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ICED EARTH, ANNIHILATOR und TURISAS am 08. Oktober 2007 in der Kölner Live Music Hall

Zwei Bands die seit Jahren nur noch halbgare Scheiben veröffentlichen und ein völlig unnötiger Opener. Dazu kommt beschissener Sound. Klingt furchtbar? Nein, so schlimm war es gar nicht. Es hätte aber auch durchaus besser sein können.

ICED EARTH und ANNIHILATOR haben eines gemeinsam. Die letzten guten Veröffentlichungen liegen schon ne Weile zurück und beide haben dieses Jahr ziemlich unnötige Alben veröffentlicht. Dazu noch eine völlig unnötige Vorband wie TURISAS. Was liegt also näher, als sich das Ganze anzusehen. Ein schwerer Fall von Masoschismus? Vielleicht! Dabei hatte der Abend durchaus Potential. Als erstes fielen mir die äußerst fairen Konditionen am Merchandise-Stand auf. Shirts für 15 Euro, Longsleeves für 20, das ist inzwischen alles andere als selbstverständlich und ICED EARTH könnten sicherlich auch mehr nehmen, die Fans würden trotzdem kaufen. Also Daumen hoch für derartige Fanfreundlichkeit.

Turisas
Gesicht bemalen, Fell umhängen und einen auf Wilder Mann machen – TURISAS

Apropos nicht viel bei rum kommen. Den Opener machten heute, wie bereits erwähnt, TURISAS. Gesicht bemalen, Fell umhängen und einen auf Wilder Mann machen. Dazu dann aber Weichspül-Metal mit Akkordeon und Geige, garniert mit etwas Geschrei. Und als ob das nicht reichen würde, gab es noch das völlig sinnentleerte Cover Rasputin zu hören. Da fragte der Frontmann doch allen Ernstes Do you like Disco? Verdammte Scheiße nein, wir sind Metaller, sonst wären wir nicht hier! Dass der Sound so bescheiden war, dass man hauptsächlich Gebrüll und Gedröhne hörte, war dann wohl das Tüpfelchen auf dem i. Nach FINNTROLL hätte man diese ganze Folk Metal mit Fell, Farbe und Geschrei-Schublade am besten mal dicht gemacht, denn jede weitere Band wie TURISAS ist nur ein weiterer Nagel in den Sarg. Die vorderen Reihen sehen das natürlich zum Teil völlig anders und hüpfen eine halbe Stunde fröhlich umher.

 

Annihilator
Mit den alten Songs weiterhin ein Garant für eine überragende Live-Performance – ANNIHILATOR

ANNIHILATOR sind da schon eine ganz andere Hausnummer. Sicher, Metal gehört für mich zu den größten Enttäuschungen des Jahres, aber dass die Kanadier live immer noch eine Macht sind, haben sie ja bereits auf der Tour mit TRIVIUM dieses Jahr bewiesen. Und auch dieses Mal sollten Waters und seine Mitmusiker, deren Namen sich zu merken eh keinen Sinn macht, ihrem Ruf gerecht werden. Nach dem aus Carpenters Slasher-Klassiker entliehenen Halloween Theme als Intro, ging es mit Operation Annihilation los. Mit King Of The Kill folgte direkt mal ein echter Klassiker, gegen den das folgende Clown Parade nur verlieren konnte. Ansonsten hatte Jeff Waters die Setlist im Vergleich zum Konzert im Mai leicht variiert. So gab es heute statt Fun Palace und Blackest Day die famosen Welcome To Your Death und Stonewall zu hören. Es ist schon komisch – es gibt zwei Songs der aktuellen Scheibe Metal und ansonsten nur Klassiker. Die Alben der letzten Jahre werden komplett ignoriert. So überzeugt scheint Mr. Waters also doch nicht von seinen letzten Outputs zu sein. Mal sehen, ob es auf der Tour zum nächsten Album noch Songs von Metal zu hören gibt. Na ja, das ist eben das, was die Fans hören wollen und der Garant dafür, dass ANNIHILATOR weiterhin eine überragende Live-Band sind. Schad nur, dass dies beim eher reservierten Publikum nur bedingt Anklang fand. Geklatscht haben viele, gebangt die wenigsten.

Iced
Gute Gesangsleistung, aber nicht immer souverän – Ripper Owens von ICED EARTH

Gegen halb elf legten ICED EARTH dann mit dem Intro der neuen Scheibe Framing Armageddon los. Das Publikum jubelte, als Jon Schaffer die Bühne betrat. Ja, es tut gut, den Mann endlich wieder auf der Bühne zu sehen. Ripper Owens machte mit Sonnebrille einen auf obercool. Zum Einstieg gab es erst mal zwei neue Songs, bevor man mit Burning Times ein paar Jahre zurückging. Die Setlist setzte sich im folgenden etwa zur Hälfte aus Songs der letzten beiden Alben zusammen. Halbwegs überzeugend waren hier Ten Thousand Strong, A Charge To Keep sowie das gegen Ende gespielte Hold At All Cost aus der Gettysburg-Trilogie. Der Rest der Songs setzte sich hauptsächlich aus den beiden Alben The Dark Saga und Something Wicked This Way Comes zusammen. So gab es unter anderem Violate, Vengenace Is Mine und The Hunter zu hören, während der Zugabenteil mit Melancholy und My Own Saviour glänzen konnte. Vom Horror Show-Album wurde lediglich das starke Dracula gespielt und auch die Prä-Barlow-Ära wurde sträflich vernachlässigt. So gab es lediglich die beiden obligatorischen Songs Night Of The Stormrider mit Jon Schaffer am Gesang, sowie die Bandhymne Iced Earth zu hören. Das Burnt Offerings trotz Dantes Inferno-Rufen aus dem Publikum mal wieder unbeachtet blieb, brauche ich ja wohl nicht zu erwähnen. Der inzwischen ergraute Jon Schaffer wirkte absolut motiviert, bangte allerdings nur sehr vorsichtig, was ich ihm bei seiner Leidensgeschichte nicht verdenken kann. Ripper Owens sang größtenteils gut, wirkte bei einigen Parts aber doch ein wenig unsouverän. Trotz der Tatsache, dass die neueren Songs live auch nicht besser klingen als auf CD, hatte die Show definitiv Potential zu einem sehr guten Konzert. Dies lag, neben den alten Songs, vor allem an der starken Performance der Band und dem absolut euphorischen Publikum, welches fast jede Textzeile mitsang. So einen Mob kann man sich als Musiker nur wünschen. Doch leider macht der Sound mir da einen gewaltigen Strich durch die Rechnung. Wer zum Teufel saß da am Mischpult? Eine Horde tauber Schimpansen??? Außer dem Gesang, der allerdings ebenfalls oft genug unterging, hörte man größtenteils Schlagzeug und dieses war auch noch mit einem total nervtötenden Bassdrum-Sound versehen. Die Leadgitarre war fast komplett M.I.A. Gut, dass die Anwesenden allesamt sehr gut mit der ICED EARTH-Diskographie vertraut waren, sonst hätte das hier stimmungstechnisch gewaltig in die Hose gehen könne. Schade, dass so etwas einer Band wie ICED EARTH passiert. Einem Soundmann im Publikum muss doch auffallen, dass da nur Rotz aus den Boxen kommt. Nach gut anderthalb Stunden war um kurz nach Mitternacht Schicht im Schacht. Alles in allem war das Konzert in Ordnung, hätte aber durchaus Potential zu mehr gehabt. Dass man nicht mehr an das überragende und im Gegensatz zu heute ausverkaufte Konzert auf der Horror Show-Tour an selber Stelle anschließen konnte, war zu erwarten, schließlich hat die Band seitdem zwei größtenteils unbrauchbar Scheiben veröffentlicht und ihr langjähriges Aushängeschild verloren. ICED EARTH sind live aber weiterhin nicht zu unterschätzen, auch wenn man im Gegensatz zu den Kollegen von ANNIHILATOR ein wenig schlampig mit der eigenen Vergangenheit umgeht.

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