Do you remember the good old days
Before the ghost town
We danced and sang as the music played
Like in the boomtown
We still do, actually. „Ghost Town“ ist 2025 allen Ernstes als 12″-Single erschienen, na ja, ich lebe digital, ich brauch sowas nicht, aber das Lied mag eine der fünf besten Coverversionen aller Zeiten sein, und das Video ist der Hammer. Und auch, dass ich wieder ein Jahr nicht nur überlebt, sondern tatsächlich erlebt habe, ist bemerkenswert; die folgende musikalische Liste ist Beweis dafür, ist Tagebuch und Spiegel des Inneren, für die Nachwelt (haha) festgehalten und deshalb mir immer so wichtig. Es war ein intensives Jahr, voller Herausforderungen, großer emotionaler Momente in jede Richtung, und bevor ich noch weiter ins prätentiöse Phrasendreschen abdrifte und irgendeinen meiner ca. 23 Leser verliere, verspreche ich: Dieser musikalische Jahresrückblick ist besonders gut! Er bringt’s! Und das, obwohl oder gerade weil ich drauf und dran bin, ein vollkommen ausgewhimpter Post-Metal-Poser zu werden.
(Wie immer: Die Links hinter den Titeln führen entweder zum Review hier auf Vampster oder direkt zur Bandcamp-Seite der Veröffentlichung.)

Zehn Werke für die Ewigkeit
Ich gestehe, ich liebe DEAFHEAVEN, aber DEAFHEAVEN ist nicht auf Platz 1, auf Platz 1 ist, völlig überraschend (jedenfalls für mich),
AFSKY: Fællesskab

Mein überschwängliches Review spricht ja bereits Bände, aber als ich AFSKY dann auch noch live gesehen habe auf der „European Flagellation“-Tour, zusammen mit den ebenfalls hervorragenden AMIMIA und MYRDAL, war mir endgültig klar, dass meine Welt diese Band gebraucht hat. Nach wie vor sorgt jeder Durchlauf für Gänsehaut: Dieses Album ist von vorne bis hinten ein einziger großer Wohlfühlmoment und gerade wegen seiner Unperfektheit einfach nur perfekt. Der Old-School-90er-Gag mit dem Hidden Track auf der CD-Version, den offenbar aber kaum ein Fan tatsächlich gefunden hat, weil man eben heutzutage nicht mehr mit sowas rechnet und im Alltag halt lieber streamt (oder Dateien abspielt), ist dann noch das Tüpfelchen auf dem i (und „Ouverturen till undergangen“ trotz Instrumental-Charakter eine nette Weihnachtsüberraschung gewesen).
AGRICULTURE: The Spiritual Sound

Schleierhaft ist mir Kollege Christophs Verdacht, auf „The Spiritual Sound“ fehle irgendwas. Da ist doch alles drauf: Auf-die-Fresse-Punk, eingängige Hooks, edelster Post-Black-Stoff, bis auf den Urgrund der Seele reichender Indie-Gesang und nicht zuletzt „Bodidharma“, das ich zuerst als Musikvideo wahrgenommen habe, wobei es mir komplett die Schuhe ausgezogen hat, so faszinierend fand ich diesen brillianten Horror-Kurzfilm:

Ist es die kaputte Welt, die dafür sorgt, dass ich nicht mehr nur Eingängiges, sondern auch soviel kaputte Musik mag? Na ja: YELLOW EYES sind ja nun hier auch so eingängig wie noch nie, ohne ihre Derangiertheit auch nur ansatzweise verloren zu haben. Das hier ist ebenfalls spirituelle Kunst in Perfektion und auch eine, zu der man verdammt nochmal, äh, abrocken kann. Wenn das nämlich nicht geht, bringt es mir auch nichts.

Was wäre meine Top 5 ohne mindestens einen Geheimtipp? Dass URISK immer noch ein solcher sind, ist nur damit zu erklären, dass Labels und Promotion bzw. der „Darf ich das denn auch gut finden?“-Reflex nach wie vor das Hören der meisten Menschen bestimmen. Dass ich am gegenteiligen Effekt leide – was kaum jemand kennt und gut findet, hör ich mir ganz genau an, Bekanntes lasse ich eher liegen -, ist aber kein Grund dafür, dass URISK hier stehen: URISK sind nämlich einfach nur brilliant, dazu noch ungemein sympathisch und von umme Ecke. Sie sollten groß rauskommen!
DEAFHEAVEN: Lonely People With Power

Album-Titel des Jahres! Und obwohl sie jeder geil findet, auch (fast) Album des Jahres, denn seien wir mal ehrlich, alle fünf Alben hier oben hätten den Titel verdient. Nach dem furchtbaren Vorgänger (wie hieß er noch gleich?) hatte ich der Band dieses Meisterwerk nicht mehr zugetraut – umso größer meine Freude, als es bei jedem Durchlauf wuchs und wuchs und schließlich sogar „Ordinary Corrupt Human Love“ als meinen DEAFHEAVEN-Favoriten verdrängte. Punch, Gefühl, kompromisslose Härte, Melancholie usw., hier stimmt alles und passt alles zusammen, auch und gerade so ein Kurzfilm wie dieser hier:
VARO: The World That I Knew

Und noch etwas, was ich nicht für möglich gehalten hätte: dass dieses Album, 2020 als Pandemie-Projekt angekündigt, dann doch noch irgendwann mal erscheinen würde. Aber da ist es! VARO versammeln hier ein Who-Is-Who der alternativen Folk-Szene Irlands und verzaubern die Liebste und mich gekonnt mit einem wunderschönen und von Spud Murphy mal wieder genial produzierten Stück nach dem anderen. Besonders schön: „Green Grows The Laurel“ mit John Francis Flynn und „Sweet Liberty“ mit Ian Lynch (LANKUM). Oder man schaue und höre sich „Lovers And Friends“ an, mit einem herrlich abgründigen Arrangement, das dem Text eine ganz neue Ebene hinzu fügt:
BELL WITCH & AERIAL RUIN: Stygian Bough Vol. II

Erstaunlich ist es eigentlich nur vordergründig, dass mir „Stygian Bough Vol. II“ so nahe geht: Ich mag nämlich (bisher?) weder BELL WITCH noch AERIAL RUIN. Aber in einer Zeit, in der die Welt, geführt von machtbesessenen Irren, unbelehrbaren Idealisten und stinkreichen Firmenbossen, die jeden Bezug zur Realität bereits verloren haben, in einem atemberaubenden Tempo auf den Abgrund zusteuert, brauche ich Momente der Ruhe und Kontemplation mehr denn je, und davon gibt es hier reichlich: Allein die erste Melodiefahrt, wenn die Gitarre nach ein paar Minuten plötzlich die Seele erlöst (und davon gibt es noch mehr, noch viel mehr hier!). Oder der Moment, wenn Erik Moggridge nur von Akustik-Gitarre begleitet die Klinge erhebt… Wahnsinn. Ein monumentales Album, die pure Katharsis.

Eine Konstante in meinen Reviews ist ja das Lob des Basses, und diese lebensfrohen Dänen bekommen es hier gleich nochmal: Was für ein tolles Bassspiel! Aber „Lykke“ („Glück“ – großartiger Titel für ein depressives Black-Metal-Album, oder?) bietet so viel mehr und war mir in schwierigen Momenten, in denen ich auch gerne so geschrien hätte wie der Sänger hier, einfach eine große Stütze.
HEXECUTOR: …Where Spirit Withers In Its Flesh Constraint

Puh, doch nicht völlig ausgewhimpt. Da ist es ja, mein Trad-Metal-Album des Jahres. Die Breaks, Hooks und Riffs sind von vorne bis hinten perfekt hier, und die Band hat ein Bandlogo, das aus Exekutionsmaschinen besteht! Sehr viel geiler geht es nicht, und das wisst ihr auch, also anhören, bitte, wenn ihr auch nur ein bisschen was für traditionellen extremen Metal übrig habt.
HABAK: Mil orquídeas en medio del desierto

Die Top 10 wird beschlossen von einer Band, die ich erstaunlicherweise noch nicht kannte, obwohl sie eigentlich wie für mich gemacht ist: melodisch und melancholisch bis ins Mark, aber mit wütender Punk-/Crust-Energie gesegnet und voll mit Hass. Was will man mehr?
Fünfzehn weitere funkelnde Edelsteine in einem endlosen Sumpf aus Schrott
TURBOSTAAT: Alter Zorn

Ich liebe und verehre TURBOSTAAT seit ihrem Debüt (2002) und halte sie trotz ihres unbestreitbar großen Einflusses für künstlerisch einzigartig, weshalb es mich auch gar nicht stört, dass sie im Grunde immer wieder den gleichen Song aufnehmen. „Alter Zorn“ hat ob des oberflächlich etwas zahmeren Sounds etwas gebraucht bei mir, wollte aber dann immer wieder gehört werden und ist nicht zuletzt wegen der Entstehungsgeschichte (Sänger Jan hat vor den Aufnahmen einen Herzinfarkt überlebt) durchaus ein emotionales Highlight. Und mit „Mutlu“ und „Otto muss fallen“ sind mindestens zwei brilliante Songs drauf, die sich vor den alten Sachen nicht zu verstecken brauchen.
THE TAXPAYERS: Circle Breaker

Etwas Schönes am Älterwerden ist ja, dass man Entwicklungen verfolgen kann, die nicht immer schlecht sind: THE TAXPAYERS waren früher eine herrlich versoffene Punk-Band mit massiven Country-, Folk- und Jazz-Einflüssen, aber dann hat der Kopf der Band aufgehört zu trinken, und nun liegt mit „Circle Breaker“ ein Album vor, das vor Lebensbejahung nur so strotzt und mit dem die Band offenbar den großen AJJ Konkurrenz machen möchte und ebenfalls in Indie-Gefilden wildert. Das klappt wegen der wunderschönen Melodien und emotional eindringlichen Texte, die die Finsternis nie vergessen (herzzereißend: „Nobody Is A Lost Cause“ und „Constant Headlines“, aber auch eigentlich alle anderen) ganz hervorragend.

Ein Album wie eine heiße Badewanne voller erhabener Schaumberge (wundervoll, oder? Bin ein bisschen stolz.): Doom wie er sein soll, tröstlich, unerbittlich, raffiniert. Und nicht eine Sekunde lang langweilig.
CERCLE DU CHENE: Recits d’Automne et de Chasse

Dieses Projekt aus Frankreich ist eine Art weibliche Version von SUMMONING und verzaubert ohne Ende, wenn das Bedürfnis nach Märchen mal wieder zu stark wird.

„Schönheit“ heißt dieses Album, und da Schönheit an allen Ecken und Enden fehlt, nur nicht in der Kunst (wenn man gut suchen kann), ist das auch ein ganz wunderbarer Titel für ein Post-Black-Metal-Album. BESNA gehen dabei eher mit dem Holzhammer zu Werke, was ja hin und wieder auch mal ganz reizvoll ist.
EBONY PENDANT: Threnodies From The Coldlands

Hier hingegen wird der Holzhammer mit dem Florett getauscht. Kurz vor Weihnachten kamen die mir bis dato unbekannten EBONY PENDANT mit ihrem betont trven Black Metal voller Romantik, Sehnsucht, Einsamkeit und megageiler Riffs um die Ecke und eroberten mein Herz im Sturm. Manchmal liegt eben immer noch im Einfachen die tiefste Seele.

Ob es Absicht war, „Mono | Tod“ so, nun ja, warm klingen zu lassen? Die Wärme jedenfalls ist trügerisch, wird hier doch dem totalen Absturz gehuldigt. Wer damit umgehen kann, möge mittun, es ist ganz schön geil.

Moment, Black Metal und Son Cubano bzw. Salsa? Man möchte Reißaus nehmen, aber damit ist man ja nun nicht alleine und bleibt dann doch – gut so! Das hier ist so überraschend wie eingängig, ein großer Spaß und doch irgendwie tiefgründig.

Ich bleibe dabei: Dieses Album hätte einen anderen Sound verdient. Er ist zu dünn. Denn die Songs sind allesamt unglaublich fett. Und geil. Und überhaupt: Eulen!
FER DE LANCE: Fires On The Mountainside

Noch so ein fettes Album. FER DE LANCE sind eine dieser sympathischen Epic-Metal-Bands, die man als Nerd einfach lieb haben muss. Ein ganz starkes zweites Album, Feuer aufm Berg und dicke Hose. Wundervoll.

Moment, Black Metal und Psychedelic Rock aus den 70ern? Man möchte Reißaus nehmen, aber die Türen der Morgendämmerung sind einfach zu schön und einladend, also tritt man hindurch und hat den Salat: Ein Mann in Schlaghose und Corpse Paint tanzt und krächzt zu Disco Beats, daneben steht ein weiterer und haut einfach mal ein schmissiges 10minütiges Gitarrensolo raus. Die Welt ist voller Wunder.
GREET: I Know How To Die

Aus der Asche der Anarcho-Black-Metal-Band DAWN RAY’D sind zwei Projekte entstanden, die mit Metal mal so gar nichts zu tun haben: Simon Barr lebt mit ANCIENT HOSTILITY seine Liebe für Harmony Singing aus, und Matthew Broadley hat mit GREET eine gemütliche Mischung aus Harmonium-Drones und mittelalterlich anmutender Folklore parat. Diese hat eine ungemein beruhigende, aber irgendwie auch belebende Wirkung, und das Artwork ist einfach nur fantastisch, oder?

Wiederum total finster besorgen es uns TREST, und das ist ja auch hin und wieder vonnöten. Ein ganz starkes, ungemein atmosphärisches Black-Metal-Werk (mit einem ebenso genialen Cover!), deren musikalische Versatzstücke man meint, irgendwoher zu kennen, so aber dann halt noch nie gehört hat.
RAGANA & DROWSE: Ash Souvenir

Das queere anarchistische Duo RAGANA hat sich mit einem Ambient-Künstler namens DROWSE zusammengetan für ein Konzeptalbum über Verlust und Erinnerung. Es kann Krach ebenso wie Doom und Americana und ist ein weiteres schönes Beispiel für fruchtbare Kollaborationen zwischen spannenden Projekten.

Oh Mann, Funeral Doom kann auch so schön sein: Bei SUTRATMA handelt es sich um Veteranen des Genres, hier nun mit neuem Sänger, und der kann nicht nur exzellent grunzen, sondern auch ganz passabel singen. Dass die Gitarren etwas zu leise und die Keys etwas zu laut sind: geschenkt, wenn man erstmal in der traurigschönen Atmosphäre, die „Adrift“ vermittelt, versunken ist.
Es war nicht alles Album dieses Jahr
Wer meine bisherigen Jahresrückblicke kennt, weiß, dass ich mich eigentlich immer nur auf Alben konzentriert habe. Ich liebe das Format einfach und kann Lieder außerhalb von Alben überhaupt nur in Ausnahmefällen hören. Die EP als „kleines Album“ habe ich immer belächelt, dabei ist sie, wenn man eh schon wenig Zeit hat zum Musikhören, eigentlich die perfekte Wahl, hat man damit doch ein in sich abgeschlossenes Werk, das aber eben recht kurz ist. Wie kurz ist denn nun aber eine EP? Ich würde sagen, alles unter 30 Minuten ist eine solche – oder aber eine Veröffentlichung, die offiziell oder zumindest bei Metal Archives als solche gekennzeichnet ist.
2025 habe ich gar nicht bewusst mich dazu entschlossen, mehr EPs zu hören, sie kamen einfach. Und plötzlich muss ich nicht nur eine ausführliche Albenliste, sondern auch eine mit EPs schreiben, denn diesmal ist es sogar so, dass die EPs musikalisch den Alben mindestens das Wasser reichen können. Veröffentlichen Bands mittlerweile einfach häufiger EPs, weil sie genau wissen, dass sie so der Veröffentlichungsflut zumindest ansatzweise ein Schnippchen schlagen könnten? Vielleicht, aber das kann den Anstieg innerhalb nur eines Jahres hier nicht erklären. Ach, ich weiß es nicht, und es ist ja auch völlig egal, hier sind sie, meine 15 Highlights der kurzen Form 2025:

Wobei sich dieses Werk eines Veteranen der USBM-Szene (Aaron Charles von FALLS OF RAUROS und RHUN), sein neuestes Projekt, anfühlt wie ein vollständiges Album, so abwechslungsreich und in sich geschlossen ist es. Drei Songs, die drei Facetten seines Schaffens zeigen, verbunden mit wunderschönen kleinen Instrumentalstücken – ein großartiges Konzept, das ich gern mindestens doppelt so lang erleben würde. Wie hier verträumt-bombastische, an SUMMONING erinnernde Melodien mit räudigem Punk und depressiver Raserei a la ULTHA und YELLOW EYES verbunden werden, habe ich so noch nicht gehört und möchte dafür das verpönte Wort „genial“ in den Ring werfen. Und dann dieses zauberhafte Artwork! Mehr davon!!

Das Sommerloch, sofern es denn eines gegeben hat, habe ich dieses Jahr mit TRHÄ gestopft, und das kam so: Als es noch Frühling war, habe ich spontan am Dortmunder Hafen ein kleines Open-Air-Konzert zweier australischer Punk-Bands besucht und bin dort überraschenderweise mit einem Bekannten ins Gespräch gekommen, mit dem ich bisher noch nie ins Gespräch gekommen war. Und der hat mir TRHÄ empfohlen. Der Rest ist Geschichte, mühsame Geschichte, denn wie verschafft man sich bloß einen Überblick über ein Projekt, das binnen fünf Jahren zig Releases rausgehauen hat? Ich habe es irgendwie geschafft und ein paar tolle EPs und Alben gefunden, aber das Beste hat TRHÄ mit „lact’eben“ im Sommer dann praktischerweise frisch veröffentlicht. Was für ein großartiges, hoch emotionales Stück Musik! Auch dies könnte ein Album sein, lang genug ist es, aber es soll wohl eine EP sein, na ja, dann ist das eben so.

Es gibt eine Epic-Doom-Variante, die sich durch eine besonders sakrale Atmosphäre auszeichnet und die ich wahnsinnig liebe, aber als aktuelle Vertreter derer habe ich bisher leider nur FVNERAL FVCK, THE TEMPLE und eben nun PRECENTOR gefunden. Letztere spielen das christliche Game so konsequent aus, dass man meinen könnte, sie meinen es ernst. Na ja, warum auch nicht? Die Musik jedenfalls ist ein einziger Ohrwurm, warm, sanft, tröstlich bis ins Mark. Ein Traum.

Fand ich das 2024er-Album „Der böse Geist“ noch überbewertet, konnte mich die diesjährige EP „Vom Gipfel“ sofort komplett abholen. Die Produktion ist etwas weniger kratzig, aber immer noch ganz klar Raw Black Metal, und die Melodien sind reiner Zucker. Da bin ich sehr aufs zweite Album gespannt!

Das zweite Demo der aufstrebenden Bonner Band ist etwas mehr klassisch auf Black Metal produziert als das Album und bietet einen höheren keltisch-schottischen Einfluss, was mir sehr zusagt. Die Progressive-Anteile sind trotzdem vorhanden, zum Glück, und die Songs sind weiterhin in erster Linie Songs, und zwar sehr gute.
TRHÄ: di nido jad – ◊untwan law¶ur dëhajt◊ejn – a∫ëtana lín bë

TRHÄ schon wieder!
DUESENJAEGER: Solaire

Zu DUESENJAEGER immer das Gleiche zu schreiben, ist irgendwie auch müßig, aber da sie sich seit 25 Jahren jeder wie auch immer gearteten Weiterentwicklung konsequent verweigern, schreibe ich einfach: Es ist immer wieder wie Nach-Hause-kommen. Bleibt festzuhalten, dass hier mit „Solar“ ihr vielleicht bester Song überhaupt drauf und „Kantholz“, hehe, echt ein schöner Titel ist:
KACKSCHLACHT: 2025

Boah, sieben Jahre haben diese Penner für gerade mal 20 Minuten Ranzpunk-Musik gebraucht. Es ist eine Frechheit. Auch, wie geil die Musik geworden ist. Richtig stabiler Klang, gute Texte, schönes Cover, ihr habt sie doch nicht mehr alle.
LISA O’NEILL: The Wind Doesn’t Blow This Far Right

Man kann darüber streiten, ob die tiefe Schwere, die LISA O’NEILL mit dieser EP transportiert, gerade noch klar geht und der Welt angemessen ist oder einfach üblen Kitsch darstellt. Das Lied über Obdachlosigkeit in Dublin kriegt die Kurve so gerade noch durch den eingebauten O-Ton, „The Bleak Midwinter“ ist wunderschön, mit „Mother Jones“ würdigt sie eine alte Heldin der Arbeiterbewegung – ja, LISA O’NEILL ist und bleibt eine der Größten der alternativen Folk-Szene.
FLUISTERAARS: De Kronieken Van Het Verdwenen Kasteel – III – Grunsfoort

Nachdem mich die ersten beiden Teile der Alte-Schlösser-Serie von FLUISTERAARS leider noch nicht hatten begeistern können, war der dritte Teil eine willkommene Überraschung: Hier spielen sie ihre Stärken wieder konsequent aus, das Urwüchsige, Rohe, ohne dabei Melodie und Atmosphäre zu vernachlässigen.
LIFE: …and still it flutters

Damian Anton Ojeda liebt und kann nicht nur Black Metal (TRHÄ) und Blackgaze (SADNESS), sondern auch guten alten Screamo bzw. „Skramz“, und diese Liebe hat er 2025 mit seinem Projekt LIFE wiederbelebt, indem er einfach mal mehr als zehn Demos und EPs und ein Album damit aufgenommen und veröffentlicht hat (ja, ich verstehe auch nicht, wie er das macht). Mir ist dabei überhaupt nicht klar, nach welchen Kriterien er Musik als „Demo“ klassifiziert, aber „…and still it flutters“ ist offenbar keins, und es ist die Veröffentlichung, die mir bislang am besten gefällt. Hab aber auch noch längst nicht alle gehört…
THE BLOOD MOUNTAIN BLACK METAL CHOIR: Folklore

Mit seinem Blackgaze-Projekt ISLEPTONTHEMOON hat dieser Mensch mich leider enttäuscht, aber sein BLOOD MOUNTAIN BLACK METAL CHOIR hat nicht nur einen brillianten Namen, sondern auch sehr starken – nun ja – Black Metal mit interessantem politischen Hintergrund zu bieten.
PANOPTICON: The Poppies Bloom For No King

Austin Lunn hat 2025 zwar zwei Alben veröffentlicht, beide haben mich jedoch enttäuscht (eines ist lahmer Americana, das andere unnötige Resteverwertung). Nicht so diese EP – der Titeltrack ist ein mitreißender Black-Metal-/Crust-Bastard mit starker politischer Botschaft zu Immigration in den USA inklusive emotionalem Spoken-Word-Sample eines Betroffenen, und die Erlöse gehen direkt an eine entsprechende Organisation.
DRUDENSTEIN: Der Bergristall im Tannenhain (Uraufführung 1925)

Okay, musikalisch geht im Black Metal eigentlich mehr, aber bitte schaut euch Cover, Album- und Songtitel an, dann wisst ihr, warum das Teil hier steht. Außerdem bietet es wundersamerweise die Gelegenheit, einen alten Helden der 90er-Black-Metal-Szene, Jorge von DRAUTRAN, mal wieder kreischen zu hören!
OLD NICK: Where Poison Apples Grow

Diese Zusammenstellung der Halloween-Singles von OLD NICK alias Abysmal Specter kam schon am 2. Januar 2025 raus, und ich hatte mich das ganze Jahr über darauf gefreut, sie an Halloween zu hören. Dann war plötzlich Weihnachten. Na ja, ist ja auch gruselig (und, ach ja: Das phänomenale „The Kloven Hoof Of Krampus“ gibt’s auch noch)! Jedenfalls musikalisch ist das hier nicht weniger als fantastisch: komisch, grotesk, catchy as hell und deutlich besser als die aktuelle CURTA’N-WALL-EP „Georgie And The Dragon“, die mich leider enttäuscht hat.
Es gibt aber ja auch noch andere Formate, z.B. das Split- und das Live-Album, und beide habe ich 2025 ausgiebiger gewürdigt als sonst. Irre (gut):
SADNESS/LUX: Dusk Garden

Oh, so viel Gefühl. So unglaublich viel Gefühl! Ist es nicht schön, etwas fühlen zu können? Wir sollten alle mehr fühlen, wenn wir mit dem Denken fertig sind, es kann nicht schaden. „Midnight Rain“ von SADNESS ist hier drauf, ein Epos, das nur aus Gefühl besteht, es ist fast zu schön, um wahr zu sein.
OCCULT BLOOD/CARRION BLOOM: Battle Cries Of Endless Night

Fucking Hell. Wer traditionellen, großartig und fett produzierten Black Metal mit Punk-Kante braucht, ist hier richtig. OCCULT BLOOD galoppieren auf dämonischen Rössern vorneweg, CARRION BLOOM reißen hymnisch und leidenschaftlich alles ab.
SADNESS/ABRICTION: That Lasts Forever

ABRICTION ist quasi SADNESS in weiblich und mit mehr Groove und die Songs hier drauf sind so stark und verträumt und schön, dass auch sie im Sommer ein paar Durchläufe spendiert bekommen haben bei mir.
GOBLIN BAND: A Loaf Of Wax (Live from MOTH Club)

GOBLIN BAND ist eine queere Trad-Folk-Band aus Süd-London, die schöne Kostüme und besetzte Häuser mag und das mit dem Folk auch noch richtig gut macht. Die Entscheidung, als erste große Veröffentlichung ein Live-Album zu wählen, wird damit begründet, dass die Band nur live richtig erfahren werden kann. Das mag sein, aber auch die Aufnahme ist großartig: Der Klang ist spitze und definitiv eines Studioalbums ebenbürtig, die Songs machen Spaß, besonders instrumental (u.a. hat man eine klassisch ausgebildete Violinistin dabei), und sie haben einen coolen politischen Biss, der in den Ansagen immer mal wieder aufblitzt.
MEWITHOUTYOU: Live Vol. II

Die großartigen MEWITHOUTYOU verabschieden sich posthum aktuell mit einer Reihe fantastischer Live-Alben (sie bitten übrigens darum, den Titel wie das Verb „to live“ auszusprechen), die ich als mittelalter Fan dieser einzigartigen Post-Hardcore-Band hier nicht unerwähnt lassen kann.

Viel besser als jedes Live-Album ist aber natürlich ein echtes Konzert. Was habe ich mich auf SUN WORSHIP beim Culthe-Fest in Münster gefreut, und dann sagen sie einen Tag vorher ab! Na ja, der Besuch hat sich trotzdem gelohnt (u.a. wegen ALKERDEEL und TAKH), und sie kommen 2026 ja dann hoffentlich wirklich. Alles in allem ist es jedenfalls großartig, ein Festival mit einem derart sympathischen Konzept (genreübergreifende Bands aus dem dunklen Spektrum, aber bitte antifaschistisch) direkt um die Ecke zu haben.
Weiterhin habe ich mir, wegen musikalischer Großartigkeit, das Duo BIG SPECIAL in Köln angesehen. Mit 250 Leuten war das MTC zum Bersten gefüllt, erstaunlich viele Menschen älteren Semesters waren da, um sich die beiden proletarischen Post-Punk-Poeten aus Birmingham anzuschauen, und es war schon großartig zu sehen, wie gerührt die beiden von ihrem Erfolg waren und wie erleichtert, dass sie nicht mehr irgendwelche Scheißjobs am unteren Ende der Nahrungskette machen müssen, um über die Runden zu kommen. Ihr 2024er-Album (und die dazugehörigen Videos!!) empfehle ich uneingeschränkt, das 2025er habe ich eher als Schnellschuss empfunden, aber vielleicht liegt es einfach daran, dass es direkter und weniger poppig ist und mir das einfach nicht so gut gefällt.
Kurz darauf habe ich dann auch noch einen Abstecher zu AFSKY, MYRDAL und AMIMIA in Oberhausen gemacht. War spitze, auch wenn der Live-Sound von AFSKY (alles eher leise und sehr wenig Bass, um es mal vorsichtig auszudrücken) leider gewöhnungsbedürftig ist. Aber die Energie der Band kam sehr gut rüber, und MYRDAL und AMIMIA waren echte Entdeckungen.


Das Cover des Jahres – furchteinflößend bis ins Mark auf gleich mehreren Ebenen und ein Marketing-Schachzug so genial, dass ihn sich kein Social-Media-Team der Welt hätte ausdenken können. Musikalisch bietet das Debüt-Album von DRAUGVEIL indes nur Mittelmaß, und wenn wir dann noch über die spannenden Themen „KI“ und „Kommerz“ nachdenken, kommen wir ins Teufels Küche, wo… aber Moment mal, wer klopft denn da so penetrant an die Falltür?!

Das KELLERMÄNNLEIN ist’s! Es möchte dringend mitreden beim Thema „Cover des Jahres“! Verständlich. Nächstes Mal meldet es sich bitte etwas früher bei mir und hat noch einen Tacken bessere Songs dabei, dann taucht es vielleicht auch in den Top 25 auf.
Das war’s (fast). Wie viele Releases habe ich jetzt hier erwähnt? Fast 50 dürften es sein, das ist Rekord, dabei jammere ich ja jedem, der nicht bei drei auf dem Baum ist, davon vor, zu wenig Zeit zum Musikhören zu haben. Ist ja auch so, habe alle davon viel zu wenig gehört! Und was beim Hören neuer Releases dann halt auf jeden Fall auf der Strecke bleibt, ist das Hören alter Klassiker – Fluch des Alters und des großen Interesses, aber so ist das eben. (Ich bin nämlich der „So-ist-das-eben“-Mann, enger Vertrauter des „So-einfach-ist-das“-Manns aus der Titanic, die – apropos – dringend Abos braucht!!) Immerhin: Seit ich mit dem Shanling M5 Ultra einen beeindruckend guten mobilen Player und mit dem Meze Neo 99 fast einen High-End-Kopfhörer mein Eigen nenne, kann ich eben auch und gerade unterwegs richtig viel gute Musik richtig gut genießen (wobei der Meze eigentlich zum Spazierengehen nicht taugt, weil Bügel und Kabel zu dolle Geräusche machen beim Gehen, aber bei Metal hört man die natürlich eher weniger…).
Ach ja, Reviews schreiben ging auch irgendwie, und ich bin wie immer sehr dankbar, dass ich es hier (so frei) machen darf. Ein paar mehr als letztes Jahr waren es, schön, aber ich wünsche mir natürlich, dass es noch mehr werden. Problem: Ich will dabei kreativ und witzig und ausführlich sein, und manche Alben verweigern mir das einfach konsequent. Und dann gibt es eben noch Alltag, Arbeit und Familie und die eigene Band, die gibt es auch (neun Konzerte gespielt, davon zwei akustisch und eins endlich mal in der Oetinger Villa, dazu ein echt unglaublicher Jahresabschluss im legendären AZ Mülheim, hach, es ist schon toll!)…
2026 wirft seine Schatten nun voraus bzw. wir sind schon mittendrin, und wer diese Schatten ebenso beängstigend findet wie ich, der muss einen Vorboten eines 2026 erscheinenden Albums anschauen und anhören, und zwar mindestens einmal täglich. Es handelt sich um das Musikvideo zu dem Stück „Scales Will Fall“ des nordenglischen Künstlerkollektivs HEN OGGLED; noch nie habe ich ein derart lebensfrohes und gleichzeitig wehmütiges und wütendes Stück Musik und Film erlebt, und ja, ich liebe Superlative, aber der hier stimmt einfach. Gottes Segen und Rot Front, Genossinnen und Genossen, genießt es einfach: