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ROTTEN SOUND: Apocalypse

Eine bittere Bestandsaufnahme der Welt anno 2023: ROTTEN SOUND halten mit ihrem achten Album „Apocalypse“ eine Endzeitpredigt.

Mit dem nicht mehr ganz neuen Slogan „Fast Music For Slow People“ entlocken mir ROTTEN SOUND noch immer ein Lächeln und Nicken. Gleichzeitig wäre auch „Fast Music By Slow People“, oder mit Blick auf den Kalender „Fast Music By Very Slow People“ angebracht. ROTTEN SOUND, die zuletzt 2018 die EP „Suffer To Abuse“ vorwiesen, haben nun fünf Jahre später, beziehungsweise sieben Jahre nach dem letzten Album „Abuse To Suffer“, nicht weniger vor, als das jüngste Gericht zu entfesseln. Sinnigerweise schlicht „Apocalypse“ betitelt, entfesseln die Finnen das Ärgste, was in ihnen schlummert, und erzeugen somit das Beste, das ihnen möglich ist.

Um im klischeetriefenden Jargon des halbvollen oder halbleeren Glases zu sprechen: Für ROTTEN SOUND geht’s eher bergab mit der Welt, als bergauf. Konkret: Für sie sind wir mitten im Endgame – der Titel „Apocalypse“ ist somit durchaus realistisch aufzufassen. Wie in einem Gemälde von Hieronymus Bosch ergeben die einzelnen Tracks ein bitteres, zynisches Ganzes. Und das passt ausgezeichnet zur Musik: Wurde in den letzten Jahren immer wieder das Gas herausgenommen und Wert auf charakteristische Riffs gelegt, scheißen (pardon) ROTTEN SOUND auf ihrem achten Album auf alles. Der HM2-Grind ist komplett ungebremst und es ist ihnen auch ziemlich egal, ob sie mit ihren Songs im Ohr bleiben oder nicht.

„Apocalypse“ zeigt ROTTEN SOUND im Albumformat so energiegeladen und fokussiert wie zuletzt vor 15 Jahren.

Maximale Intensität ist die Devise, und die Finnen komprimieren diese auf ihrem kürzesten Album: 18 Songs in 21 Minuten – das darf man getrost als „kompakt“ bezeichnen. Und so geht „Apocalypse“ auch sofort in medias res. Blast Beats, sägende Riffs, Keijo Niinimaas Geschrei, alles da. Nur: So energiegeladen war die Band im Albumformat seit langem nicht mehr. Das zeigt gerade der Blick auf „Abuse To Suffer“, das im letzten Drittel deutlich an Fahrt verlor. Derartiges leistet sich „Apocalypse“ nicht. Viel mehr heißt die Devise: Nach dem Maximum geht noch mehr.

So fragmentiert „Apocalypse“ zunächst wirkt, so stringent ist das Songwriting. Stilistisch erinnert das an „Murderworks“, aber auch an die Skandi-Grind-Legenden „Inhale/Exhale“ oder „Human 2.0“. Chaotisch und wild sind die Songs, von denen zunächst nur einzelne Fetzen bei den Hörer*innen hängen bleiben, und die schließlich nach und nach festigen. So schwirren erst häufig den restlichen Tag einzelne Riffs im Kopf herum, dann ganze Songs  Das groovige Ende von „Sharing“, der Crust-Track „Suburban Bliss“, das treibende „Digital Bliss“, der tonnenschwere Groove in „Fight Back“ und der chaotische Beginn von „Empowered“ stechen heraus, aber an sich will „Apocalypse“ als Gesamtwerk erfahren werden. Dazu passt auch, dass die Band als Einheit arbeitet. Das schnelle, versierte Drumming, die wie immer starken HM2-Riffs, Keijos Geschrei, das durch das Gebrüll des neuen Bassisten Matti Raappana erweitert wird, der wuchtige Sound, das Artwork – alles passt zusammen.

Maximale Intensität: ROTTEN SOUND liefern mit „Apocalypse“ ein kompaktes, extrem wütendes und bitteres Gesamtwerk.

„Apocalypse“ zeigt ROTTEN SOUND in exzellenter Form, auch wenn oder, gerade weil die Songs nicht so schnell ins Ohr gehen, wie auf den letzten Alben und Hits rar gesät sind. Die rabiate und komprimierte Herangehensweise macht das mehr als nur wett, denn ROTTEN SOUND feiern das Extreme im Grind wie seit langem nicht. Für ein Album wie dieses wartet man eben gerne auf diese „Slow People“. Nach 30 Jahren Grindcore insgesamt und einer relativ langen Pause, zeigen sie sich weder ausgebrannt noch unkreativ, sondern kompakt, fokussiert und bis ans Limit wütend. ROTTEN SOUND sind noch immer relevant, 2023 vielleicht mehr als in den letzten 15 Jahren. Kein Wunder, dass „Apocalypse“ beste Chancen hat, neben „Muderworks“ und „Cycles“ auf den vordersten Rängen in der Diskografie der Finnen zu landen.

Wertung: 8 von 10 Weltenrichter

VÖ: 31. März 2023

Spielzeit: 20:48

Line-Up:
Keijo Niinimaa – Vocals
Mika Aalto – Guitars
Matti Raappana – Bass, Backing Vocals
Sami Latva – Drums

Label: Season Of Mist

ROTTEN SOUND „Apocalypse“ Tracklist:

1. Pacify
2. Equality
3. Sharing
4. Apocalypse
5. Suburban Bliss (Official Video bei Youtube)
6. Renewables (Official Video bei Youtube)
7. Newsflash
8. Digital Bliss
9. True And False
10. Denialist
11. Nothingness (Official Video bei Youtube)
12. Fight Back
13. Patriots
14. Ownership
15. Science
16. Empowered
17. Breach
18. Inflation

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