DISSECTION: Maha Kali

Mit "Maha Kali" werfen DISSECTION sämtliche Errungenschaften über Bord und verzichten gewollt auf urtypische Merkmale, wie brachiales Schlagzeuggewitter, rasende Schwarzmetall-Riffs und eisige Atmosphäre – die Konsequenz ist ein emotions- und anspruchsloser Schunkelsong, der zu keiner Sekunde der Genialität und Härte der Frühwerke gerecht wird.

Vor knapp zwei Jahren erschien DISSECTIONs formidables Live-Album Live Legacy und unser Captain warf gegen Ende des Reviews die rethorische Frage auf, ob man denn auch im Gefängnis ein neues Album aufnehmen könnte – nun, im Falle Jon Nödtveidt, seines Zeichens Bandkopf, Sprachrohr und Hauptsongwriter der schwedischen Black-/Death-Helden, scheint es tatsächlich funktioniert zu haben: Erst seit September 2004 nicht mehr hinter schwedischen Gardinen (welches Wortspiel bietet sich an dieser Stelle besser an?) befindlich, meldet sich der Frontmann bereits in diesen Tagen mit Maha Kali, einem kurzen, wenn auch in gewisser Weise aussagekräftigem Lebenszeichen zurück. Ich möchte an dieser Stelle gar nicht auf die Hintergründe eingehen, wieso und wie lange sich Nödtveidt während der Zwangspause in der Haftanstalt befand – hier dürfte sich ja jeder Metalhead in den letzten Jahren ein gefestigtes Bild gemacht haben. Jedenfalls wurde die sogenannte Rebirth Of DISSECTION im Vorfeld von vielen Fans im Vorfeld als Ereignis des Jahres gehandelt.

Da das alte Line-Up vollständig auseinandergebrochen ist, hat sich Nödtveidt für die neue Platte binnen kurzer Zeit einige renommierte Musiker ins Boot geholt, namentlich den Gitarrero Set Teitan (Ex-ABORYM), Drummer Tomas Asklund (DARK FUNERAL, INFERNAL) und Brice Leclercq (NIGHTRAGE) am Bass, welche die bereits im Hall Prison eingespielten Gitarren- und Gesangsspuren im Monolith-Studio in Schweden ergänzten, um den 2-Tracker Maha Kali salongfähig zu machen. Neben dem Titeltrack als neue Komposition gibt es ebenso eine neu aufgenommene Version des Storm Of The Light´s Bane-Klassikers Unhallowed zu hören, die zwar leider zu keinem Zeitpunkt die atmosphärische Kälte des Originals erreichen will, trotzdem aber aufzeigt, dass das neue Line-Up zumindest in der Lage ist, die großartigen Songs gebührend umzusetzen, welche DISSECTION Mitte der Neunziger fast schon Götterstatus verschafften.

Aus der Sicht vieler Fans immer noch nicht wieder aus dem Olymp hinabgestiegen, zollen die Musiker mit dem neuen Song Maha Kali einer bekannten Kollegin, der hinduistischen Göttin der Zerstörung, Tribut. Hier wird sich das Lager der DISSECTION-Jünger allerdings gewiss spalten: Eine Kombination aus einem einprägsamen Midtempo-Riff und einem simplen Drumbeat, die zunächst als ein nettes Intro erscheint, erstreckt sich nämlich fast über den gesamten Song und man fragt sich immer wieder, ob man denn nun auch die richtige CD eingelegt hat. Hätte man nicht eigentlich damit rechnen können, dass Herr Nödtveidt in den Jahren hinter Schloss und Riegel noch einmal eine gehörige Portion Aggression sammelt und diese in die neuen Songs verpackt? Die Band klingt bei diesem Stück jedenfalls moderat, melodisch, ja sogar fröhlich wie nie zuvor, was ja zunächst nicht besonders verwerflich ist, allerdings mit den vergangenen Werken der Combo rein gar nichts zu tun hat – man vergleiche einfach nur die beiden Tracks auf der MCD miteinander! Es steht einfach in keinem Verhältnis, wie gehaltvoll die früheren Werke im Vergleich zum monotonen, emotionslosen und – so leid es mir tut – unausgegorenen Song daher kommen. Klar, ich gebe gut und gerne zu, dass ich mich ab und an schon mal dabei erwische, zu den sofort ins Ohr gehenden Rhythmen ein wenig mitzuschunkeln, dennoch kann und will ich einfach nicht anerkennen, dass dieser Song aus der Feder eines Mannes stammt, der mit Where Dead Angels Lie oder auch Frozen ewige Klassiker des melodischen Death-Metals geschrieben hat. Auch wenn sich so etwas immer etwas abgedroschen anhört: Stünde auf diesem Album der Name einer anderen, oder besser bis dato unbekannten Band, so würde dieses Review wesentlich positiver ausfallen, auch wenn ich der Combo in jedem Falle einen Mangel an Eigenständigkeit vorwerfen würde. Auch der gesprochene Mittelteil und der einsetzende Frauengesang kann meine Meinung nicht positiv umstimmen, es dominiert eben einfach die (wohl nicht nur bei mir) starke Enttäuschung der Erwartungen, die sich mit der Ankündigung dieser CD einstellten.

Mit Maha Kali werfen DISSECTION also sämtliche Errungenschaften über Bord und verzichten gewollt auf urtypische Merkmale, wie brachiales Schlagzeuggewitter, rasende Schwarzmetall-Riffs und eisige Atmosphäre – die Konsequenz ist ein emotions- und anspruchsloser Schunkelsong, der zu keiner Sekunde der Genialität und Härte der Frühwerke gerecht wird. Es bleibt eigentlich nur zu hoffen, dass Herr Nödtveidt sich beim Songwriting für das angekündigte Full Length-Album wieder auf seine Stärken besinnt, ansonsten sehe ich für DISSECTION wirklich schwarz!

Veröffentlichungstermin: 15.11.2004

Spielzeit: 12:09 Min.

Line-Up:
Jon Nödtveidt – vocals, guitars

Set Teitan – guitars

Brice Leclercq – bass

Tomas Asklund – drums

Produziert von Lech Chudon & Tomas Asklund
Label: Escapi

Homepage: http://www.dissection.nu

Tracklist:
01. Maha Kali

02. Unhallowed (Rebirth Version)

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