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UNHERZ: Herzschlag

Wenn Du beleidigt bist, wenn man die Musik, die du hörst, Proll-Metal/Rock nennt, dann bist du hier genau richtig und wirst deinen Spaß haben.

Für ihr Debüt Unherzlich Willkommen haben UNHERZ ja teils ordentlich auf die Mütze bekommen, zumindest von den Schreiberlingen. Zu platt, zu prollig, zu deutsch. Ihre potentielle Hörerschaft hingegen dürfte die Deutsch-Rocker/Metaller aus Kaiserslautern tatsächlich willkommen geheißen haben. Auch auf dem zweiten Album braucht man sich über die Zielgruppe keine Gedanken machen: Leute, die den BÖHSEN ONKELZ nachtrauern, die Bands wie FREI.WILD oder die KNEIPENTERRORISTEN zum Frühstück hören oder im Sound der TOTEN HOSEN das Wort zum Sonntag sehen.

Sehr schnell wird deutlich, dass der Sound weitaus kraftvoller kommt, der beim Debüt doch noch recht flach war. Auch die Songs kommen merklich knackiger, musikalisch gibt es solide Handarbeit. Knackpunkt bleibt sicher weiterhin das, was die Herren uns so erzählen, denn hier wird in Straßenkötersprache gepöbelt, gejammert, gefeiert. Das ist die Sprache der Straße, der Kneipe, des harten Arbeiters, wer inhaltsschwere Lyrik bevorzugt oder den Wortwitz von den ÄRZTEN, der ist hier definitiv falsch. Mag man es direkt und ohne feingeistige Wortspielereien, dann wird man mit Herzschlag seinen Spaß haben. So wird nach dem unnötigen Intro gleich mal lautstark und heavy ein etwas anderes Liebeslied geboten. Warum immer ankuscheln, wenn man es auch direkt sagen kann. Noch mal deutlicher als auf dem Debüt übernehmen die Pfälzer den typischen TOTE HOSEN-Party-Punk, und das so frisch, dass ich gleich mal zum Abwasch deren Ein kleines Bisschen Horrorshow ausgebuddelt habe. Und Dunkelheit wird Licht und Verlorene Welt hätten auch den Düsseldorfern gut gestanden, 20000 Freunde macht Lust, mal wieder die Opelgang ins Autoradio zu packen. Alle Klischees dessen, was viele von der Musiker/Schreiberpolizei so gern zerreißen, werden hier abgefeiert. Rette mich eignet sich sogar für postpubertäre TOKIO HOTEL-Fans. Prall und rund ist sexistisch, lädt wieder mit HOSEN-Punksound, genauer mit ROTE ROSEN-Punk`n´Roll zum hirnlosen Schweinsein ein. Klare Worte gibt´s mit Halt die Fresse, das mit Harmonika und Americana-Touch beginnt, der an die letzte WESTERNHAGEN denken lässt, dann aber laut rockt. Wer die Band in eine Schublade stecken will oder wem das alles hier zu platt erscheint, der soll es halt nicht anhören. Recht haben sie, die Herren UNHERZ. Wem die Texte und die Ausdrucksweise der Band zu platt sind, der schaue in sein CD-Regal. Ist es innovativ, wenn die Metal-Bands darin über starke Männer und heldenhafte Schlachten singen, nur halt auf Englisch, da braucht man ja nicht zuhören? Ist es anspruchsvoll, wenn eine Death Metal-Band Texte über den 2. Weltkrieg grunzt, wenn überall auf der Welt wie lange nicht mehr Mütter ihre Kinder, Frauen ihre Männer im Krieg verlieren oder Splattertexte einem den Appetit verderben? Ach so, stimmt, die versteht man ja nicht. Man muss die Texte von UNHERZ nicht gut finden, mein Ding ist es auch nicht wirklich. Wer sie pauschal verurteilt, der tut mir leid, weil er diese einfache Sprache, die einen überall im Leben begleitet, wohl nicht kennt. Wichtig und glaubhaft: es gibt keinerlei Tendenzen, wegen denen man die Band in die rechte Ecke schieben könnte. Letztendlich sind die Jungs musikalisch besser geworden und auch mit den Texten gereift, einen Totalausfall wie Amok vom Debüt gibt es hier zum Glück nicht. Und mal ehrlich: wer selber Kinder hat, dem wird die Ballade Die Hölle muss schön sein ungeachtet des irreführenden Titels sehr zu Herzen gehen. Abgerundet wird der traurige Song von passenden weiblichen Vocals. Wer die Dame im Duett ist, verrät das Promomaterial und die Internetpräsenz leider nicht. Aber die zarte, wirklich schöne Stimme, die eher nach Schlagermieze klingt, passt gut zur groben Stimme von Sänger Felix.

Das hier ist nicht wirklich meine Musik, zumal ich nie erkannt habe, was an den ONKELZ so toll sein soll. Aber die Typen von UNHERZ machen halt keine Musik für jeden, sondern genau für die Leute, die bei den genannten Bands begeistert aufhorchen. Mit der Mischung aus hartem Deutsch-Rock mit gelegentlichen Metal-Anleihen, ONKELZ-Pathos und HOSEN-Punk haben UNHERZ eine Ecke gefunden, die eine Menge Leute ansprechen wird. Wer diese genauso schnell in eine Schublade packt wie die Band selbst, was beim Debüt vielleicht noch nachvollziehbar war, der soll halt weiter bei seiner ach so anspruchsvollen Musiksammlung bleiben und möglichst nie zu genau in deren textlichen Ergüsse vordringen. Wenn Du beleidigt bist, wenn man die Musik, die du hörst, Proll-Metal/Rock nennt, dann bist du hier genau richtig und wirst deinen Spaß haben.

Veröffentlichungstermin: 26.08.2011

Spielzeit: 43:23 Min.

Line-Up:
Felix Orschel – Gesang, Gitarre
Andy Arnold – Gitarre
Locke Heylmann – Bass
Christian Bogi Bogert – Schlagzeug

Produziert von Gerald Magin
Label: Massacre Records

Homepage: http://www.unherz.de

Mehr im Netz: http://www.myspace.com/unherz

Tracklist:
1. Intro
2. Herzschlag
3. Und Dunkelheit wird Licht
4. Rette mich
5. Prall und Kugelrund
6. Verlorene Welt
7. Halt die Fresse
8. Die Stimme tief in mir
9. Die Hölle muss schön sein
10. Kein Paradies
11. 20 000 Freunde

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