DIORAMA: The Art of Creating Confused Spirits

Ein grandioses Werk, dem lediglich in meiner Wahrnehmung der letzte Rest Genialität fehlt, welcher es zu einem zeitlosen Klassiker gemacht hätte.

Waren DIORAMA auf ihrem hörenswerten Debüt „Pale“ noch stark am großen Vorbild DIARY OF DREAMS orientiert – Sänger und Mastermind Torben trat dort ja auch bereits als zweiter Sänger neben Adrian Hates live in Erscheinung, unvergessen der grandiose Auftritt auf dem ansonsten so chaotischen Wave/Gotiktreffen 2000 – so konnte die Band auf ihrem Zweitling „Her Liquid Arms“ sich vom großen Bruder lösen und langsam aber sicher ein eigenes Gesicht herausarbeiten. Diese Entwicklung hat sich auf „The Art of Creating Confused Spirits“ fortgesetzt. Immer noch sind DIORAMA zweifelsohne einer der herausragendsten Acts im Darkwave-/Elektrobereich. Die meditative, nahe gehende Stimmung, die allen Songs innewohnt, seien es mit harten Beats unterlegte Tracks wie „Velocity“, typische DIORAMA-Songs wie „Howland Road“ oder ruhigeres Material wie „Kiss of Knowledge“, ist nach wie vor das größte Markenzeichen von DIORAMA. Hinzu kommt die melancholische, prägnante Stimme von Torben, der auf dem neuen Album seinem Klangspektrum weitere Facetten hinzufügen konnte. Und so wird „The Art…“ zu einem weiteren klanglichen Monument gegen Oberflächlichkeit und musikalisches Fastfood. Immer wieder eröffnen sich epische Momente dem Hörer, einem Sonnenstrahl, der die dichte Wolkendecke durchbricht, gleich; immer wieder ertappt man sich dabei, wie man alles Tagwerk stehen und liegen lässt, um Torben und seinen Mitstreitern zu lauschen. Und doch will sich die ganz große Begeisterung anders als bei den beiden Vorgängeralben nicht einstellen. Woran das liegt, ist nicht so leicht herauszufinden. Auch nach etlichen Hördurchgängen fällt es schwer, Schwächen auszumachen, und doch fehlt da im Innern die Euphorie, die „Pale“ und „Her Liquid Arms“ ausgelöst hatten. Vielleicht ist die Frequenz der unwiderstehlichen Hooklines nicht mehr ganz so hoch? Vielleicht sind die Emotionen musikalisch nicht mehr so kompromisslos verpackt? Vielleicht ist die durchaus beabsichtigte Tristesse ein Stück weit weniger Stilmittel geworden und mehr unfreiwillige Wirkung auf den Hörer? So recht überzeugen will mich keiner meiner Erklärungsansätze. Vermutlich liegt der Eindruck schlichtweg im persönlichen Empfinden und der subjektiven Wahrnehmung begründet. Und so sollen diese Überlegungen keinen Interessenten abschrecken, da „The Art…“ trotzdem ein faszinierendes, vielschichtiges und ergreifendes Stück Kunst geworden ist, bei dem sich die Parallelen zu DIARY OF DREAMS weitgehendst auf den konsequenten Verzicht auf Kitsch und lahmes Pathos sowie auf die musikalische Ausrichtung beschränken, während die Umsetzung äußerst eigenständig vorgenommen wurde. Ein grandioses Werk also, dem lediglich in meiner Wahrnehmung der letzte Rest Genialität fehlt, welcher es zu einem zeitlosen Klassiker gemacht hätte. „Forgotten“, bei dem auch wieder ein ähnlich wunderbar passendes Hörspielsample wie Poes „The Tell-Tale Heart“ auf „Her Liquid Arms“ integriert wurde, ist der Hinweis auf diesen letzten Schritt in Richtung Vollendung, für den man DIORAMA als junger Band durchaus auch noch Zeit zugestehen sollte.

Veröffentlichungstermin: 18.10.2002

Spielzeit: 65:41 Min.

Produziert von DIORAMA
Label: Accession Records/EFA

Homepage: http://www.diorama-music.com

Tracklist:
Velocity

Last Minute

Kiss of Knowledge

Howland Road

Staring

All that Matters

Brainwashed

Home to Millions

Forgotten

A Few Days off

Klarheit

Pain Management (Quick Relief)

The Convenience of Being Absent

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