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FINNTROLL: Schwedische Finnen, die mit Elvis abhängen und Songs über gekochte Priester machen.

Gitarrist Somnium erzählte bereitwillig Neuigkeiten aus dem Reich der Gnome..!

Mit ihrem zweiten Album Jaktens Tid bewiesen Finntroll, dass ihr advanced trollish metal keine einmalige Angelegenheit war, sondern schoben nach dem Debut Midnattens Widunder ein weiteres eigenständiges Album nach. Gitarrist Somnium lies die Trolle und Kobolde eine halbe Stunde alleine und erzählte bereitwillig aus dem Reich der Gnome…

Jaktens Tid ist kein Konzeptalbum. Midnattens Widunder war eigentlich auch keines, es hatte aber eine klare Linie, einen Anfang und ein Ende. Jaktens Tid hingegen ist mehr eine Sammlung von verschiedenen Geschichten.

Es gibt das Thema Jaktens Tid, das alle Songs durchzieht, aber es ist keine fortlaufende Geschichte. Zur Jagdzeit versammeln sich die Trolle und zerstören alles, was sie finden können! Es ist eine Art Weltende.. . erklärt der Finne, der aber eigentlich Schwede ist – in Finnland lebt eine Minderheit, deren Muttersprache Schwedisch ist, was auch erklärt, warum die Texte auf schwedisch verfasst sind. Auf die schwedischen Texte wird die Band auch in Zukunft nicht verzichten. Somnium gibt zwar zu, dass ihn die ständigen Fragen nach dem Inhalt auf Dauer etwas nerven, doch die perfekte Symbiose aus Sprachklang und Musik lässt ihn diese Fragerei in Kauf nehmen: Nun, ich denke, auf Englisch würden die Texte einfach nicht so klingen und deshalb auch nicht so gut zur Musik passen! Wir werden auch weiterhin auf schwedisch Texten. So müssen alle, die kein schwedisch sprechen, warten, bis auf der Finntroll Homepage die Übersetzungen zu finden sind, oder sich mit den knappen Erklärungen Somniums zufrieden geben.

´Födosagan´ handelt von Rivfader, dem König der Trolle, der auch schon auf Midnattens Widunder vertreten war. ´Slaget vid blodsälv´ beschreibt einen Kampf zwischen Trollen und Kreuzrittern, in ´Skogens Hämnd´ verschwindet auf mysteriöse Weise ein Dorf, ´Jaktens Tid´ beschreibt, wie sich die Trolle sammeln, um gemeinsam auf die Jagd zu gehen und dabei alles zu zerstören, was ihnen im Wege steht. ´Kitteldags´ handelt von der trollischen Ernährung, genaugenommen wird ein Priester gekocht. Die Blubbergeräusche zum Ende des Songs haben übrigens nichts mit Wasserpfeifen oder dergleichen zu tun, eine Vermutung, die Somnium vor Lachen erst mal nach Luft japsen lässt. Ja, ich weiß, es klingt so ähnlich. Aber es soll eigentlich ein Kessel mit kochender Flüssigkeit sein.

Auch in ´Kyrkovisan´ tauchen alte Bekannte auf, die Priester Aamund und Kettil, die auf ´Midnattens Widunder´von Trollen in der Sauna überrascht und verprügelt wurden, haben es dieses Mal tatsächlich geschafft, eine Kirche zu bauen und wollen dort eigentlich ihre erste Messe abhalten, doch vorher versuchen sie sich an einer Art Exorzismus, der voll danebengeht und die bösen Geister erst recht beschwört. Rivfader wird in Den hornkrönte Konunger noch einmal gewürdigt, und Aldhissla ist ein Song über einen besonders hässlichen und bösartigen Kobold. Im Grunde haben die Texte dieselbe Thematik wie auf ´Midnattens Widunder´, sie sind nur viel blutiger und bösartiger nuschelt der Gitarrist, hörbar um einen unheimlichen Tonfall bemüht, in den Telefonhörer, um dann loszukichern: Es geht um Trolle, die Blödsinn machen.

Dabei ist die Band ihrem anti-christlichen, aber keinesfalls satanischem Prinzip treu geblieben, wenngleich ein Song über den gehörnten König dem zunächst zu widersprechen scheint. Wenn schon eine Glaubensrichtung, dann würde sich der Schwede eher dem paganism zugehörig fühlen: Die satanische Seite wurde von den Christen erfunden, paganism hingegen ist eine alte, gewachsene Tradition. Ich selbst habe überhaupt keinen Bezug zum Christentum, und deshalb interessiert mich Satanismus überhaupt nicht. Der gehörnte König ist ein universelles Motiv, die Kelten hatten eine gehörnten König und auch in skandinavischen Legenden kommen Könige mit Hörnern vor. In der christlichen Ikonographie wurde dieses Bild irgendwann als Symbol für das Böse verwendet, in anderen Kulturen war der gehörnte König aber immer ein höheres Wesen. Dass wir einen Song ´den hornkrönte Konunger´ genannt haben, soll ein wenig verwirren, das gebe ich zu – ich bin der Meinung, dass es nicht schadet, wenn man Leute ein wenig zum Nachdenken anregt.

Doch nicht nachdenken ist das oberste Ziel der Troll-Bändiger. Finntrolls Songs wirken sehr bildhaft, man sieht die Gnome förmlich vor sich – einen Effekt, den die Band durchaus beabsichtig: Wir versuchen schon, mit der Musik etwas zu visualisieren – dabei spielen auch die Texte, Intros und Outros oder kleine Zwischenparts eine wichtige Rolle. Es soll einfach ein stimmiger Gesamteindruck entstehen. Das funktioniert offensichtlich bei manchen Leuten, was mich natürlich freut! Doch nicht nur in Bezug auf ihre Texte greifen Finntroll auf alte Traditionen zurück, auf Jaktens Tid finden sich Elemente aus alten Joik-Gesängen, einer Gesangstradition aus Lappland. Somnium gibt dazu folgendes zu Protokoll: Jonne, der für die Joik-Gesänge zuständig ist, spielt in einer Band namens Shaman. In dieser Band war ich auch kurze Zeit aktiv, und als ich sie verlassen habe, habe ich Jonne gefragt, ob er nicht Lust hätte, für Finntroll ein paar Parts einzusingen. Er fährt völlig auf diese Gesänge ab, er hat es ausprobiert, es klang gut, ihm hat es gefallen, uns hat es gefallen – also haben wir es gemacht. Joik ist eine der ältesten Formen der Musik überhaupt in Europa. Es klingt ein bisschen wie die Gesänge der Indianer, finde ich. Und passt doch erstaunlicherweise perfekt in die Trollwelt von Finntroll, Somnium hilft bei der Erklärungssuche: Es klingt ein wenig roh, unzivilisiert und primitiv – insofern passt es! Nun, eine andere Überlegung war, dass wir etwas Neues machen wollten, und ich glaube nicht, dass es viele Metal Bands gibt, die Joik-Gesänge verarbeiten, haha. Es gibt auch nicht viele Bands, eine Coverversion so geschickt verstecken: Varg Timmen ist im Original von der schwedischen Folk Truppe Hedningarna. Die Frage, ob man nicht einmal einen klassischen Metal Song ins troll-kompatibler Form aufnehmen solle, hatte sich die Band auch gestellt, ist aber zu einem überraschenden Ergebnis gekommen: Wir haben uns überlegt, ´The Antichrist´ von Slayer zu covern, haben es dann aber doch gelassen, denn es hätte sich zu sehr nach Eläkeläiset angehört. Somnium schätzt diese Band zwar sehr, besonders ihre Live-Show haben es ihm angetan, doch ihr musikalischer Einfluss war eher gering.

Ganz andere Einflüsse lassen sich beim Instrumental Bakom Varje Fura ausmachen, der Song erinnert ein wenig an Grieg, wofür der Gitarrist auch gleich eine Erklärung hat: Unser Keyboarder Trollhorn hat Musik studiert und er hat wirklich Ahnung. Umso erstaunlicher, dass das Outro, das nur aus Synthiegewaber besteht, völlig abfällt, vergleicht man es mit dem Rest des Albums, doch der Hiddentrack versöhnt wieder; eine lustige Melodie, gespielt auf lustigen Instrumenten. Es gab viele Diskussionen innerhalb der Band darüber, aber ich mag dieses Outro, denn ich mag dieses ganze Ambientzeug ganz gerne. Das Outro soll die Stille und Leere, die sich dem Trollangriff über das Land legt ausdrücken – und ich denke in dieser Beziehung ist es perfekt. Der Hiddentrack ist eigentlich die Verwirklichung eines Traumes von mir: ich wollte eine Akustikversion von ´Jaktens Tid´ machen. Die anderen in der Band waren erst dagegen, im Studio ließen sie sich aber schnell überzeugen. Ich finde es ist einer der besten Songs auf dem Album (kichert), vor allem das Banjo kommt gut!

Finntroll sind jedoch nicht nur mit Trollen und Banjo-Spielen beschäftigt, sondern auch in unübersichtlich vielen anderen Bands aktiv, wobei Somnium gleich beteuert, dass die Verwicklungen in Bands wie Barathrum oder Thy Serpent der Vergangenheit angehören und auch nicht wirklich wichtig sind: Ich bin jetzt nur noch bei Finntroll und bei Impaled Nazarene. Nazarene sind wichtig für mich, aber Finntroll sind wichtiger. Trollhorn ist bei Moonsorrow, eine Band, die ihm auch viel bedeutet und … tütütüüü …ich glaube nicht, dass der Rest der Band im Moment noch in Bands spielt, die ihnen wirklich wichtig sind.

Wichtig ist hingegen das Erscheinungsbild der Band, Beim ersten Album war uns das alles noch nicht so wichtig, dieses Mal haben wir viel mehr Zeit dafür verwendet, das alles zusammenpasst. Das Cover, das Booklet, die Texte – all das ist Teil der Musik, deshalb ist es wichtig. Skrymer, unser zweiter Gitarrist, hat das Cover gemacht, er hatte keine Vorgaben, er ging natürlich davon aus, dass ein Troll drauf sein soll. Sein erster Entwurf hat uns gleich so gut gefallen, dass wir ihn genommen haben. Finntroll wollen sich trotz allem nicht als Spaß Band verstanden wissen, es ist zwar selbstverständlich, dass sie selbst Freude an ihrer Musik haben und diese auch zeigen, doch die Band ist eine ernsthafte Angelegenheit: Spaß ist verdammt wichtig, denn Spaß macht die Musik für uns interessant. Wenn wir eine schlechte Zeit hätten, dann würden wir wohl auch nicht weiter machen – warum sollen wir das dem Publikum nicht vermitteln? Dennoch ist Finntroll keine Blödel-Combo! Auch live sind die Trollliebhaber aktiv und haben ganz klare Ziele: Das Publikum soll Spaß haben, rumtanzen, Bier trinken! Nicht rumstehen! Das ist langweilig! Wir haben letztes Jahr auf dem Party-San Festival bei euch in Deutschland gespielt und das war sehr cool dort! Die fanatischsten Fans hatten wir allerdings in Russland – das war schon beängstigend, wie die Leute dort abgegangen sind! Im Herbst werden Finntroll gemeinsam mit Rotting Christ drei Wochen durch Europa touren, was gibt es sonst an Plänen? Im Mai 2002 werden wir ins Abyss Studio gehen, eine neue Platte aufnehmen. Bedenken, dass der angeblich typische Abyss-Sound negativ von den Fans aufgenommen wird, hat Somnium nicht. Warum? Ich finde das schwachsinnig, man kann doch nicht behaupten, alle Bands von dort klängen gleich!!

Meiner Meinung schreit die Musik von Finntroll geradezu nach einer Verfilmung, und so abwegig kann der Gedanke nicht sein, hat die Band doch genau das auch vor: Wir sollten eigentlich schon vor zwei Monaten mit dem Dreh beginnen. Allerdings war dann plötzlich kein Geld da. Leider. Im Moment versuchen wir die finanzielle Seite zu regeln, das Script ist bereits fertig. Bevor du fragst, ich werde dir nur soviel verraten: es geht um ´Jaktens Tid´, es wird mehr eine Art Kurzfilm als ein normaler Musikvideoclip werden. Geplant ist, den Clip über das Internet zu verbreiten – vielleicht wird in dem Filmchen auch deutlich, was Somnium zu folgender Einschätzung bewegte: Unsere Faszination für Trolle kommt vielleicht auch daher, dass wir in ihnen etwas von uns gefunden haben, haha. Bleibt die Schlußfrage: Wie geht es Elvis? Elvis? Haha. Elvis geht es gut. Er hängt noch immer mit uns rum! Wer mehr zu Finntroll und zu der Geschichte mit Elvis wissen will, der kann sich gleich noch ein FINNTROLL Interview vom August 2000 durchlesen.

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