE BOY ist, ließ die Vorfreude auf „You“ eher gering ausfallen. Die acht Stücke auf diesem Debütalbum sind aber deutlich besser als besagter Song und haben erheblich mehr zu bieten. „You“ ging Justin Graeves hörbar leicht von der Hand. Das Album klingt spontan, ist aber detailiert genug, um auch bei mehrmaligem Hören interessant zu bleiben. Und es zeigt neue Seiten von mindestens einem Bandmitglied. Belinda Kordic kreischt, schreit und zischt mehr, als sie singt. Das klingt teilweise bemüht, aber teilweise richtig geil – so als habe sie ihre Stimmbänder während dieser acht Songs förmlich zerrieben.

Obwohl die Musik relativ abwechslungsreich ist, wirkt „You“ nicht wie eine lose Ansammlung von Songs. „Grime“ klingt noch relativ vertraut, eben wie ein verzerrter CRIPPLED BLACK PHOENIX-Song, „He Moves“ schwankt dann schon zwischen Sludge und düsterer Psychedelia. Ein kleines Epos haben JOHNNY THE BOY mit dem achtminütigen „Crossings“ parat, das sich zwischendurch augenzwinkernd am Black Metal versucht. Auch schön sind „Druh“ und „Wired“: Die beiden Tracks liefern endlich die versprochenen Crust-Elemente und machen dabei eine wirklich gute Figur. Das abschließende, sich dramatisch steigernde „Without You“, das zwischen Heaviness und Zerbrechlichkeit schwankt und bittere Melancholie verströmt, ist dann das Highlight eines Albums, das fast nur starke Songs kennt – der fade Sludge-Stampfer „Endlessly Senseless“ bleibt die Ausnahme.

„You“ kennt kaum Ausfälle: Auch trotz des spontanen Charakters sind die Songs von JOHNNY THE BOY anständig ausgearbeitet.

Freunde von Graeves Hauptband, die es auch gerne härter mögen, bekommen mit „You“ eine Art Anti-CRIPPLED BLACK PHOENIX zu hören. Die Handschrift des Songschreibers ist deutlich zu hören, aber auf andere Art und Weise. JOHNNY THE BOY wirken auf ihrem Debüt größtenteils frisch und unverbraucht und machen Spaß, auch wenn das Album bisweilen düster und räudig ausgefallen ist. Spontaneität und Wall Of Sound müssen sich nicht gegenseitig ausschließen, Hässlichkeit und gutes Songwriting auch nicht. „You“ hat viel zu bieten, gerade für ein Nebenprojekt. Das Album steht vielleicht nicht gleichberechtigt neben den letzten Alben von CRIPPLED BLACK PHOENIX, aber verstecken braucht es sich beileibe nicht. Reinhören ist absolut empfohlen – nicht nur für CRIPPLED BLACK PHOENIX-Fans.

Wertung: 6 von 8 Nebenjobs

VÖ: 9. Juni 2023

Spielzeit: 41:17

Line-Up:
Justin Graeves
Belinda Kordic
Matt Crawford

Label: Season Of Mist

JOHNNY THE BOY „You“ Tracklist:

1. Die Already
2. Grime
3. He Moves
4. Endlessly Senseless (Official Visualizer bei Youtube)
5. Crossings (Official Video bei Youtube)
6. Druh (Official Visualizer bei Youtube)
7. Wired
8. Without You

Mehr im Netz:

https://johnnytheboyuk.bandcamp.com/
https://www.facebook.com/JTB444UVO/
https://www.instagram.com/johnny_the_boy/

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