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VADER: Globetrotter für Generationen

So dumm dieser Spruch auch ist, aber manchmal sind alle guten Dinge eben doch drei. Nachdem sowohl Sänger Peter als auch ein Jahr später Gitarrero Mauser einen akribisch vorbereiteten Pohl versetzt haben, bot sich nun tatsächlich die Gelegenheit, mit dem VADER-Fronter über das aktuelle Album „XXV“ zu philosophieren, die noch immer zweifelhafte Rolle der Band in ihrem Heimatland zu thematisieren und einen Blick hinter die Kulissen im VADERschen Bandgefüge zu werfen…

 

So dumm dieser Spruch auch ist, aber manchmal sind alle guten Dinge eben doch drei. Nachdem sowohl Sänger Peter als auch ein Jahr später Gitarrero Mauser einen akribisch vorbereiteten Pohl versetzt haben, bot sich nun pünktlich zum 25-jährigen Bandjubiläum tatsächlich die Gelegenheit, mit dem VADER-Fronter über das aktuelle Album XXV zu philosophieren, die noch immer zweifelhafte Rolle der Band in ihrem Heimatland zu thematisieren und einen Blick hinter die Kulissen im VADERschen Bandgefüge zu werfen…

Hallo, Peter. Wo hältst du dich gerade auf?

Ich versuche gerade mal ein bisschen auszuspannen, bevor wir unsere Tour in den Staaten spielen. In wenigen Tagen geht es ja bereits los.

Ich habe gerade erst heute völlig überrascht gelesen, dass Basser Novy euch den Rücken gekehrt hat…

Ja, für uns kam das ebenfalls total unerwartet, was sollen wir sagen? Die Situation ist natürlich ziemlich prekär, schließlich hat er uns unmittelbar vor der bevorstehenden US-Tour verlassen, keine besonders schöne Sache. Ich möchte jetzt nichts Falsches sagen, schließlich haben wir so viele gemeinsamen Jahre mit VADER verbracht, aber diese Geschichte war definitiv alles andere als gelungen. Aber jetzt steht es nunmal fest, er war ein Teil der Geschichte unserer Band und nun halten wir Ausschau nach einem Nachfolger.

Bandfoto
Alles andere als gelungen: Kurz vor der US-Tour hat Basser Novy das VADER-Camp verlassen

Momentan habt ihr ja nur einen temporären Ersatz verpflichten können…

Ganz genau. Für die nächsten Monate wird uns ein Session-Bassist-  genau genommen Ex-DECAPITATED-Basser Martin – aushelfen, für unsere Anniversary-Show Ende August in Warschau (u.a. mit SAMAEL, ENTOMBED, NILE, GRAVE und DISMEMBER – Anm. d. Verf.) wollen wir aber nach Möglichkeit bereits einen Nachfolger am Start haben…

Der große Bandgeburtstag Ende August – kannst du uns ein paar Details über den Ablauf der Show geben, ihr habt ja ein enormes Aufgebot an Bands aufgefahren…wie genau kann man sich das vorstellen?

Wir wollen von Anfang an eine ganz besondere Show auf die Beine stellen, einen besonderen Tag für alle Besucher – unsere Fans. Daher haben wir viele Bands gefragt, ob sie Teil dieser Party sein wollen. Es wird nicht wie eine reguläre Show ablaufen – alle Bands sind ja im Grunde gleich gut. Wir sehen uns an diesem Abend also nicht unbedingt Headliner, eher als Geburtstagskinder. Wir spielen lediglich aus technischen Gründen als letzte Band, weil die Show aufgezeichnet wird. Es ist wirklich sehr schön, dass diese großartigen Bands unserer Einladung gefolgt sind, deshalb rechnen wir mit einem besonderen Event für uns und insbesondere natürlich für unsere Fans! Ich kann mir auch noch nicht vorstellen, wie das werden soll, wenn so viele Musiker im Backstage-Bereich herumsitzen, aber ganz ehrlich? Wir sind Metalheads, wir können damit umgehen – gleiche Bands, gleiche Fans, verstehst du?

Na, das klingt doch vielversprechend. Vor einigen Jahren las ich noch, dass ihr als Band bei euch in Polen einen wesentlich schlechteren Stand habt und es auch schwerer ist, Konzerte zu spielen. Du hast das damals auf die Regierung und die vielen Vorurteile zurückgeführt, die bei euch in der Heimat noch stark ausgeprägt zu sein scheinen…

Ja, und ich denke, dass sich seitdem auch nicht viel daran geändert hat. Wir haben immer noch große Schwierigkeiten, das fängt bereits bei der Suche nach geeigneten Locations an. Nur wenige Clubs sind wirklich dafür bereit, eine Metalband in ihr Programm aufzunehmen. Und selbstverständlich gibt einige wirklich dumme Poliker, die hier immer noch ihr Unwesen treiben. Sie versuchen, Metalheads und Fans als Satanisten hinzustellen – ziemlich miese Unterstellungen eben. Wir bauen aber darauf, dass unsere Landsmänner intelligent genug sind, diesen Kram nicht wirklich Ernst zu nehmen, sondern einfach nur als das anzusehen, was es ist: Erfundene Geschichten mit rein populistischer Absicht. Wir leben in einem freien Land, sind eine Demokratie und Teil der Europäischen Union – wir können mit so etwas umgehen. Musik etwas zu unterstellen, einfach nur, weil ich sie nicht gut genug kenne, ist nicht mehr als Dummheit.

Ist es für euch vielleicht gerade aus diesen Gründen eine ganz besondere Motivation, die Anniversary-Show bei euch in der Heimat, noch dazu in der Hauptstadt Warschau zu spielen?

Wenn die Politik etwas dagegen unternehmen würde, dann würden sie jetzt damit anfangen. Sie würden Gründe suchen, die Show abzusagen. Ich hoffe einfach mal, dass unser Ruf gut genug ist, dass wir öffentlich nicht wegen irgendetwas beschuldigt werden.

Lass uns mal über das neue Album sprechen. Ich denke, dass vielen Klassikersongs jetzt in einem völlig neuen Zusammenhang stehen. Das hört sich teilweise wirklich wie aus einem Guss an und manchmal fällt es schwer zu glauben, dass sie zeitlich teilweise 20 Jahre auseinanderliegen…

Die Idee dahinter ist, dass wir die frühen VADER, unsere Anfänge und ersten Erfolge, auch den Fans präsentieren möchten, die erst mit den neueren Veröffentlichungen zu uns gestoßen sind. Es ist natürlich auch stückweit Death Metal-Historie und auch die Geschichte der polnischen Metal-Szene. Als wir anfingen, gehörten wir zu denjenigen, die den extremen Underground in Polen erschaffen haben. Und auf der anderen Seite sind die neu aufgelegten Songs natürlich ein Geschenk für die Fans, die uns von Anfang an gefolgt sind. Das Album ist genau als solches gemeint und gleich an mehrere Generationen gerichtet.

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Das Artwork von XXV wurde wieder von Jacek Wiśniewski entworfen

Wie seht ihr denn selbst die musikalische Entwicklung der Stücke an? Auf vorliegender CD könnte ein Klassiker wie Chaos fast problemlos mit einem neuren Song wie Epitaph verglichen werden…

Für uns ist es sehr schwer, über Entwicklungen zu sprechen, weil es auch gar nicht unsere Aufgabe ist, darüber zu entscheiden. Wir können nur sagen, dass unsere musikalischen Fähigkeiten mit den Jahren immer weiter zugenommen haben und sich natürlich auch die technischen Voraussetzungen stets gebessert haben. Die Möglichkeiten sind heute natürlich wesentlich besser, als dies früher der Fall war. Von der weniger oberfllächlichen Seite her gesehen stehen die Songs für unsere ganz eigene Geschichte, unsere Emotionen und unsere damaligen Erfahrungen – besonders zwischen den Zeilen. Natürlich fällt es jetzt mit einer einheitlichen Produktion wesentlich leichter, die Songs miteinander zu vergleichen, das ist schon richtig. Mit dem neuen Sound wollten wir dennoch nichts als unsere eigentliche Intention verkörpern, die immer noch die gleiche wie in den Anfangstagen ist.

Als ich die CD zum ersten Mal gehört habe, war ich besonders interessiert, wie sich Klassiker wie Vicious Circle oder Crucified One im neuen Soundgewand anhören würden. Überrascht war ich dann aber am meisten von der neuen Version von Dark Transmission, die tatsächlich wesentlich darker ist, als das furztrockene, dennoch extrem groovige Original. Wie kam es dazu?

Zuerst wollen wir gar keine Songs der Alben nach Litany auf der CD haben. Aber zumindest jeweils ein Stück von Revelations und The Beast haben wir dann noch aufgenommen. Für beide Songs gibt es ja bereits einen Videoclip. Die Idee dahinter ist einfach nur, dass wir die einflussreichsten VADER-Songs auf der CD miteinander in Verbindung setzen wollten. Für die Neuauflage von Dark Transmission gibt es keinen speziellen Grund. Wir haben Samples integriert, um eine neue Atmosphäre zu schaffen, die Gitarren klingen nicht so fett wie auf der Originalversion, sondern agieren eher im Hintergrund. Es ist nicht mehr als eine kleine Überraschung. Für uns ist es wichtig, dass ein Song von The Beast auf der CD ist, weil der Song als einer der letzten noch mit unserem (mittlerweile verstorbenen – Anm. d. Verf.) Drummer Doc enstanden ist, beziehungsweise eben als einer der ersten mit unserem neuen Drummer Daray aufgenommen wurde.

Danach ging es ja dann erst einmal mit The Art of War weiter. In gewisser Weise war die EP ja ein kleines Experiment…

Im Grunde haben wir aber nur mit der Aufmachung und dem Videoclip zu This is the War experimtiert. Daher war die Atmosphäre sicherlich eher futuristisch als wie sonst eher im mittelalterlichen, mythologischen Topos.

Die Reaktionen waren ja damals ziemlich unterschiedlich. Es war bis dato auch das einzige Albumcover, das nicht von Jacek Wiśniewski entworfen wurde, richtig?

Das ist korrekt. Wir hatten einfach die Idee, den Kreis unserer Geschichte mit einem Touch von Zukunftsatmosphäre zu vervollständigen. Aber wenn man sich die einzelnen Songs der Scheibe anhört und auch die Lyrics, findet man im Grunde keine großartigen Unterschiede. Aber wie du schon gesagt hast: Manches ist in einer bestimmten Weise anders, besonders im Vergleich zu den ersten Veröffentlichungen von VADER.

Was habt ihr denn nach XXV geplant? Kommt eine EP oder können wir schon wieder mit einem Full-Length-Album rechnen?

Wir konzentrieren uns wieder auf ein vollwertiges Album. Der einzige Unterschied wird dieses Mal sein, dass wir zunächst eine Vorproduktion aufnehmen werden, eine Art Demo, bevor wir dann tatsächlich ins Studio gehen werden. Diese Eigenproduktion weden wir bereits Ende des Jahres vornehmen, vier Monate später geht es dann zur finalen Aufnahme. So können wir später noch weiter an den Songs feilen, die Lieder nochmal von einer ganz anderen Seite betrachten, als wären sie schon aufgenommen worden.

Wie kommt ihr zu dieser neuen Herangehensweise? Das klingt fast so, als hättet ihr jüngst Negativerfahrungen mit euren Studioaufenthalten gemacht?

Nein. Wir probieren das auch deshalb, weil wir einmal mit einem neuen Produzenten aufnehmen möchten und dabei ist eine Vorprodukton immens wichtig. Wer weiß, wer unsere nächste CD aufnehmen wird – wir gehen davon aus, dass uns diese Herangehensweise einen neuen Push, einen neuen Sound geben wird. Es ist aber noch viel zu früh, darüber Worte zu verlieren, zumindest ist das schon einmal unser Plan.

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Die Welt ist groß genug, um sie zwei Jahre lang zu betouren, bis die nächste Platte kommt! – Wenn VADER nicht gerade im Studio sind, sind sie auf Tournee…

Und bis dahin tourt ihr erst einmal durch die Welt – USA und Skandinavien stehen ja noch auf dem Programm…

Richtig. Ende Juli haben wir zwischen diesen beiden Touren erst einmal eine Pause und können uns darauf konzentrieren, neue Songs zu schreiben. Einen großen Teil der Lyrics habe ich im Übrigen schon geschrieben, daher kann ich schon sagen, dass das neue Album atmoshärisch wieder sehr an die frühen VADER angelehnt sein wird. Dieses Mal geht es vor allem um den Tod, was anhand unseres vorläufigen Titels Necropolis ja auch naheliegend ist. Man darf gespannt sein…

Dann wünsche ich zunächst viel Erfolg bei eurem monströsen Tourprogramm. Ich kenne VADER nun seit etwa sieben Jahren und schon immer wart ihr eine Band, die ununterbrochen unterwegs ist. Schon auf eurer Homepage wird man regelmäßig von euren ellenlangen Tourkalendern erschlagen…werdet ihr eigentlich gar nicht mal müde?

Nun, das Ganze ist eben auch unser Job: Wenn wir nicht aufnehmen, dann touren wir. Darum geht es im Grunde, wenn man in einer Metalband spielt – Live-Shows zu spielen. Wenn man den Metal verstehen möchte, muss man die Band live sehen. Das ist der Grund, weshalb es uns gibt. Als wir angefangen haben, war das alles natürlich erstmal ein wahrgewordener Traum, jetzt sind wir einfach mit unserer Situation bestens vertraut, wir haben einige schwere Entscheidungen zu treffen und konzentrieren uns auf unser Aufgabenfeld. Die Welt ist groß genug, um sie zwei Jahre lang zu betouren, bis die nächste Platte kommt…

Grundsatzfragen werden also gar nicht gestellt?

Ich möchte damit nicht sagen, dass es ein einfaches Leben ist, ein Mitglied von VADER zu sein. Musiker im Metalbereich zu sein, heißt auch, sich selbst und viele Stunden für sich und die Familie zu opfern. Aber für uns ist es das einfach auch wert. Wir finden dieses Leben interessant, wenn auch nicht problemlos. Es ist eben das, was wir wollten!

Um zur eigentlichen Frage zurückzukehren: Müde werdet ihr also offensichtlich nicht. Dennoch gibt es viele VADERAuftritte, die ihr kürzer als angekündigt spielt, ich selbst habe das beim BRETTHART OPEN AIR und eurer BLITZKRIEG TOUR 2005 mitbekommen, aus Erzählungen weiß ich, dass dies auch auf der letzten Tour der Fall war. Wie kommt es zu so etwas, wenn ich dich damit einmal an die Wand nageln darf?

Es ist gar nicht so, dass wir nicht länger spielen wollten. Wir planen einen VADER-Gig als eine Show, ein Konzept. Wenn am Ende eben etwas Zeit übrig ist, müssen wir diese nicht zwangsweise mit einem Song vollstopfen. Wir spielen nicht, weil jemand eine Zahl auf einen Zeitplan geschrieben hat. Wir könnten die Shows auch im Zweifelsfall immer etwas kürzer ankündigen, als wir sie im Endeffekt spielen, sodass die Leute ein längeres Konzert bekommen, als sie es erwartet haben, aber das ist überhaupt nicht der Punkt.

Alles klar. Gibt es sonst noch irgendwelche letzten Worte von deiner Seite?

Ich denke für letzte Worte ist es noch nicht der richtige Zeitpunkt. Es gibt noch viel, was ich in meinem Leben zu sagen habe. Aber ja: Wir kommen im nächsten Jahr zurück mit einer neuen CD und ich hoffe dass es einfach wieder… VADER sein wird.

Ansonsten erwartet euch natürlich noch die Suche nach dem neuen Basser…

Das ist im Grunde nicht das Problem. Schwierig ist es nur, jemanden zu finden, der die Zeit aufbringen kann und sein Leben mit Touren verbringen möchte. Gute Musiker gibt es wie Sand am Meer, darüber mache ich mir gar keine Gedanken. Für uns war es schon immer schwer, Leute zu finden, die auch entsprechend Zeit zur Verfügung haben und mit denen man vor allem langfristig planen kann. Daher haben wir zunächst einen Session-Musiker in Erwägung gezogen, bis wir Novy wirklich vollends ersetzen können.

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