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SCREAM SILENCE: Zusammenhalt wie bei einer sizilianischen Familie

Die Zeichen stehen auf Sturm bei SCREAM SILENCE. Daher wollte man im Bandlager nichts dem Zufall überlassen und gründete kurzerhand ein eigenes Label, das die Vermarktung von “Elegy” in bestmögliche Bahnen lenken soll. Gut so, denn das neue Album hat alle Aufmerksamkeit verdient. Gitarrist Robert Klausch zeigte sich denn auch im Gespräch zufrieden und erwartungsfroh.

Die Zeichen stehen auf Sturm bei SCREAM SILENCE. Daher wollte man im Bandlager nichts dem Zufall überlassen und gründete kurzerhand ein eigenes Label, das die Vermarktung von “Elegy” in bestmögliche Bahnen lenken soll. Gut so, denn das neue Album hat alle Aufmerksamkeit verdient. Gitarrist Robert Klausch zeigte sich denn auch im Gespräch zufrieden und erwartungsfroh.

Wie kamt ihr dazu, euer eigenes Label aus dem Boden zu stampfen?

Die Idee, ein eigenes Label zu gründen, lag bei uns schon lange in der Luft, schließlich ist Hardy ja seit langem auch ein erfolgreicher Produzent. Wir haben eigentlich den einzig logischen Schritt getan und kümmern uns jetzt eben zusätzlich zur Produktion auch noch um das fertige Album unserer Bands. Mit Rabazco und Soulfood haben wir sehr erfahrene Partner in Sachen Promotion und Vertrieb gefunden, die es uns ermöglichen, uns ganz auf den Künstleraufbau zu konzentrieren.

Hätte es nicht auch die Gelegenheit gegeben, bei einem größeren Label anzuheuern? Einen gewissen Namen habt ihr euch doch mittlerweile erarbeitet…

Wir hatten im letzten Jahr Gespräche mit Majors geführt und einfach schnell bemerkt, dass wir mit der Herangehensweise eines solchen Branchenriesens an unsere Musik mit allen Konsequenzen nicht leben wollten. Unsere Arbeit ist uns einfach zu wichtig, als dass sie zu einem schnelllebigen Kunstprodukt oder gar zum Kitsch verkommt, und genau das können große Firmen sehr gut, wenn es darum geht, den schnellen Euro zu machen. Viele Bands sind diesen Weg gegangen und landeten oft in der Unglaubwürdigkeit. Somit beschlossen wir, da es in unserem Fall ja auch möglich war, den Weg mit dem eigenen Label zu gehen, um so die volle Kontrolle über alle Prozesse auch außerhalb des Studios zu bekommen.

Wie wirkt sich diese Umstellung auf Eigeninitiative auf die Band aus?

Nun in erster Linie ist natürlich das Ganze ein Riesenberg an Arbeit, immer wenn einer von uns nicht im Studio ist, sitzt er am Rechner und macht Labelarbeit. Aber wir wussten ja vorher, was auf uns zukommt, und außerdem haben wir auch viel Arbeit an unsere Partner übergeben. Aber jetzt können wir eben selbst entscheiden, ob wir das Eine oder das Andere tun wollen oder nicht.

Du hast von harter Studioarbeit gesprochen. Stand diesmal besonders viel auf dem Spiel für euch?

Nicht wirklich, es ist nur so, dass man ja selbst den Anspruch an sich hat, auf jedes gute Album immer noch ein paar Kohlen mehr draufzupacken. Und das kostet jedes Mal ein wenig mehr Zeit und Kraft. Aber wenn man am Ende zufrieden ist, spielt das eigentlich keine Rolle mehr.

Sänger Hardy
Die Idee, ein eigenes Label zu gründen, lag bei uns schon lange in der Luft, schließlich ist Hardy ja seit langem auch ein erfolgreicher Produzent. – Robert

Wo seht ihr selbst die Fortschritte gegenüber den Vorgängeralben?

Sowohl soundtechnisch als auch beim Songwriting haben wir uns, denke ich, sehr entwickelt. Wir sind als Band bei dem neuen Album noch mehr zusammengewachsen und ziehen mittlerweile alle an einem Strang, wenn´s ums Writing geht. Außerdem denke ich, dass Hardy sich gesanglich auch auf diesem Album enorm gesteigert hat. Er ist stimmlich mutiger geworden und traut sich gesanglich mehr zu, seine Emotionen wirklich über die Stimme zu transportieren. Ehrlich, ich habe Hardy schon mit Tränen in den Augen im Studio singen sehen.

Nun sind eure Platten nicht ganz unberechenbar, wie ich finde. Juckt es euch nie in den Fingern, mal was ganz Anderes auszuprobieren?

Klar, das nächste Album wird eine Grindcore-Scheibe, oder doch Discofox? (lacht). Nein im Ernst, wir wissen einfach, dass wir gute traurige Gothicsongs schreiben können. Genau das ist es, was wir den Leuten geben können. Und auch wenn wir uns für jedes Album immer etwas Neues ausdenken, werden wir doch immer wie SCREAM SILENCE klingen.

Gothic ist ein viel beackertes Feld geworden. Wo seht ihr da eure ökologische Nische?

Ich denke, da musst du unsere Fans fragen. Ich bin kein Freund von musikalischen Schubladen, wie wahrscheinlich jeder Musiker. Ich weiß auf jeden Fall, dass wir aus vielen Lagern Zuspruch bekommen, neben der klassischen Gothicszene interessieren sich erstaunlicherweise auch die Elektro- und die Metalszene für uns, und meine Oma mag unsere Songs auch. Wir sind keine Freunde von Klischees, deshalb freut es uns umso mehr, dass sich die unterschiedlichsten Leute mit unserer Musik auseinander setzen.

Im letzten Interview “vermisste” Hardy die obligatorische DREADFUL SHADOWS-Frage. Wird sie euch heute noch gestellt oder sieht man euch mittlerweile eher als eigenständige Band an?

Basser Hagen
SCREAM SILENCE-Neuzugang am Bass – Hagen

Das hörte eigentlich bereits mit der Veröffentlichung von “Seven Tears” auf, was wohl daran lag, das der Vergleich dieses Albums mit dem Sound der SHADOWS sehr absurd gewesen wäre. Aber die Leute stellen natürlich immer noch lustige Vergleiche an. Warum allerdings eine Band mit Gitarristen und einem Sänger mit einer tiefen Stimme gleich wie wir klingen soll, wird mir wohl immer verborgen bleiben.

SCREAM SILENCE mussten manch eine personelle Umbesetzung verkraften in den letzten Jahren. Wie haben sich das Bandgefüge und das Bandgefühl geändert in dieser Zeit?

Nun ja, es ist wirklich schwer, neue Leute in die Materie einzuarbeiten. Ich musste ja auch vor fast drei Jahren auf Anhieb zwei komplette Alben spielen können und gleich das dritte einspielen. Wir hatten dabei aber das Glück, dass wir Leute aus dem eigenen Freundes- und Bandkollegenkreis finden konnten, sodass wir nicht das Problem hatten, den “Neuen” auch noch in die Band integrieren zu müssen. Wir kannten uns alle schon sehr lange vor der Gründung von SCREAM SILENCE. Hagen [Neuzugang am Bass – Anm. d. Red.] hatte beispielsweise noch nicht einmal mit uns live gespielt, kam ins Studio und brachte sofort seine eigenen Ideen ins neue Album mit ein.

Zentrale Figur bei SCREAM SILENCE ist – zumindest nach außen – Hardy als Sänger, Produzent und Songwriter. Wie kommt ihr Anderen damit klar?

CD-Cover 'The 2nd'
CD-Cover ‘The 2nd’

Ich denke dieses Vorurteil entstand wegen dem Cover von “The 2nd“, das Hardy allein zeigte. Wir schreiben aber sowohl die Songs als auch die Texte gemeinsam, weshalb auf den Alben überall “written by SCREAM SILENCE” draufsteht. Jeder Musiker bringt seine eigenen Vorstellungen in die Songs ein und entwickelt seine Parts völlig autonom. Hardy ist natürlich darüber hinaus auch Produzent und muss deshalb schon mal eingreifen, aber im Grunde entscheiden wir alles, was wir tun, auch beim Label sehr demokratisch.

Sehr gefallen hat mir der Einsatz von Streichinstrumenten bei “Elegy“. Was hielt euch davon ab, dieses Element öfter einzusetzen?

Nun, es gab einfach Songs, zu denen wir Streicher einsetzen wollten, und bei anderen Songs haben wir eben keine Streicher gehört. Es gibt bei uns eben auch solche Songs, bei denen ein Gitarrenbrett die bessere Wahl ist (lacht).

Was hat euch dazu verleitet, mit “Living in the Rose” von NEW MODEL ARMY einen eher unkonventionellen Song zu covern?

Eben genau deshalb, weil dieser Song relativ unbekannt ist und von einer Non-Gothicband stammt, haben wir uns für diesen Song entschieden. Nachdem wir ihn ein, zwei Mal gespielt hatten, wussten wir, dass er sehr gut zu uns passt und wir diesem Song auch in unserem Stil spielen können, ihm “unser Gewand anziehen konnten”.

Wann ist ein Lied für euch fertig? Welche Kriterien muss es erfüllen?

CD-Cover 'Elegy'
CD-Cover ‘Elegy’

Oh, das ist ein sehr langwieriger Prozess bei uns. Auf der Basis einer ersten Keyboardskizze entwickelt erstmal jeder seine Parts allein. Dabei wird auch vieles verändert und verworfen. Das sind unsere Prerecordingsessions, aus denen auch die Version von “Elegy” auf der Single stammt. Erst wenn der Song an sich steht, gehen wir an das eigentliche Produzieren. Dort wird auch nochmals geschraubt und verändert und manchmal werden auch ganze Parts weggelassen. An “The Sign” haben wir insgesamt über ein Jahr gearbeitet. Das war die erste Songidee von “Elegy” und der letzte Song der zwei Tage vor Presswerktermin von uns den Stempel “FERTIG” bekam.

Wie beurteilt ihr die Gothicszene derzeit?

Insgesamt ist die Szene zwar um einiges größer, aber auch durch Bands wie EVANESCENCE oder WITHIN TEMPTATION kommerzieller geworden, was ich aber nicht als problematisch ansehe, das hat der Metalszene auch nie geschadet. Im Gegenteil, es spornt neue Musiker an, sich innerhalb der Szene zu etablieren. Interessant finde ich auch im Moment, dass sich die einzelnen Szenegruppen immer mehr annähern und miteinander zu verschmelzen scheinen. Auf jeden Fall ist die schwarze Szene die “bunteste” Musikszene Deutschlands, was ich als sehr positiv empfinde.

Wie steht ihr dazu, dass man mittlerweile etliche Gothicmetalbands auf MTVIVA betrachten kann…solange sie ein Mädel am Mikro haben?

Hm, zum Teil ist das musikalisch einfach nicht mein Ding, aber wenn ich ehrlich bin, ist das wohl jedem Freund guter Musik lieber als das extrem nervige Pop oder Superstarzeugs der letzten Jahre. Wir sollten eigentlich froh sein, dass die Majors langsam aussterben, hingerichtet von ihren eigenen Produkten. An diesen Gothicmetalbands kann man zumindest sehen, dass sich innovative Musik immer durchsetzen kann, sogar über die Szenegrenzen hinaus.

SCREAM SILENCE 2004
SCREAM SILENCE von links nach rechts: Robert (Gitarre), Hardy (Gesang), Wolfi (Schlagzeug), Hagen (Bass)

Betrachtet ihr euch als Teil der Szene?

Auf jeden Fall, da wir eine der wenigen deutschen Vertreter der “Königsklasse” Gothicrock sind, aus der die ganze Szene mal entstanden ist. Die Szene hat uns zu dem gemacht, was wir heute sind. Aber wie schon gesagt gibt es auch einfach Leute, die auf unsere Songs stehen und die nicht der Gothic- oder einer anderen Szene angehören.

Inzwischen habt ihr als Band schon einige Jahre auf dem Buckel. Was waren bislang eure schönsten und eure niederschmetterndsten Erlebnisse?

Gitarrist Robert
Gitarrist Robert: “Eine Band prägt dich ähnlich wie jede andere Beziehung.”

Wir haben sowohl vor mehreren tausend Leuten auf dem WGT oder anderen Festivals gespielt, wobei für mich der Gastauftritt von Adam Pearson von den SISTERS OF MERCY bei uns auf den Herbstnächten im letzten Jahr wirklich ein Highlight war. Ein paar Wochen zuvor haben wir auf so einem Wald- und Wiesenfestival gespielt, wo extrem wenig Leute da waren, weil der Veranstalter an alles, nur nicht an Werbung gedacht hatte. Ich hatte mit Hardy die Nacht durchgemacht und am Morgen stand der Veranstalter sprungbereit und völlig verzweifelt auf dem Dach. Mit gutem Zureden und Anschleichen von hinten haben wir dem Typen noch das Leben gerettet, aber ehrlich gesagt hätten wir auf das Erlebnis gut verzichten können.

Gab es eine Weggabelung, an der ihr im Nachhinein lieber eine andere Richtung eingeschlagen hättet?

Eigentlich nicht. Die bisherigen Entscheidungen haben sich in den meisten Fällen als richtig erwiesen. Man gewinnt auch immer mehr an Erfahrung dazu und macht die meisten Fehler nur einmal. Und sonst hilft Instinkt und gesunder Menschenverstand, die richtigen Wege, auf denen man erhobenen Hauptes gehen kann, zu finden.

Schlagzeuger Wolfi
Schlagzeuger Wolfi

Wärt ihr ohne SCREAM SILENCE andere Persönlichkeiten?

Ja sicherlich, eine Band prägt dich ähnlich wie jede andere Beziehung. Außerdem lernt man sehr viele interessante Menschen kennen, wenn man in einer Band wie dieser ist, welche dich wiederum beeinflussen. Ich kann nicht für die anderen sprechen, aber ich wäre auf jeden Fall Musiker in einer anderen Band. Wir alle sehen es aber auch als sehr großes und seltenes Glück an, dass ausgerechnet wir uns vor Jahren über den Weg gelaufen sind.

Was könnt ihr jungen Bands raten, die gerade ihre ersten Schritte unternehmen?

Auf jeden Fall, an sich selbst zu glauben. Dann nicht darauf warten, dass irgendwas passiert, sondern es einfach tun. Ganz wichtig innerhalb der Band ist auch, dass die interne Harmonie geschützt werden muss. Man muss zusammenhalten wie eine sizilianische Familie, sonst ist die ganze Arbeit umsonst, denn schon beim ersten kleinen Luftzug fällt das Kartenhaus um. Ich habe schon viele Bands nach irgendwelchen Contests sterben sehen, wobei Letztere im Übrigen sowieso Schwachsinn sind und junge Bands nicht weiterbringen. Und setzt eurem Schlagzeuger einen Kopfhörer mit Klick auf, dann spielt ihr vielleicht auch irgendwann zusammen (lacht)!

Vampster verlost in Zusammenarbeit mit Plainsong Records ein von der ganzen Band handsigniertes Digipak von “Elegy”. Wer das edle Stück in seinen Besitz übergehen lassen möchte, schreibt bis zum 15. Januar 2005 eine Mail mit seinem Namen und seiner Adresse an rachendrachen@vampster.com.

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