TANGERINE DREAM: Winter In Hiroshima

Wer mag, der kann voll in den Sound versinken und sich von den Songs tragen lassen. Rock-Fans denken bei diesen anspruchsvollen Klängen allerdings eher an Fahrstuhlmusik und Wartezimmerbeschallung beim Psychotherapeuten.

TANGERINE DREAM ist eine dieser Bands, die man immer mal wieder aus den Augen verliert, und trotzdem gibt es sie immer und ewig und man freut sich, wenn sie einem über den Weg läuft. Gründungsmitglied Edgar Froese hat in grob 43 Jahren Bandgeschichte eine Menge an Musik abgeliefert, mit immer mal wieder wechselnden Musikern an seiner Seite. Anfangs noch mit etwas mehr in Richtung Kraut-Rock gehend, gerade Frühwerke wie Rubycon oder Stratosfear gehören in jede gepflegte Hippie-Sammlung, baute man immer mehr auf rein elektronische Klänge. Heute gelten TANGERINE DREAM als Pioniere dieses Sounds, vielleicht gemeinsam mit JEAN MICHEL JARRE, ohne die New Age, Wave-Musik, Ambiente-Klänge oder auch all die Relax- und Chillout-CDs kaum denkbar wären.

Mit Winter In Hiroshima bringt man nun den vierten Teil der Five Atomic Seasons, welche aus dem Leben eines Mannes erzählen, der 1945 den Atomangriff auf das japanische Hiroshima überlebte. Das für mich letzte Album The Seven Letters From Tibet ist schon 10 Jahre alt, aber bei TANGERINE DREAM weiß man eigentlich im Voraus, was man bekommt. Die asiatische Note des Themas kommt eher dezent durch, ist aber immer präsent. Ob dem Original eine Storyline beiliegt, weiß ich nicht, aber seinen eigenen Fantasien freien Lauf zu lassen, das gelingt auch hier wieder sehr gut. Fast durchgehend instrumentale, synthetische Klänge tragen einen durch die Geschichte, meist eher ruhig und nachdenklich, oft fast esoterisch anmutend. Abwechslung und Dramaturgie der Lieder stimmen, hier ist ein Meister am Werk. Natürlich klingt alles plastisch und etwas kalt, wie man es halt von dieser synthetischen Electro-Musik erwartet. Hier und da singt mal eine Gitarre eine PINK FLOYD-Melodie, führen gelegentliche Vocals durch die Geschichte, wahrscheinlich wieder von Froese´s Gastmusikerin Iris Camaa. Ein Hauch von Psychedelic macht sich immer mal wieder breit, wer mag, der kann voll in den Sound versinken und sich von den Songs tragen lassen. Wer dazu in der Lage ist, dem kann man Winter In Hiroshima bedenkenlos empfehlen. Wer in Musik vor allem Energie und Rock erwartet, der sieht das allerdings anders und denkt bei diesen anspruchsvollen Klängen schnell mal an Fahrstuhlmusik und Wartezimmerbeschallung beim Psychotherapeuten. Aber für diese Leute macht Edgar Froese seine Musik sicher nicht seit so vielen Jahren.

Veröffentlichungstermin: 19.02.2010

Spielzeit: 61:37 Min.

Line-Up:
Edgar Froese & diverse Gäste

Label: Membran-Neo/Sony Music

Homepage: http://www.tangerinedream-music.com

MySpace: http://www.myspace.com/tangerinedreamofficialsite

Tracklist:
1. Transition
2. Ayumi´s Loom
3. Outlook
4. Togetherness
5. Echo Of Light
6. Key Moment
7. Insiders
8. Nexuses
9. Glowing Vision

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