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GREYHAVEN: Greyhaven

Ab und an geschieht es: eine junge, unbekannte Band taucht auf und veröffentlicht ein Debüt, das alten Hasen Staunen und Fürchten lehrt. Zwischen New Age- und Ambient-Klängen, Art Rock und Progressive Metal entfaltet sich auf `Greyhaven` ein dichtes Meisterwerk.

Ab und an geschieht es: Eine junge, unbekannte Band taucht auf und veröffentlicht ein Debüt, das alten Hasen Staunen und Fürchten lehrt. Und schließlich zum Klassiker avanciert. Sicher, jene legendären Erstveröffentlichungen kann man an zwei Händen abzählen, und es mag gewagt erscheinen, wenn ich nun den Amerikanern GREYHAVEN derlei Potential attestiere. Und doch: Eines der letzten Band-Debüts, das mich ähnlich in seinen Bann zog, war DREAM THEATERs “When Dream And Day Unite”, nach wie vor zu den epochalsten Werken der Geschichte progressiven Rocks bzw. Metals überhaupt zählend. Ich erinnere mich noch, wie ich vor meinen Boxen saß, gebannt ob der atmosphärischen Dichte und der musikalischen Tiefe jenes Klangmonumentes.

Die gleiche Magie strömt auch aus der Musik GREYHAVENs. Nicht, dass die Amerikaner ähnlich vertrackt zugange gehen würden wie das Traumtheater: Breaks gibt es zwar in ausreichendem Maße, doch im Mittelpunkt stehen stets Melodie und Atmosphäre. Und Gefühl. In punkto Ausdruckskraft stehen GREYHAVEN den FATES WARNING der “No Exit” und “Perfect Symmetry”-Phase nicht nach. Insbesondere Sänger Brian Francis erinnert bei härteren Passagen in Timbre und Stil ein ums andere Mal an den jungen Ray Alder: Technisch noch nicht perfekt, doch ebenso begabt, Emotionen in expressive Stimmgewänder zu kleiden. Man höre nur “Mirror My Eyes”, das – mit Ausnahme der Keyboard-Klänge – ohne Weiteres aus den Federn eines Jim Matheos und seiner Weggefährten stammen könnte.

Bei GREYHAVEN hat man nie das Gefühl, sich in einsamen Weiten zu verlieren

Denn eben jener Meister des anspruchsvollen Sogwritings pflegt seine Musik mit eben jenem Hauch Melancholie zu tränken, der auch bei GREYHAVEN allgegenwärtig ist. Doch bei Letzteren klingt das Resultat weit wärmer, tröstlicher. Der Hörer hat nie das Gefühl, in die graue Leere abzusacken und sich in einsamen Weiten zu verlieren. Nicht zuletzt dank der einfühlsamen Keyboard-Klänge, die Ethan Hawkes reichlich einstreut, erhellt immer wieder ein warmer Hoffnungsschimmer die kühle Nacht.

Jene Keyboard-Klänge verleihen der jungen Band auch ihre ureigene musikalische Identität. Denn sie sind nicht nur in höherem Maße als gewöhnlich tragender Bestandteil des Soundgefüges an sich, sie beziehen ihre klanglichen Einflüsse auch nicht aus dem üblichen Kreis progressiver Tastenhelden. In vielen Passagen stand kein Keith Emerson, Jon Lord oder Rick Wakeman Pate, sondern die deutschen Synthesizer-Altväter TANGERINE DREAM. Ungewöhnlich, ja, doch wer einmal die pluckernden Sequenzen eines “Ride The Horizon” oder eines “Shards Of Sky” gehört hat, wird erstaunt sein, wie wundervoll derlei Klänge mit klassischen Progressive Rock/Metal-Elementen harmonieren und sich nicht mehr satt hören können.

“Greyhaven” ist ein atmosphärisches Meisterwerk

Nun, der Rahmen ist abgesteckt: Zwischen New Age- und Ambient-Klängen, Art Rock und Progressive Metal entfaltet sich auf “Greyhaven” ein dichtes Meisterwerk, das die Atmosphäre und Virtuosität des DREAM THEATER-Debüts, die emotionsstarken Momente sowie die rifflastigen Passagen FATES WARNINGs und schließlich die visuelle Kraft der großen Werke TANGERINE DREAMs vereint. Gelungenstes Beispiel für diese Synthese: das überirdische “Solitude Surrounding”.

Sicher, noch ist nicht alles perfekt: Die Produktion könnte transparenter und kraftvoller sein (einmal mehr eine Parallele zu “When Dream And Day Unite”) und die Stärken der Band noch gebündelter präsentiert werden. Doch ganz ehrlich: Wenn ich nur daran denke, dass diese Band erst am Anfang steht und dass sie in Bälde einen NOCH besseren Nachfolger präsentieren könnte, wird mir geradezu himmelhochangst… wenn ich JETZT schon entrückt lauschend vor den Boxen sitze, in welche Sphären werde ich DANN erst entschweben?

Spielzeit: 62:54 Min.

Line-Up:

Brian Francis – Vocals
Ethan Matthews – Sythesizer & Lead Guitar
Nate Howard – Rhythm & Lead Guitar
Nick Cipriano – Drums & Percussion

Produziert von E. Matthews & Greyhaven
Label: RectAngular/Angular Records

Homepage: http://www.havenweb.com

GREYHAVEN “Greyhaven” Tracklist

  1. Ride The Horizon
  2. Setting Sun
  3. Mirror My Eyes
  4. Downfall
  5. Approaching The Twilight
  6. Shards Of Sky
  7. Solitude Surrounding
  8. Greyhaven
  9. Cold Night By The Fortress
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