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MY DYING BRIDE: A Mortal Binding

Beziehungsarbeit lohnt sich immer: MY DYING BRIDE präsentieren mit „A Mortal Binding“ ein würdevolles Spätwerk und mit dem Potenzial diejenigen zu versöhnen, die zuletzt enttäuscht von der Doom-Death-Legende waren.

Beim Titel „A Mortal Binding“ kommt das Publikum von MY DYING BRIDE nicht umhin, die Beziehung zur Band zu hinterfragen. Der Verfasser dieser Rezension hätte sich zwischen 1997 (im zarten Alter von 14 Jahren) und 2004 freiwillig für MY DYING BRIDE in den Tod gestürzt. Dann ließ die Konsistenz nach. Lowlight in der Karriere der Peaceville 3-Legenden war für viele das vor vier Jahren erschienene „The Ghost Of Orion“ – zu Unrecht, findet der Verfasser, auch wenn es nicht so gut gealtert ist, wie erwartet. MY DYING BRIDE, bei denen sich zum Teil altersbedingte Bräsigkeit einschlich und die andererseits mit schweren Schicksalsschlägen konfrontiert wurden, hatten es in der letzten Zeit auch nicht leicht. Ihr dreizehntes Album „A Mortal Binding“ spiegelt das wider.

Entsprechend bitter klingen MY DYING BRIDE auch im Opener „Her Dominion“. Nicht nur Aaron zeigt die Zähne und growlt maximal boshaft, auch das Riffing ist fokussiert und punktgenau, zwischen elegisch und grimmig. Als wollten sie sich dagegen wehren, zum alten Eisen gezählt zu werden, lassen MY DYING BRIDE hier die Muskeln spielen, werden aber in der Folge etwas zugänglicher. „Thornwyck Hymn“ ist ein solider Song, der mit guten Riffs, einer soliden Gesangsleistung und schaurig-schönen Harmonien besticht. Eine gute, wenn auch nicht überragende Nummer, die das Album stilistisch irgendwo zwischen „The Dreadful Hours“ und „A Line Of Deathless Kings“ einspurt.

Viele starke Songs und ein potenzieller neuer Bandklassiker: „A Mortal Binding“ ist ein solides Spätwerk für MY DYING BRIDE.

„A Mortal Binding“ hat viele Songs wie „Thornwyck Hymn“, die alle wirklich gut sind, die in letzter Konsequenz aber keine Klassikerqualitäten erkennen lassen. Es sind einfach die ganz großen Momente, die fehlen. Vielleicht sollten die Rezipienten das von MY DYING BRIDE anno 2024 auch nicht mehr verlangen, sondern sich freuen, dass „A Mortal Binding“ ein insgesamt recht hohes Niveau aufweist – ein Niveau, das die überbewerteten „A Map Of All Our Failures“ und „Feel The Misery“ nicht erreichen konnten. „The 2nd Of Three Bells“ balanciert geschickt auf zwischen Melancholie und Wut, „Unthroned Creed“ zeigt MY DYING BRIDE so lakonisch wie selten, was ihnen ausgezeichnet steht, und bei „A Starving Heart“ ist der Titel Programm. Dieser Song umschifft alle potenziellen Wehleidigkeitsfallen durch kurze, wütende Ausbrüche.

Mit dem elfminütigen „The Apocalyptist“ fahren MY DYING BRIDE aber dann doch die ganz große Songwriting-Kunst auf. Das Stück reiht geschickt verschiedene Stimmungen und Facetten aneinander und baut daraus eine epische musikalische Geschichte, die an Bitterkeit kaum zu übertreffen ist – eine Art Mini-“The Barghest O‘ Whitby“. So kraftvoll war die britische Formation lange nicht zu hören. Das ebenfalls ziemlich ausufernde „Crushed Embers“ reicht daran nicht heran, hier verlieren sich MY DYING BRIDE erst in todtraurigen Momenten, dann geraten die Arrangements ein wenig unentschlossen, weshalb es nicht so recht wirken mag. Auch der abrupte Schluss erzeugt eher Schulterzucken als ein Aufhorchen.

„A Mortal Binding“ zeigt MY DYING BRIDE als souveräne Veteranen – mit Kompositionen auf den Punkt und einer sauberen Performance.

Der Großteil von Andrew Craighans Riffs ist auf „A Mortal Binding“ wirklich bemerkenswert, worauf die Songs gekonnt aufbauen. Auch Aaron Stainthorpe, dessen gedoppelter Gesang auf „The Ghost Of Orion“ mit der Zeit nervte, ist zurück mit alter Stärke. Mit aggressiven, wenn auch verbrauchten Growls, zeigt er eine sehr solide Leistung und illustriert einen würdevollen Alterungsprozess. Die gesamte Band performt sauber, vom wieder eingestiegenen Drummer Dan Mullins über Bassistin Lena Abé hin zu Violinist Shaun MacGowan, durch dessen Beitrag der Kontrast zur Heaviness gut zur Geltung kommt. Obwohl der Verfasser dem Sound von Mags ein wenig hinterher trauert, klingt „A Mortal Binding“ außerdem sehr gut, gerade der voluminöse Gitarrensound ist mehr als gelungen.

Mit dem Schlussfazit ein wenig vorsichtig, da „The Ghost Of Orion“ mehr Größe vorgetäuscht hat, als es tatsächlich bot – vielleicht will sich die Begeisterung deshalb nicht so einstellen, wie sich der Fanboy von damals es sich gewünscht hätte, vielleicht auch, weil die zum Sterben schönen Momente etwas rar gesät sind. Sicher ist jedoch, dass MY DYING BRIDE ihre Kompositionen deutlich songdienlicher klingen lassen als auf den letzten Alben – trotz einiger ausufernder Epen. Damit ist „A Mortal Binding“ ein starkes Spätwerk der UK-Doom-Death-Legenden mit kleineren Schönheitsfehlern und sollte auch diejenigen versöhnen, die MY DYING BRIDE gegenüber zuletzt skeptisch gestimmt waren.

Wertung: 5 von 7 Paartherapien

VÖ: 19. April 2024

Spielzeit: 54:42

Line-Up:
Aaron Stainthorpe – Vocals
Andrew Craighan – Guitars
Neil Blanchett – Guitars
Lena Abé – Bass
Dan Mullins – Drums
Shaun MacGowan – Violin, Keyboards

Label: Nuclear Blast

MY DYING BRIDE „A Mortal Binding“ Tracklist:

1. Her Dominion
2. Thornwyck Hymn (Official Video bei Youtube)
3. The 2nd Of Three Bells (Official Video bei Youtube)
4. Unthroned Creed
5. The Apocalyptist
6. A Starving Heart
7. Crushed Embers

Mehr im Netz:

https://mydyingbride.net/
https://mydyingbrideofficial.bandcamp.com
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