Sie sind nicht wirklich originell und eigenständig, doch sie haben tonnenweise Charme und Spielfreude – und sind der lebende Beweis dafür, dass Handwerk noch immer goldenen Boden hat. Wo der Verstand sagt, dass dieses 90er-Jahre-Crossover-Ding längst durch ist, punkten Die Happy mit ehrlicher Hausmannskost. Kein Wunder, wurde hier doch seit 1994 konsequent Basisarbeit geleistet, jedes Jugendzentrum und jedes Open Air mitgenommen und sich über die Jahre ein eigenes Publikum erspielt. So was nötigt immer Respekt ab, und das nicht erst seit all diesen gesichtslosen Castingtruppen mit vorprogrammiertem Erfolg.
Dass Die Happy für ihr drittes Album nach Los Angeles gingen und sich dort von namhaften Produzenten unter die Arme greifen ließen, stieß bei den Fans auf geteilte Resonanzen. Während die einen die Ecken und Kanten der Frühwerke vermissen, schätzen andere das rundere, kompaktere Erscheinungsbild. Tatsache ist, dass das Rock-Quartett aus Ulm mit „The Weight Of The Circumstances“ erfolgstechnisch endgültig auf die Überholspur eingeschwenkt ist. Und sich auf dem bestem Weg befindet, die Guano Apes – jene andere deutsche Hüpftruppe mit Frau am Mikro – zu überflügeln.
Live in Nürnberg erlebt der ausverkaufte Hirsch in dieser Nacht einen Siegeszug: Die Menge tobt und feiert, ein ums andere Mal steht Sängerin Marta Jandová kopfschüttelnd auf der Bühne, weil der komplette Saal die Texte mitsingt. „Ich hätte Euch noch so viel zu erzählen“, lacht die sympathische Tschechin mit dem großen Herz und der starken Stimme, die ohnehin schon die ganze Zeit babbelt (was bei einer Spielzeit von über zwei Stunden jedoch nicht weiter ins Gewicht fällt). „Aber würde überhaupt wer von Euch kommen, wenn ich auf eine Lesereise ginge?“ Auch so eine Frage, die man getrost mit ja beantworten kann. Erst mal steht 2004 jedoch eine Akustiktour an, auf die es an diesem umjubelten Abend einen kleinen Vorgeschmack gibt. Ob wir wollen oder nicht: Von dieser Kapelle werden wir in Zukunft noch hören.