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DEATH ANGEL, MERCENARY, DEMOLITION und EXTREMA am 19. April 2008 im Turock, Essen

Bay Area Thrash meets Ruhrpott Pt. 2

EXODUS haben gestern vorgelegt, nun ist es an DEATH ANGEL nachzuziehen. Meine Karte für das heutige Konzert habe ich mir gestern noch für den äußerst günstigen Preis von sechzehn Euro gesichert. Für dieses Bandpaket ein mehr als fairer Kurs. Dementsprechend ist es auch heute noch ganz schön voll im Turock. An der Abendkasse gibt es zwar noch Restkarten und bei der ersten Band ist noch nicht so viel los, aber ich tippe mal, dass das Turock letztendlich – wie schon gestern bei EXODUS – ausverkauft ist. Auch die Shirts sind mit fünfzehn Euro noch verhältnismäßig günstig. Gerade bei amerikanischen Bands sind zwanzig Euro ja inzwischen auf Tour eigentlich lange Standard.

EXTREMA
Solider Opener – EXTREMA

Als erstes dürfen an diesem Abend die Mailänder EXTREMA auf die Bühne. Diese spielen erst mal Death Thrash der brachialeren Sorte und machen schon ordentlich Alarm auf der Bühne. Der Sänger begrüßt das Publikum dann mit den Worten Hello Essen, home of KREATOR und Peace On Earth brothers. So sieht´s aus! Für Jump, jump, jump ist es dann allerdings doch das falsche Publikum, abgesehen davon, dass die vorderen Reihen eh noch ziemlich licht sind. Ihren Sound lockern die Italiener noch mit etwas Nu Metal-Groove auf und das Bass-Intro zu einem Song erinnert gar an die RED HOT CHILI PEPPERS. Auch optisch gibt die Band eine bunte Mischung ab. Während Gitarrist und Sänger noch am ehesten als Metaller durchgehen, sieht der Basser eher nach Punk aus und der Drummer hat scheinbar einen Endorsement-Deal für Klamotten von Etnies. Nach dreißig Minuten ist der Spaß auch schon vorbei und EXTREMA verabschieden sich mit einem etwas überzogenem We are EXTREMA, we´ll never forget you.

Mit DEMOLITION geht es geographisch ein kleines Stückchen weiter in den Norden, nach Österreich um genau zu sein. Diese basteln erst mal eine halbe Ewigkeit am Monitor-Sound herum, bis es dann gegen Viertel nach Acht los geht. Auch hier wird Death Thrash geboten, diesmal aber erfreulicherweise ohne modernen Schnickschnack, sondern schön direkt auf die Fresse. Nennt mich engstirnig, aber ich kann mit diesem ganzen Baggy Pants-Metal halt wenig anfangen. Das sieht der Rest im Turock wohl ähnlich, denn es ist inzwischen deutlich voller. Vielleicht sind auch die ganzen Thraher von gestern jetzt erst aus dem Alkohol-Koma aufgewacht. Wer weiß das schon. Mit ihren intensiven Thrash-Brett erinnern mich DEMOLITION am ehesten an DEW SCENTED, nur dass deren Frontmann sich etwas mehr bewegt als Wolf Süssenbeck von DEMOLITION, der ein bisschen was von einer Litfass-Säule hat. Ansonsten gibt es allerdings nix am Auftritt der Ösis auszusetzen, insbesondere Third Of Nine und der Rausschmeißer Holy Hostage sorgen für ordentlich Druck.

MERCENARY
Nach zwei Songs war der Kopf schon wieder knallrot – Mikkel Sandager

Und weiter geht es mit der nächsten Band, wieder ein Stück weiter gen Norden. Die Dänen MERCENARY waren ja letztens schon auf Tour mit MEGADETH, wo sie nach Zeugenaussagen mehr als deplatziert wirkten. Hier kommt mir das erst mal auch nicht anders vor – so richtig passen die hier nicht ins Billing. Aber spätestens seit dem letzten Interview im ROCK HARD mit der Band wissen wir ja, dass Metal eben nicht nur Musik für langhaarige Freaks ist. Na ja, gegen kurz nach neuen legen die dänischen Posterboys los, worüber sich besonders die Mädels im Publikum freuen. Aber auch so ist es inzwischen richtig voll vor der Bühne, da ist sicherlich der eine oder andere extra für MERCENARY gekommen an diesem Abend. Sänger Mikkel Sandager hat wie üblich schon nach zwei Songs einen hochroten Schädel, der Kerl muss sich beim Schreien echt dringend mal locker machen, sonst platzt ihm irgendwann der Kürbis und irgendein armer Roadie muss die Sauerei weg machen. Aber genug des Spotts, denn auch wenn MERCENARY inzwischen scheinbar den selben Pfad beschreiten auf dem auch schon IN FLAMES und SOILWORK verloren gegangen sind, ist dieser Auftritt vielleicht sogar der beste, den ich bisher von der Band gesehen habe. Die Jungs sind live inzwischen ganz schön routiniert und können echte Hits schreiben, das muss man der Truppe lassen. Auch wenn ich lediglich Everblack und Eleven Dreams mein Eigen nenne und danach schlicht das Interesse an der Band verloren habe, reißt mich der Auftritt ebenfalls mit und das, obwohl es mit Eleven Dreams als Rausschmeißer lediglich einen Song dieser Alben gibt. Dann ist da noch My Secret Window vom The Hours That Remain-Album, ansonsten gibt es nur neue Songs zu hören. Und die funktionierten live prächtig, so dass es am Ende des Konzertes laute Zugaben-Rufe gibt.

DEATH
Live eine Urgewalt – DEATH ANGEL

Jetzt ist es schon zehn Uhr und normalerweise ist am Wochende im Turock bei Konzerten gegen elf oder halb zwölf Schluss, weil danach noch Disco ist. Trotzdem lassen sich DEATH ANGEL Zeit und kommen erst gegen kurz vor halb Elf auf die Bühne. Ich rechne schon mit dem schlimmsten, auch wenn die Setlist mit achtzehn Songs mehr als gut bestückt ist. Diese Gedanken sind allerdings mit den ersten Takten des Openers Lord Of Hate wie weg gewischt denn das Turock verwandelt sich unverzüglich in ein Tollhaus. Mit dem folgenden Evil Priest steigt die Stimmung weiter. Mein Gott, diese Band ist live einfach eine Urgewalt. Da machte es auch kaum etwas aus, dass DEATH ANGEL die Mitte ihrer Diskographie heute ziemlich stiefmütterlich behandeln und Frolic Through The Park sowie das Meisterstück Act III mit nur jeweils einem Song in Form von 3rd Floor beziehungsweise Seemingly Endless Time berücksichtigen. Ansonsten gibt es viel vom herausragenden Debüt The Ultra Violence und noch mehr von der neuen Scheibe Killing Season. Nach dem Auftritt auf dem ROCK HARD FESTIVAL habe ich ja schon geahnt, was hier heute abgehen würde aber hier, in einem kleinen Club, legen DEATH ANGEL noch einmal ein paar Schippen drauf, halten das unglaublich hohe Energielevel über die komplette Spielzeit von 115 Minuten. Ja richtig, der übliche Curfew wird heute mal ignoriert und DEATH ANGEL bieten die absolute Vollbedienung. In dieser Form sind die San Francisco-Thrasher schlicht und ergreifend das beste was man live bekommen kann. Keine Band hat live diese Power, keine Band ist auf der Bühne so agil. Und Songperlen wie Voracious Souls, Mistress Of Pain oder Seemingly Endless Time hat sonst auch kaum einer in der Hinterhand. Klar, der eine oder andere Song von Act III oder das immer wieder gern gehörte Bored wären heute auch noch schön gewesen, aber das fällt mir erst nach der Show ein. Denn während des Konzertes war an solche Nebensächlickeiten nicht zu denken, zu geil war das, was einem auf der Bühne geboten wurde, während die Stagediver von vorne und die Crowdsurfer von hinten kamen. Dem einen oder anderen wurde das schon zu viel, was in übermäßig aggressivem Verhalten gegenüber Crowdsurfern resultierte. Sorry, aber so was ist einfach arm und unnötig, wenn es mir vorne zu hart wird, geh ich halt nach hinten, anstatt mit grimmigem Blick in der ersten Reihe zu stehen und nach Leuten zu schlagen, die mir entgegen geflogen kommen. Man sollte halt wissen, worauf man sich einlässt, wenn man auf ein Thrash-Konzert geht.

Beendet wird das Konzert mit einer langgezogenen Version des Band-Klassikers Kill As One sowie Thrown To the Wolves vom The Art Of Dying-Album. Dann ist es zehn nach zwölf, Feierabend, aus und vorbei – das potentielle Konzert des Jahres ist gelaufen. Ganz ehrlich, dieses Jahr werde ich voraussichtlich noch IRON MAIDEN, KISS, AT THE GATES, FORBIDDEN und einige andere Hochkaräter sehen aber ich weiß echt nicht, wer an den heutigen Auftritt noch dran kommen soll. Das schaffen höchstens DEATH ANGEL selbst, wenn sie beim nächsten Mal die Setlist wieder etwas besser ausbalancieren. Als einziger, winzig kleiner Kritikpunkt sei hier mal der Sound erwähnt, der nicht immer optimal war. Das Bay Area-Wochenende in Essen war also eine geile Sache. Bald ist ROCK HARD FESTIVAL mit EXODUS und TESTAMENT und im Juni kommen FORBIDDEN ins Turock, die Thrash-Sause im Pott hat also gerade erst angefangen.

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