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IMPERICON FESTIVAL 2024: Der Festivalbericht aus München

Neue Spielstätte, gleiches Ziel: Die Münchner Auflage des IMPERICON FESTIVALS zieht 2024 ins Zenith, um dem abwechslunsgreichen Programm endlich eine ähnlich große Bühne zu bieten, wie es die Schwester-Events in Oberhausen, Hamburg oder Leipzig tun.

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Mental Cruelty | Thrown | Dying Wish | Future Palace | Casey | Nasty |
Breakdown of Sanity | Terror | August Burns Red | As I Lay Dying

Fazit

Die richtige Hose für den Pit? In München weiß man Bescheid, wie uns auf dem kurzen Weg vom Parkplatz zur Eventlocation zugetragen wird. Bevor die beiden eifrig diskutierenden Besucher aber ihre Kleidungsstücke mittels Spinkicks und vergleichbarer martialischer Tanzbewegungen der Belastungsprobe unterziehen können, dauert es noch ein kleines Weilchen. Die Gesprächsthemen jedenfalls lassen schon um die Mittagszeit auf ein motiviertes Publikum schließen, das sich in diesem Jahr erstmals an einem neuen Veranstaltungsort einfindet.

Vom beliebten, aber etwas klein gewordenen Backstage zieht das IMPERICON FESTIVAL erstmals nach Freimann ins deutlich geräumigere Zenith und merzt dadurch fast automatisch einen der größten Kritikpunkte des Vorjahres aus. Konnten Besucher:innen aufgrund paralleler Spielpläne 2023 nur sechs der zwölf gebuchten Bands wirklich sehen, spielen diesmal alle zehn Acts nacheinander auf der gleichen Bühne – dank zusätzlich kürzerer Umbaupausen in jedem Fall eine deutliche Verbesserung.

Das Rahmenprogramm ist auf dem IMPERICON FESTIVAL 2024 eine Randnotiz

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Die erste Überraschung ereilt uns hingegen unmittelbar nach Betreten der alten Werkshalle: Abseits zweier Merchandise-Stände und der völlig überdimensionierten Garderobe, die circa ein Fünftel der Indoor-Fläche in Beschlag nimmt, sieht es im Zenith ziemlich mager aus. Dass es bei einem rund zehnstündigen Tagesprogramm mit Ausnahme einiger weniger Biertischgarnituren im Freien keinerlei bereitgestellte Sitzflächen gibt, ist ebenso verwunderlich wie das notdürftige Verpflegungsangebot. Abseits der beiden üblichen Imbissstände des Zeniths stehen keinerlei weitere Optionen bereit, was gerade aufgrund der Länge des Events und des enorm eingeschränkten vegetarisch/veganen Angebots für ein Metalcore-Festival etwas enttäuschend ist.

Da zudem das Rahmenprogramm mit drei Signing-Sessions und einem einzigen Outdoor-Pavillon quasi nicht existent ist, konzentrieren wir uns wohl heute ausschließlich auf die Musik. Schließlich wollen wir weder das Logo eines Energy-Drink-Hersteller auf die Haut gestochen bekommen noch sind wir mit der Erwartung eines neuen Herren-Haarschnitts angereist. Somit liegt das Festival-Feeling in erster Linie in der Verantwortung der Zuschauerschaft, die sich um kurz vor 13 Uhr jedoch noch etwas Zeit zu lassen scheint.


MENTAL CRUELTY

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Als MENTAL CRUELTY jedenfalls die Bühne betreten, steht man davor noch relativ locker verteilt. Das hat für die Fans im Zentrum natürlich einen entscheidenden Vorteil: Den Bewegungsspielraum muss heute niemand einschränken, obschon es einen kurzen Augenblick dauert, bis sich die Münchner:innen an jene Situation gewöhnt haben.

Der Aufforderung, zu „Forgotten Kings“ auf und ab zu springen, kommt die Menge jedenfalls eher zögerlich nach, bevor der Funke in „Ultima Hypocrita“ doch noch überspringt. Zurückzuführen ist das wohl auf den nun besseren Sound sowie die beherzte Performance des Quintetts, deren abwechslungsreicher Deathcore abseits der brachialen Breakdowns auch mit Soli und im Opener „Obsessis A Daemonio“ gar etwas Klargesang angereichert ist.

MENTAL CRUELTY legen einen mächtigen Start hin

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Live zündet dieser Mix jedenfalls nachhaltig: Nicht nur fliegen schon bald die ersten Gliedmaßen durch den Pit, auch im Kreis dreht sich selbiger zunächst während „Nordlys“ und dann im melodischen Finale „Symphony Of A Dying Star“. Ob es die gewünschten Handylichter für das Intro wirklich gebraucht hat, wollen wir bezweifeln – schick ausgesehen hat es aber zugegebenermaßen dennoch. Ein mächtiger wie gelungener Start also, dem wir gerne noch ein paar Minuten länger beigewohnt hätten.

MENTAL CRUELTY Setlist – ca. 30 Min.

1. Obsessis A Daemonio
2. Forgotten Kings
3. Avgang
4. Ultima Hypocrita
5. Nordlys
6. Zwielicht
7. Symphony Of A Dying Star

Fotogalerie: MENTAL CRUELTY


THROWN

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THROWN beherrschen derzeit mit ihren knackigen Songs gar nicht so wenige Streaming-Playlisten, müssen auf der Münchner Ausgabe des IMPERICON FESTIVALs aber dennoch schon als zweite Band ran. Den Live-Status muss sich das Quartett erst noch erarbeiten, was aufgrund des relativ gleichförmigen Materials jedoch zur Herausforderung werden könnte.

Die satten Grooves und derben Riffs verfehlen einerseits ihr Ziel nicht, schlagen mit Wucht auch in der Mitte des Zeniths auf. Nur verpassen THROWN dann, ihrem Rezept regelmäßig frische Zutaten wie die kreischenden Gitarren im Opener „Guilt“ oder die elektronischen Samples in „On The Verge“ hinzuzuaddieren. Weil auch tempomäßig die Abwechslung ausbleibt, verschwimmt selbst der neue Track „Nights“ inmitten stets gleicher Stilmittel.

THROWN bieten explosives Stageacting, aber wenig Variation

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Aufwiegen können die Schweden dieses Manko durch ihr explosives Stageacting: Selbst auf der großen Bühne bindet der sonst wortkarge Shouter Marcus Lundqvist unsere Aufmerksamkeit an sich. Live-Qualitäten sind somit ganz offenbar vorhanden und sorgen auch vor den Brettern für einige Bewegung – nur differenzierter dürfen THROWN ihre Tracks zukünftig gerne aufbereiten, damit wir nicht nach diesen 25 Minuten schon das Gefühl haben, alles gesehen und gehört zu haben.

THROWN Setlist – ca. 25 Min.

1. Guilt
2. Dwell
3. Backfire
4. Parasite
5. New Low
6. On The Verge
7. Fast Forward
8. Nights
9. Grayout

Fotogalerie: THROWN


DYING WISH

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Nachdem uns THROWN gerade noch ihr komplettes Repertoire am Stück präsentiert hatten, werden im Zenith nun knapp 20 Minuten später offenbar die härteren Bandagen aufgezogen. „We are DYING WISH, open that pit!”, lautet die unmissverständliche Ansage, der die Halle nur Sekunden später Folge leistet. Spinkicks, Windmills und 2-Step möchte man zum eröffnenden „Symptoms Of Survival“ sehen – klare Worte gehen einer mustergültigen Umsetzung voraus.

Dabei schlucken wir mehr als nur einmal, trifft das Material des Quintetts live doch um ein Vielfaches härter als auf Platte. Das weiß auch die Band selbst, die jeden Breakdown und jeden Tempowechsel mit Feuereifer zelebriert, nur um wenig später das Gaspedal wieder durchzudrücken. Nimmt der Circle Pit erst in „Watch My Promise Die“, dann in „Starved“ zunächst an Fahrt auf, dreht die Meute in „Enemies In Red“ völlig durch. Spätestens jetzt stellen sich auch den vor Showbeginn heiß diskutierten Shorts die Zerreißprobe, während Sängerin Emma Boster ihrerseits austestet, wie hoch das eigene Bein denn nun fliegen kann.

DYING WISH lassen uns nur ein einziges Mal zu Atem kommen

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Mit hoher Intensität reihen DYING WISH auf diese Weise einen Brecher an den nächsten, bis uns schließlich „Lost In The Fall“ mit seinem wunderbaren Refrain eine kleine Pause gönnt. Die nutzt man in München hier und da zum Crowdsurfen, so dass es während dieser halben Stunde tatsächlich in jeder Ecke immer in irgendeiner Weise wuselt.

DYING WISH Setlist – ca. 30 Min.

1. Symptoms Of Survival
2. Watch My Promise Die
3. Starved
4. Enemies In Red
5. Cowards Feed, Cowards Bleed
6. Torn From Your Silhouette
7. Lost In The Fall
8. Innate Thirst

Fotogalerie: DYING WISH


FUTURE PALACE

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Dieselbe Durchschlagskraft fehlt FUTURE PALACE im Anschluss allein schon aus stilistischen Gründen: Core-Anleihen sind für den modernen Alternative Metal eher schmückendes Beiwerk, weshalb sich das gerade noch so wild gewordene Publikum nun ein Päuschen gönnt. Dabei sind es wahrlich keine Samthandschuhe, welche sich das Trio auf der Bühne in seiner halben Stunde überstreift: Schon im eröffnenden Hit-Song „Defeating Gravity“ schmettert uns Sängerin Maria, die auch live über ein fabelhaftes Organ verfügt, ein paar derbe Screams entgegen.

Obgleich man nun vor den Brettern etwas lichter steht als zuvor, verfehlt das eingängige Material seine Wirkung nicht: Von Minute zu Minute ziehen FUTURE PALACE anfängliche Skeptiker auf ihre Seite, die bald im Takt klatschen oder zum als Party-Song angekündigten „Fever“ auf und abspringen. Das Endresultat ist schließlich so etwas wie eine Wall of Death im Rausschmeißer „Paradise“, der auch in den hinteren Reihen mit hörbarem Jubel aufgenommen wird.

FUTURE PALACE sorgen für einen musikalischenTapetenwechsel

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Ein kurzweiliger Auftritt also, der dem IMPERICON FESTIVAL einen Tapetenwechsel zum richtigen Zeitpunkt verschafft und der Band wiederum ein paar neue Anhänger:innen bescheren dürfte – vielleicht ist ja sogar ein künftiger Live-Bassist darunter, um dem Fundament mehr Profil zu verleihen, als es der derzeitige Backing Track zu tun vermag.

FUTURE PALACE Setlist – ca. 30 Min.

1. Defeating Gravity
2. Flames
3. Dead Inside
4. Fever
5. Heads Up
6. Malphas
7. Uncontrolled
8. Paradise

Fotogalerie: FUTURE PALACE


CASEY

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Dass die 2022 reformierten CASEY vielen Besucher:innen kein Begriff zu sein scheinen, ist nicht zu übersehen. Die leider überschaubare Menge, die es weiter in der Halle hält, wird dafür mit einer bodenständigen wie ehrlichen Performance belohnt. Sich dieser bereitwillig anzunähern ist jedoch eine Grundvoraussetzung, denn sowohl Setdesign als auch Lichtshow glänzen eher durch Abwesenheit denn mit Schauwerten. Kein Backdrop, kein Nebel – auf den ersten Blick könnte man die Waliser mit einer erfahrenen Schülerband verwechseln.

Verkennen würden wir dann aber das wandelbare Songmaterial, welches den Genre-Begriff Post Hardcore zum Äußersten ausreizt. Der vergleichsweise ruhige Auftakt scheint Frontmann Tom Weaver derweil selbst ein kleines bisschen unangenehm zu sein, vertröstet er uns doch immer wieder aufs Ende der Show, wo es etwas härter zugehen soll. Überhaupt scheint der sympathische Sänger ein wenig gebeutelt von den bisherigen Erfahrungen der Festival-Reihe: In Zürich hätte man sich wie die Hauptattraktion in einem Zoo gefühlt, lässt er die bayerische Landeshauptstadt mit einem Schmunzeln wissen, nachdem er sich kurz vorher über die „ersten beiden Crowdsurfer der kompletten Tour“ gefreut hatte.

CASEY liefern einen emotionalen Höhepunkt, könnten sich aber besser verkaufen

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Der selbst auferlegten Rolle als „Programmunterbrechung“ müssten sich CASEY dabei überhaupt nicht hingeben, wenn sie sich und ihre Musik ein wenig besser verkaufen würden. Tatsächlich liefert die Band an diesem Nachmittag wohl den emotionalen Höhepunkt des IMPERICON FESTIVALs, der in „Fluorescents“ ungemein intim ausfällt und in „Hell“ von der 2015er EP „Fade“ mit ähnlichen Stilmitteln unter die Haut geht, wie sie auch LA DISPUTE oder neuerdings TO KILL ACHILLES gerne verwenden.

Fotogalerie: CASEY


NASTY

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Halbzeit in München und so langsam dämmert es uns, als NASTY-Shouter Matthis direkt zum Auftakt alle Anwesenden nach vorne beordert: Besuchertechnisch herrscht beim IMPERICON-Debüt an neuer Spielstätte leichte Flaute. Was den Münchnern an Mannschaftsstärke fehlt, machen sie dafür mit überbordendem Eifer wieder wett. Mit den ersten brachialen Tönen segeln bereits die Plastikbecher durch die Luft, während es im Pit binnen Sekunden einem Schlachtfeld gleicht.

Auf Platte eigentlich nicht ganz unser Fall, verstehen wir spätestens jetzt den Live-Appeal der Formation: Dass Fronter Matthis seine Anhängerschaft auch abseits des kurzen Ausflugs in den Fotograben anspornt und heute wirklich niemanden zurücklassen will, ist dabei nur das berühmte Tüpfelchen auf dem ‚i‘. Mächtig und mörderisch groovend erreichen NASTY ihr Ziel nämlich auch gänzlich ohne weiteres Zutun: Die Masse bewegt sich, die Gliedmaßen wirbeln nur so durchs Zentrum, wenn Material wie „Roses“, „Chaos“ oder „Shokka“ zum Beatdown-Tanz laden.

Mächtig und mörderisch groovend: NASTY sind live eine Macht

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Authentisch und spritzig geht es derweil auf und vor der Bühne zu, so dass wir es kurzerhand doch bereuen, uns am Morgen gegen die szenetypische Beinkleidung entschieden zu haben. Ein prüfender Blick in die Mitte der Halle versichert uns aber auch hier: Shorts sind das bewährte Utensil der Wahl, wenn es um ausgelassene Hallenakrobatik geht. In München weiß man eben Bescheid.

Fotogalerie: NASTY


BREAKDOWN OF SANITY

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„Kennt ihr uns noch?“ Die Antwort dürfte Shouter Carlo Knöpfel selbst durch die InEar-Monitore verstanden haben. BREAKDOWN OF SANITYs Rückkehr auf die Live-Bühne wurde ganz offensichtlich auch in München herbeigesehnt. Dementsprechend ausgelassen ist die Stimmung während der heutigen Comeback-Show, wo den Schweizern zumindest von Publikumsseite der rote Teppich ausgerollt wird. Nicht nur wird schon im Opener „The Gift“ artig im Takt geklatscht, auch im Folgenden zeigt das Zenith sicht- und oft hörbaren Einsatz.

Was in „Blind“ in einem Circle Pit seinen zwischenzeitlichen Höhepunkt findet, ist das Resultat eines gut getakteten und stimmungsvoll inszenierten Gigs, welcher auch ohne den gesundheitsbedingt verhinderten Drummer Tom zu keiner Zeit ins Straucheln gerät. Dass wir Aushilfsmann Dave Stutzer die meiste Zeit über mehr akustisch denn visuell wahrnehmen, ist dagegen der atmosphärischen Bühnenshow geschuldet, wo uns zwischen Nebel und warmen Farbtönen oft nur die Silhouetten der Metalcore-Rückkehrer anstacheln.

Die Rückkehr BREAKDOWN OF SANITY wird mit lauten Zugabe-Forderungen gekrönt

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Als Untermalung passt das gut zum bandtypischen Sound, dessen drückendes Fundament nicht selten durch eine getragene Leadgitarre ergänzt wird. Profitieren können „The Writer“ und „Crumble“ zudem vom erstaunlich guten Klang in einer soundtechnisch berüchtigten Halle, weshalb wir die ersten überschwänglichen Zugabe-Forderungen am Ende des Gigs durchaus nachvollziehen können. Nur spontan aushebeln können die Fans die Programmplanung freilich nicht, weshalb es beim drangehängten Bonus-Breakdown aus „When Silence Breaks“ als Schlusskapitel bleiben muss.

BREAKDOWN OF SANITY Setlist – ca. 35 Min.

1. The Gift
2. Story Of A Stranger
3. Traces
4. The Writer
5. New World
6. Blind
7. Crumble / “When Silence Breaks”-Breakdown

Fotogalerie: BREAKDOWN OF SANITY


TERROR

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„Es ist nicht unsere Show, sondern eure!“ – Mit nur einem Satz bringt Sänger Scott Vogel die Bandphilosophie auf den Punkt. TERROR sind selbst nach mehr als zwei Jahrzehnten im Geschäft immer noch den eigenen Werten verpflichtet: „One With The Underdogs“ heißt es zum Auftakt nicht ohne Grund, denn auch wenn das Gespann seinen metal-geschwängerten Hardcore heute auf großer Bühne zelebrieren darf, schreien sämtliche Eckpfeiler eigentlich nach verschwitzter Underground-Show.

Lightshow und Stagedesign sind für TERROR nicht einmal ein Fußnote wert, während die komplette Aufmerksamkeit der ausflippenden Meute zu ihren Füßen gilt. Dass es überhaupt eine Barriere zwischen Fans und Musikern gibt, stößt vor allem Vogel sauer auf, wie er mehrfach wissen lässt. Er hasse Wellenbrecher, weshalb die Münchner:innen selbige doch einfach überwinden sollen – als friedliche Crowdsurfer, wohlgemerkt. Dem kommt das IMPERICON FESTIVAL in „Spit My Rage“ und „Stick Tight“ gerne nach, bevor sich während „Can’t Help But Hate“ der Circle Pit redlich abmüht, dem unablässigen Treiben auf der Bühne die gleiche Menge Energie entgegenzusetzen.

TERROR halten es kurz und intensiv

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Der kompromisslose In-Your-Face-Ansatz TERRORs mag nicht immer zu Einhundertprozent unseren Geschmack treffen, als Vorabend-Workout treffen die US-Amerikaner im Zenith aber einen Nerv. So wird das heutige Gastspiel trotz des vorzeitigen Endes für beide Seiten zum Erfolg – fast zehn Minuten ihrer Spielzeit lässt die Formation liegen: lieber kurz und intensiv als unnötig breitgetreten.

Fotogalerie: TERROR


AUGUST BURNS RED

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Mit ähnlich viel Elan geben AUGUST BURNS RED dem Münchner Publikum zu verstehen, dass es mit ihnen sicherlich kein Kräftesammeln vor dem Headliner geben wird. Die US-Amerikaner, die erst zwei Tage zuvor ihre 2200. (!) Show absolviert haben, lassen sich ihre Routine dennoch nicht anmerken. Obwohl neben aktuellem Material wie „Backfire“ auch hundertfach gespielte Klassiker à la „Marianas Trench“ den Weg ins Set gefunden haben, ist auf den Brettern von Langeweile exakt nichts zu spüren.

Fronter Jake Luhrs lässt auch heute das Mikrofon beängstigend nahe über den Köpfen der Fotografen kreisen, bevor er zu einem seiner zahlreichen Sprints über die Bühne ansetzt. An Bewegung mangelt es ohnehin nicht, allein schon, weil Bassist Dustin Davidson und Gitarrist Brent Rambler je nach Song die Instrumente tauschen. So viel gute Laune, die zudem dank stimmiger Lichtuntermalung exzellent in Szene gesetzt ist, fordert fast schon zwangsläufig eine entsprechende Reaktion heraus.

AUGUST BURNS RED sind auch 2024 noch keine Sklaven der Routine

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Dementsprechend segeln die Crowdsurfer erst während „Defender“, dann im aktuellen „Backfire“ scharenweise nach vorne, bis schließlich der brachiale Breakdown von „Bloodletter“ die Hallenmitte in einen gewaltigen Pit ummodelt. Indem AUGUST BURNS RED dazwischen nicht viele Worte verlieren, geht es Schlag auf Schlag, bis sich in „White Washed“ das Zenith kollektiv auf die Knie begibt, um anschließend springend neue Höhen zu erreichen. Mithilfe der Metalcore-Veteranen ist das augenscheinlich die leichteste Übung, denn der wohl beständigste aller Genre-Vertreter ist auch im Jahr 2024 eine absolute Live-Macht.

AUGUST BURNS RED Setlist – ca. 45 Min.

1. Thirty And Seven
2. Composure
3. Defender
4. Paramount
5. Backfire
6. Revival
7. Bloodletter
8. Animals
9. Marianas Trench
10. White Washed

Fotogalerie: AUGUST BURNS RED


AS I LAY DYING

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Ein Titel, den die längste Zeit ihrer Karriere auch AS I LAY DYING für sich beanspruchen konnten und den sie mit einer opulenten Show auch als Headliner der IMPERICON FESTIVALS untermauern: Links und rechts des Drumsets prangen wie schon 2019 an gleicher Stelle zwei metallene Insignien, die im Laufe des Konzerts Feuer fangen sollen. Parallel dazu steigen rundherum regelmäßig Flammensäulen empor, wenn nicht gerade Sparkler-Effekte die aufwendige Lightshow untermalen. Doch nicht nur fürs Auge gibt es einiges zu bestaunen, auch akustisch zaubern die US-Amerikaner irgendwie einen richtig guten Sound ins Zenith.

Kurzum, es ist quasi wie vorherbestimmt, dass mit der eröffnenden Special-Effects-Explosion die Münchner:innen zu „Nothing Left“ umgehend nachziehen müssen. Fäuste gehen nach oben, im Zentrum schiebt man Überstunden und im thrashigen „Condemned“ wird in den letzten Stunden des Kalendertages noch der Schrittzähler der eigenen Fitness-Tracker nach oben geschraubt. Was inmitten des Circle Pits im Eifer des Gefechts vielleicht untergehen mag, ist die Spielfreude AS I LAY DYINGs, die sich vor allem in Gitarrist Ken Susis Bewegungsdrang ausdrückt.

AS I LAY DYING halten das Tempo angenehm hoch

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Doch auch Frontmann Tim Lambesis ist permanent unterwegs – was dem Shouter an natürlicher Entertainer-Qualitäten fehlt, macht er durch seine Bühnenpräsenz locker wieder wett – und mimt zwischendurch sogar selbst den Aufräumdienst: Als während „An Ocean Between Us“ im Eifer des Gefechts ein paar Plastikbecher auf der Bühne landen – angesichts des Titels möglicherweise auch, um gegen die Verschmutzung der Weltmeere aufmerksam zu machen -, kümmert sich der Bandkopf höchstpersönlich um die Beseitigung des Unrats.

Da es abseits dieser Kuriosität zu keinerlei weiteren Zwischenfällen kommt, können AS I LAY DYING das Tempo angenehm hochhalten: In 60 Minuten gibt die Formation ganze 14 Songs zum Besten, wobei Gitarrist Phil Sgrosso vor „Blinded“ auch die Zeit für ein kleines Jam-Intro findet. Neben dem Gastauftritt Jake Luhrs‘ (AUGUST BURNS RED) in „Redefined“ und der Rarität „Falling Upon Deaf Ears“ vom Debüt „Frail Words Collapse“ (2003) ist dies eine der wenigen Besonderheiten in einem sonst eher konservativ zusammengestellten Set.

Mit Neuerungen halten sich AS I LAY DYING diesmal zurück

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Während wir also auf Megahits wie „The Sound Of Truth“, „My Own Grave” oder “The Darkest Nights” auch heute nicht verzichten müssen, halten sich die Neuerungen im Vergleich zu den letzten beiden Gastspielen der Metalcore-Größe doch in Grenzen. Selbst vom aktuellen Album „Shaped By Fire“ (2019) gibt es nach wie vor dieselben vier Songs auf die Ohren, obwohl eine Song-Rotation sicherlich Vorteile hätte: Denn auch heute ist stellenweise zu hören, dass Bassist und Sänger Ryan Neff (MISS MAY I) in denselben hohen Regionen seines Vorgängers Josh Gilbert (SPIRITBOX) nicht immer trittsicher unterwegs ist („Shaped By Fire“, „Blinded“).

Trüben kann dieser kleine Makel den Spaß an einem sonst kurzweiligen Auftritt nicht, den Tim Lambesis abermals mit einer Danksagung beschließt. Die zweite Chance, die man ihm nach seiner Haftstrafe gegeben habe, sei nicht vergessen, versichert uns der Frontmann, bevor es in „Confined“ unter Funkenregen Abschied nehmen heißt.

AS I LAY DYING Setlist – ca. 60 Min.

1. Nothing Left
2. Falling Upon Deaf Ears
3. Through Struggle
4. Redefined
5. Condemned
6. An Ocean Between Us
7. Shaped By Fire
8. 94 Hours
9. The Darkest Nights
10. Blinded
11. Anodyne Sea
12. The Sound Of Truth
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13. My Own Grave
14. Confined

Fotogalerie: AS I LAY DYING


Das IMPERICON FESTIVAL 2024 in München: ein gelungener Neustart mit Kinderkrankheiten

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Abschied nehmen auch wir: vom Headliner, aber auch vom IMPERICON FESTIVAL, das im Jahr 2024 einen der größten Kritikpunkte des Vorjahres beseitigt, doch an neuer Location im Gegenzug nicht vor Kinderkrankheiten gefeit ist. Dass es trotz einer einzigen Bühne nun möglich ist, ein größeres Programm live zu erleben, ist aus unserer Sicht ein Schritt in die richtige Richtung, den im kommenden Jahr hoffentlich auch das Rahmenprogramm tätigen kann: Zusätzliche Sitzgelegenheiten und vor allem Verpflegungsoptionen sind wohl unabdingbar, wenn die Hallenkapazität des Zenith künftig ausgereizt werden soll.

Im Bereich des Möglichen ist das aufgrund der eigentlich gesunden Szene in der bayerischen Landeshauptstadt in jedem Fall. Die mitunter lichten Reihen mögen dieses Mal wohl auch dem Preis-Leistungs-Verhältnis geschuldet sein: Wo sich die Schwesterveranstaltungen in Hamburg, Oberhausen oder das Hauptevent in Leipzig bei gleichem Preis über zusätzliche Schwergewichte wie WHILE SHE SLEEPS, POLARIS oder LANDMVRKS freuen durften, ging München in dieser Hinsicht leider leer aus.

Auch 2024 war das IMPERICON FESTIVAL in München eine entspannte wie positive Erfahrung

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Dass das IMPERICON FESTIVAL isoliert betrachtet dennoch eine entspannte wie positive Erfahrung war, ist in gleichen Teilen der engagierten Fangemeinde und dem reibungslosen Programmablauf zu verdanken. Stressfrei – und vor allem kreativ – ging es selbst während der zügig gehaltenen Umbaupausen zu, wo schon mal mit den flüssigen Überresten eines verschütteten Kaltgetränks per Schuhabdruck Gemälde auf den Boden gezeichnet wurden. Ein kurioses Bild, das aber so typisch ist für die europäische Festivalkultur, welche die IMPERICON FESTIVAL-Reihe selbst nun schon über eine Dekade lang bereichern darf. Auch die Münchner Auflage macht hier keine Ausnahme, sind es doch damals wie heute gerade die kleinen Dinge, welche im Gedächtnis bleiben: Sei es die präsente, doch stets freundliche Security, die fast durchweg packenden Live-Auftritte der Künstler:innen, die erwähnte Biermalerei oder die neu gewonnene Erkenntnis, welche Beinbekleidung nun die größte Bewegungsfreiheit im Moshpit garantiert. Unser Outfit für kommendes Jahr ist jedenfalls schon jetzt beschlossene Sache.


Fotos: Tatjana Braun (https://www.instagram.com/tbraun_photography/)

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