Was ist das Hauptproblem bei Bands mit großer Besetzung – mal vom Finden eines Probetermins, an dem alle Zeit haben, abgesehen? Vermutlich, dass jeder seine eigenen Ideen und Einflüsse einbringen will…zumindest lassen die beiden zeitgleich veröffentlichten Alben „Bath“ und „Leaving Your Body Map“ von MAUDLIN OF THE WELL diesen Schluss zu. Die neun Musiküsse werfen ruhige, jazzlastige Improvisationen mit technischem Death Metal, Alternative-Melodiebögen und den experimentellen Klängen von THE 3RD AND THE MORTAL in einen großen Topf, rühren einmal kräftig um, würzen mit atonaler Musik, und heraus kommt eine recht zwiespältige Melange.
Die sanften, gefühlvollen Momente auf „Bath“ können zumeist überzeugen, das eröffnende Instrumental „The Blue Ghost/Shedding Qliphoth“ baut sich beispielsweise über acht Minuten derart kunstvoll auf, dass es auch durchaus auf „Painting On Glass“ der eingangs erwähnten Klangkünstler aus Norwegen hätte stehen können. Zu begeistern weiß auch das knapp elfminütige „Birth Pains Of Astral Projection“, das getragene, komplexe Melodien mit einer an Alternative-Bands erinnernden Leichtigkeit verbindet. Doch das wird der Band schon wieder viel zu harmonisch und konventionell, so dass unbedingt ein wohl nur mit Peter-Lustig-meets-Pink-Panther zu umschreibendes Instrumental folgen muss.
MAUDLIN OF THE WELL schaffen es nicht, ein Gesamtkunstwerk zu erzeugen
Überhaupt scheint mir, dass die Band ständig von der Angst umgetrieben wird, man könne sie auf einen Stil festlegen. Also werden gerade entstandene, mühsam und kunstvoll aufgebaute Stimmungen im Handstreich vernichtet. Gerade die harten, schrägen Elemente stören immer wieder das Gesamtbild, da einfach nicht klar wird, was sie neben den vielen relaxten Stücken zu suchen haben. Auch fallen sie qualitätsmäßig stark gegenüber dem Rest ab. Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Band krampfhaft versucht, avantgardistisch, postmodern und elitär zu klingen – was auch durch die muntere Ansammlung verschiedenster Zitate von Vergil über englische Romantiker bis hin zu Aleister Crowley im Inlay deutlich wird – und dabei doch stets den Anschein erweckt, dass hier nur unter dem Deckmantel der Kunst zum Selbstzweck songwriterische Schwächen kaschiert werden sollen.
Laut Info verfolgen MAUDLIN OF THE WELL hohe und hehre künstlerische Ziele, was absolut lobenswert ist, doch scheitert die Umsetzung dieser Ziele vorläufig noch, das Anliegen der Band kommt nicht an beim Hörer. Ein Gesamtkunstwerk ist nicht auszumachen zwischen all den wirren und brüchigen Strukturen.
„Bath“ ist wohl nur für Freunde experimenteller Kopfmusik gedacht
Bevor jedoch ein zu negativer Eindruck entsteht, will ich doch aber auch die über lange Strecken wirklich hochklassigen ruhigen Kompositionen verweisen, nur kann man sie nie wirklich entspannt genießen, sondern muss jederzeit auf der Hut sein vor der nächsten Attacke tonleiterfremder Klänge. Freunde experimenteller Kopfmusik mögen in „Bath“ einen geeigneten Soundtrack für das nächste Abenteuer in der eigenen Phantasie finden, mich stört jedoch der elitäre Anspruch, über allen Konventionen stehen zu wollen, denn er leitet die neun Musiker gelegentlich auf Abwege, die dem Gesamteindruck eher abträglich sind.
Spielzeit: 61:02 Min.
Line-Up:
Jason Bittner – Trompete
Jason Byron – Gesang, Keyboards, Percussion
Toby Driver – Gesang, Gitarre, Bass, Keyboards, Cello, Percussion
Maria-Stella Fountoulakis – Gesang
Sam Gutterman – Gesang, Schlagzeug, Percussion, Gitarre
Nicholas Kyte – Bass
Greg Massi – Gesang, Gitarre
Terran Olson – Gesang, Keyboards, Klarinette, Flöte, Percussion
Josh Seipp-Williams – Gitarre
Produziert von Jim Fogarty
Label: Dark Symphonies
MAUDLIN OF THE WELL „Bath“ Tracklist
- The Blue Ghost/Shedding Qliphoth
- They Aren’t All Beautifull
- Heaven And Weak
- (Symbol 1)
- The Ferryman
- Marid’s Gift Of Art
- Girl With A Watering Can
- Birth Pains Of Astral Projection
- (Symbol 2)
- Geography