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SALTATIO MORTIS: Finsterwacht

SALTATIO MORTIS haben auf “Finsterwacht” wieder eine Vision: Der Exkurs nach Aventurien geht mit einer Rückkehr zu alter Form einher.

Würfel auf den Tisch, es schreit nach einer Fertigkeitsprobe! Wenn SALTATIO MORTIS wie aus dem Nichts einen Abstecher nach Aventurien wagen, muss man dieses Vorhaben geradezu auf Herz und Nieren prüfen. Denn das Universum des Pen&Paper-Rollenspiels „Das schwarze Auge“ bietet nicht nur massenweise Stoff für Fantasy-Erzählungen, sondern auch die eine oder andere heimtückische Herausforderung.

Solche souverän zu navigieren, gelang der Mittelalter-Rock-Band in den vergangenen Jahren nicht immer, als Deutschrock-Einflüsse und Party-Schlager die Wurzeln der Formation aus dem Rampenlicht drängten. Gut für die Medien-Präsenz und Social-Media-Reichweite, doch nicht immer befriedigend für langjährige Gefährten. Eben jene dürften sich über den Rückbezug auf Fantasy und Abenteuer besonders freuen, den „Finsterwacht“ mit einem durchaus breitgefächerten Song-Repertoire zelebriert.

SALTATIO MORTIS setzen gleich zu Beginn von “Finsterwacht” ein Ausrufezeichen

Dass das indiskutable Highlight mit dem neunminütigen Titeltrack direkt am Anfang der Platte steht, ist eine gewagte Entscheidung, die jedoch aufgeht. Überlegte Instrumentierung, teils bombastisch orchestriert, führt uns durch Höhen und Tiefen, welche Epik im Refrain genauso umfassen wie instrumentale Folk-Passagen. Zusammengehalten von einer charismatischen Erzählstimme und dem packenden Gastgesangs Hansi Kürschs (BLIND GUARDIAN) setzen SALTATIO MORTIS ein Ausrufezeichen, mit dem wir dieser Tage nicht mehr gerechnet haben. Sie können es nicht nur, sie wollen anscheinend auch wieder.

Zumindest, wenn wir die nachfolgende Schlaftablette „Schwarzer Strand“ ausblenden, die auch durch das FAUN-Feature mehr an deren jüngere Schlager-Eskapaden erinnert als an die Handschrift der sieben Musiker. Fernsehgarten-Charme versprüht auch das naive „Aurelia“, dessen Themenbezug mit dem Querverweis zur „Schönen der Nacht“ schon im Titel endet. Obgleich also das zugrundeliegende Konzept nicht immer als solches hervortritt – insbesondere die englischsprachigen Stücke fallen in atmosphärischer Hinsicht aus dem Rahmen -, agieren SALTATIO MORTIS im Gesamten deutlich schlüssiger als zuletzt.

SALTATIO MORTIS haben auf “Finsterwacht” wieder eine Vision

Trotz der musikalischen Vielfalt wirkt „Finsterwacht“ in seiner Gesamtheit authentisch und stellt somit sowohl den Vorgänger „Für Immer Frei“ (2020) als auch die jüngsten Standalone-Singles in den Schatten, wo die Band zum Teil krampfhaft zeitgenössischen Trends hinterherlief. Insofern ist das DSA-Konzept als Fundament ein cleverer Schachzug: Nicht für Social Media, sondern für einen übergreifenden Zweck wurden die elf Stücke inklusive Orchester-Interlude geschrieben. Deshalb darf zwischenzeitlich auch wieder der Folk ins Zentrum rücken, wenn uns „Der Himmel muss warten“ mit Akustik-Gitarre, Flöte und rhythmischem Klatschen in eine Taverne irgendwo im Herzen Aventuriens mitnimmt.

Mit schrillen Sackpfeifen, Percussion und Gauner-Chor verkörpert „Vogelfrei“ indes exakt das Leben außerhalb gängiger Gesetzesordnungen, wohingegen das energische „Genug getrunken“ nach dem gediegenen Schunkler „Feuer und Erz“ irgendwie doch ein bisschen Deutschrock-Flair in das Fantasy-Korsett zu verpacken vermag. Waren es hier noch KNASTERBART, sind es in „We Might Be Giants“ PEYTON PARRISH und Cristina Scabbia (LACUNA COIL), die dem treibenden Song Starpower verleihen sollen. Das gelingt dank catchy Refrain und kraftvoller Percussion-Untermalung tatsächlich besser als erwartet und festigt den Eindruck, den „Finsterwacht“ schon von der ersten Sekunde an hinterließ. Durchschreiten SALTATIO MORTIS auf ihrer Reise durch Aventurien so manches Tal, erklimmen sie dazwischen doch auch stolze Berge, deren Gipfel noch vor einigen Jahren unerreichbar schienen.

Es ist eine unerwartete Rückkehr zu alter Form, die sich vor einer läppischen Fertigkeitsprobe mitnichten zu fürchten braucht. Wenn der 20-Seiter am Ende auch nicht auf der Eins liegen bleibt, so meistern die Mannen um Sänger Alea die ihnen gestellte Prüfung doch mit Bravour.

Veröffentlichungstermin: 07.06.2024

Spielzeit: 42:08

Line-Up

Alea der Bescheidene – Vocals
Till Promill – Gitarre, Bouzouki, Backing Vocals
El Silbador – Sackpfeifen, Schalmeien, Flöten
Luzi das L – Sackpfeifen, Schalmeien, Flöten, Percussion
Falk Irmenfried von Hasen-Mümmelstein – Drehleier, Nyckelharpa
Bruder Frank – Bass
Jean Méchant, Der Tambour – Drums, Percussion, Backing Vocals

Produziert von Vincent Sorg

Label: Prometheus Records / Rough Trade

Homepage: https://www.saltatio-mortis.com/
Facebook: https://www.facebook.com/saltatiomortisofficial

SALTATIO MORTIS “Finsterwacht” Tracklist

  1. Finsterwacht (Video bei YouTube)
  2. Schwarzer Strand (Video bei YouTube)
  3. Vogelfrei
  4. Grimwulf (Interlude)
  5. Der Himmel muss warten (Lyric-Video bei YouTube)
  6. Aurelia
  7. We Might Be Giants (Video bei YouTube)
  8. Feuer und Erz (Video bei YouTube)
  9. Genug getrunken
  10. Carry Me
  11. Oh treues Herz
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