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HAMFERD: Evst

Sensationeller Funeral Doom: Ein Seebegräbnis im Sturm zum Hören.

Ob Sirenen, Skorbut oder Stürme, das Leben von Seefahrern, egal ob anno dazumal oder heute, ist nicht gerade das einfachste. In einem kleinen Land, dieser Inselgruppe der Färöer, haben Seeleute einen besonderen Status: Sie sorgen für Nahrung, verbinden das von rauen Felsen zerklüftete Land mit den weit entfernten Kontinenten, mit Island, mit Großbritannien. Und wenn einer von ihnen, sei es ein geliebter Ehemann, ein tapferer Bruder oder ein treusorgender Vater oder auch ein missratener Sohn nicht mehr heimkehrt, werden die Flaggen auf Halbmast gehisst – eine verschworene Gemeinschaft hat ein schweren Verlust erlitten. HAMFERD drücken dieses bittere, nicht selten pathetische Gefühl einmalig intensiv aus.

Das Debütalbum Evst der färöischen Doom Metal-Band ist ebenso rau, kalt und dramatisch wie ein Sturm vor der Küste Tórshavns, so trist wie das Wetter in diesem Land im Herbst. Es ist wie eine Seebestattung im Regen, bei der die schwarz verhüllten Angehörigen am Bug des Schiffs stehen und salzige Tränen in einen salzigen Ozean weinen. HAMFERD sind eine epische Band, die ihrer Dramatik stets Herr werden und sich nicht dem Kitsch hingeben. Es sind unwahrscheinlich mächtige, bittere Riffs, die durch die Songs führen, ergänzt mit Leadgitarren wie zu den besten Zeiten von MY DYING BRIDE, es gibt donnerndes Schlagzeug, wie von den kraftvollsten Momenten AHAB´s zu hören, es wird durch unaufdringliche Keyboards eine Atmosphäre der totalen Verlorenheit erschaffen. Das alles ist schon absolut beachtlich, der Gesang setzt HAMFERD jedoch die Krone auf. Jón Aldará wartet mit unwahrscheinlich kräftigem, tiefen Gegrunze auf und wechselt das mit Klargesang auf, der so sehr schmerzt, wehtut und episches Potenzial besitzt, dass jedes Mal, wenn er seine Stimme erhebt, sich Gänsehaut breit macht.

Nur in Sachen Songwriting haben HAMFERD noch ein wenig Nachholbedarf. Natürlich, Evst ist ein Doom Metal-Album, eines in dem es mehr um Heaviness, Emotion und Atmosphäre geht, als um komplexe, fordernde Kompositionen. Auf Dauer wirkt Evst daher etwas gleichförmig, es fehlen ein paar Highlights, die ganz großen Momente. HAMFERD sind aber nicht auf plumpe Effekte angewiesen. An einem Scheideweg stehend, entschieden sich die sechs färöischen Musiker für eine dichte Atmosphäre, eben für eine homogene, dreiviertelstündige Reise in Richtung Finsternis. Obwohl sich alle Songs, mit Ausnahme des kurzen Interludes At jarða tey elskaðu recht ähneln, können die teils zehnminütigen Soundberge doch für sich stehen. Und bei der Wucht von Deyðir varðar, Sinnisloysi und Ytst kann sogar das Blut in den Adern gefrieren.

HAMFERD zeichnen punktgenau die Mentalität und Trauer der Färöer nach, Evst ist ein unwahrscheinlich konsequentes und stimmiges Album, und daneben weit besser als der Großteil der momentanen Platten, die in diesem Genre veröffentlicht werden. Für ein Debütalbum ist das ordentlich produzierte, mit einem hervorragenden Artwork versehene Evst absolut erstaunlich. Funeral Doom Metal mit einer derart klaren Vision ist rar, HAMFERD reißen uns gnadenlos mit in die Tiefe. In der Tat, dieses Erstlingswerk ist eine kleine Sensation und wird der Erinnerung an das harte Leben und Sterben der verlorenen und vermissten Seemänner absolut gerecht.

Veröffentlichungstermin: 15. November 2013

Spielzeit: 45:18 Min.

Line-Up:
Jón Aldará – Vocals
John Egholm – Guitar
Theodor Kapnas – Guitar
Jenus í Trøðini – Bass
Remi Johannesen – Drums
Esmar Joensen – Keys

Label: Tutl

Homepage: https://www.facebook.com/Hamferd

Tracklist:
1. Evst
2. Deyðir varðar
3. Við teimum kvirru gráu
4. At jarða tey elskaðu
5. Sinnisloysi
6. Ytst

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