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TOMBS, BURIED INSIDE und BALE am 23. November 2009 im Sunny Red, München

Zwei Underground-Helden von RELAPSE in einem der punkigsten Keller Münchens.
 

Von den vier Clubs auf dem Gelände des Feierwerks ist das Sunny Red der eindeutig punkigste Laden. Der kleine Kellerclub besticht durch seinen rohen Charme und die subkulturelle Optik, muss aber klare Abstriche im Bereich des Sounds einstecken, denn die Anlage im Sunny Red hat schon so manchen Mischer in den Wahnsinn getrieben. Dass jetzt eine Band wie BURIED INSIDE mit ihren komplexen Leadgitarren und Rhythmen in diesem Club gastiert lässt schlimmes befürchten, andererseits überwiegt aber die Freude, dieses Tourpaket in München begrüßen zu dürfen. TOMBS haben mit ihrem Debütalbum Winter Hours zwischen Sludge, Hardcore und Black Metal ordentlich Staub aufgewirbelt und BURIED INSIDE haben auf Spoils Of Failure den avantgardistischen Portland-Hardcore weiter verfeinert und in Richtung Progressive getrieben. Dass man sich das nicht entgehen lassen darf, haben auch rund sechzig Münchner begriffen, die es immerhin schaffen, dass dieses rote Kellerloch schön gefüllt wirkt.

 

 BALE

New School-Hardcore, ganz weit weg von Trends: BALE aus München.

Um kurz vor neun, mit weniger Verspätung als erwartet – im Feierwerk sind 30 Minuten die Regel – legt der lokale Eröffnungstrupp BALE los, eine fünfköpfige Hardcore-Band, die so weit entfernt sind von angesagten Trends, wie nur irgend möglich. Mit New School-Hardcore zwischen EARTH CRISIS und den CRO-MAGS gewinnt man heutzutage keinen Plattenvertrag, aber dafür Freunde, die ihre Helden auch entsprechend unterstützen. Das Set besteht aus überraschend langen Songs, nicht selten hören wir ein paar SLAYER-Riffs, dann aber wieder ordentliche Grooves, immer unterlegt von beherztem Geschrei. So richtig intensiv und mitreißend ist der fünfundzwanzigminütige Auftritt zwar nicht, vielleicht auch wegen der deutlichen Nervosität einiger Bandmitglieder. Aber um die Münchner, die von der Kälte noch steifer sind als gewöhnlich, allmählich aus der Reserve zu locken ist das eine gute Aufwärmübung.
(Captain Chaos)

 

 BURIED
Nach wie vor als Zeitstürmer unterwegs: BURIED INSIDE und ihr Chronoclast-lastiges Set.

Wider Erwarten sind es BURIED INSIDE und nicht TOMBS , die im Anschluss ihr Set aufbauen. Letztlich ist die Spielreihenfolge aber vollkommen egal, denn qualitativ schenken sich beide Bands ohnehin nichts. Nach rund 20 Minuten des Umbaus beginnen BURIED INSIDE ihren Auftritt wie von Chronoclast gewohnt mit der Spannung aufbauenden Introduction, gefolgt vom heftigen Time As Ideology. Viel Platz hat das Quintett auf der kleinen Bühne des Sunny Red nicht, Sänger Nick Shaw steht sogar zeitweise mit einem Bein im Publikum, während er den Mikroständer mit beiden Händen fest umklammert und sich die Seele aus dem Leib schreit. Trotz der beengten Verhältnisse legt sich die Band ins Zeug, übt sich teils in rockigen Posen oder scheint, wie Bassist Steve Martin, in anderen Sphären unterwegs zu sein. Nach dem wachrüttelnden Auftakt legen BURIED INSIDE direkt mit aktuellem Material nach. Auf das grandiose V, das selbst ein guter Schlussakzent gewesen wäre, folgt II – ansonsten war es das mit Spoils Of Failure. Den Rest des mit knapp vierzig Minuten leider viel zu kurzen Sets bestreitet die Formation mit Songs der Chronoclast-Ära. Als die Kanadier völlig unerwartet nach Time As Surrogate Religion den unverkennbaren Übersong Time As Imperialism anstimmen, sind sogar ein paar freudige Aufschreie im sonst eher konzentriert wirkenden Publikum zu vernehmen. Dies liegt neben dem kalten Wetter an diesem Abend vor allem am Ton im Sunny Red. Stellenweise muss man wirklich genau hinhören, um das verschachtelte Material von BURIED INSIDE im groben Live-Sound wieder zu erkennen. Der Großteil der Anwesenden sieht über dieses Manko jedoch hinweg und lässt sich stattdessen von der dichten Soundwand wegtragen, bevor Time As Commodity im Schlussakt die Hörerschaft urplötzlich und ohne Vorwarnung wieder auf den Boden aufschlagen lässt.
(Schaffi)

 TOMBS
Viel unbekanntes Material und einige Hits von Winter Hours im Gepäck: TOMBS

Dass TOMBS den Posten des Headliners belegen ist verwunderlich, schließlich ist ihr Debütalbum Winter Hours erst dieses Jahr erschienen, während BURIED INSIDE schon auf mehr Material und einen größeren Status blicken können. Und dass sich auch das Trio aus New York nicht so recht an das aktuelle Material halten mag, ist die nächste Schwierigkeit. Bassist Cameron erzählt nach der Show, dass viele neue Songs gespielt wurden, und die kennen natürlich nicht mal die wenigen Besitzer der Split mit PLANKS oder der Debüt-EP. Sei es drum, nach zwei unbekannten Stücken legen TOMBS endlich mit Golden Eyes los und liefern das, was die Anwesenden von ihnen erwarten: Einen gnadenlosen Wirbelsturm aus Black Metal und Sludge, bei dem die Hardcore-Wurzeln der Band nie verleugnet werden.

 TOMBS
Auch trotz angeschlagener Gesundheit nicht zu stoppen – TOMBS-Chef Mike Hill.

 

Das Material ist genau dann am besten, wenn man es zu Hause schon verinnerlicht hat. Damit funktionieren auch die Songs von Winter Hours vorzüglich, allen voran das furiose Filled With Secrets, aber auch Cypress, das von der Split mit PLANKS stammt haut einige der Anwesenden aus den Socken. Das bedeutet bei den eh schon zurückhaltenden Münchnern, noch dazu an einem Montag Abend, dass einige Fäuste martialisch in die Luft gestreckt werden, mehr aber auch nicht. Die Band müht sich dennoch ab, auch wenn Mike Hills Gesundheit zu wünschen übrig lässt, deshalb wird auch nicht Gossamer gespielt. Mangelnde Motivation darf man TOMBS aber keinesfalls vorwerfen, und sogar der Sound ist besser als bei BURIED INSIDE, so dass die knapp fünfundvierzig Minuten doch recht hörbar sind und auch wie im Flug vergehen. Dennoch, bei besserem Sound hätten TOMBS ebenso wie BURIED INSIDE deutlich mehr Arsch getreten.

Die Bühne ist für beide Bands nahezu perfekt.Underground, direkt am Hörer, recht niedrig, ein stickiger Keller, das passt einfach. Und dass danach auch die Bands noch nette Gespräche mit dem Publikum führen, das entlässt die Münchner mit dem guten Gefühl in die stürmische Nacht, dass der Underground doch noch nicht tot ist. Auch wenn die Erwartungen an diesen Abend vielleicht ein wenig zu hoch waren und zumindest für mich nicht ganz erfüllt wurden, einen Montagabend kann man kaum besser verbringen.
(Captain Chaos)

Weitere Konzertbilder in der Vampster-Fotogalerie.

Setlist BURIED INSIDE:
01. Introduction
02. Time As Ideology
03. V
04. II
05. Time As Methodology
06. Time As Surrogate Religion
07. Time As Imperialism
08. Time As Commodity

 

Fotos und Titelgrafik: Tatjana Braun

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