blank

DISBELIEF: Keine Düsteren Gesellen

Das "Hesse nischt alles Verbresche und Messerstesche" sind, beweist Joe Trunk, Bassist von DISBLIEF. Aber lest selbst, was er zu sagen hat.

Weniger als ein Jahr nach dem Hammeralbum Worst Enemy erschien dieser Tage das vierte Album der hessischen Ausnahmeformation, das den Namen Shine trägt. Und dass Hesse nicht alles Verbresche und Messerstesche sind bewies der gut gelaunte Bassist, Songwriter und Texter Joe Trunk.

Hallo Joe. Zunächst mal Herzlichen Glückwunsch zu eurem absolut genialem Album. Es kam nur 11 Monate nach Worst Enemy heraus. Wart ihr so kreativ oder hattet ihr noch Material aus den WE-Sessions übrig?

Nach dem letzten Album hatten wir leider keine Möglichkeit zu touren, bis auf die No Mercy-Festivals, die demnächst starten werden. Dafür war dem Label Worst Enemy aber zu alt, sie brauchten also ein neues Produkt, das sie promoten konnten.

Ihr habt dann wahrscheinlich auch ziemlichen Druck gespürt, oder?

Im ersten Moment lastete natürlich ziemlicher Druck auf uns, denn uns wurde im Oktober eröffnet, dass wir im Dezember ins Studio sollten. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir bereits vier Stücke fertig, die restlichen sechs Songs schrieben wir innerhalb von anderthalb Monaten.

Hat sich Worst Enemy gut verkauft?

Für unsere Verhältnisse auf jeden Fall, wir konnten europaweit ca. 6.000 Einheiten absetzen. Das waren deutlich mehr als die vorherigen Alben.

Hätte sich Worst Enemy noch besser verkauft, wenn CD-Brenner und mp3 nicht so populär wären?

Wir hätten sicherlich einige Alben mehr verkauft, aber trotzdem waren die Verkaufszahlen für unsere Verhältnisse überdurchschnittlich. Ich habe allerdings schon gehört, dass es „Shine“ bereits vor der Veröffentlichung komplett zum downloaden gab, was mich schon sehr ärgert. Ich kann die Leute nicht verstehen, die unsere Songs schon vorab ins Netz stellen und uns im Endeffekt hart erarbeitetes Geld aus der Tasche zu ziehen.


Wie entstehen eure Songs? Sie wirken nicht so, als käme einer von euch mit einem komplett fertigen Song in den Proberaum, da ist sehr viel Raum drin, was darauf schließen lässt, dass ihr eher jammig zur Sache geht.

Also eigentlich nicht (lacht). Hauptsonwriter bin im Grunde genommen ich, arrangiere die Songs auch fast fertig. Sachen wie die Längen der Strophen und Refrains machen sprechen wir schon zusammen ab. Der Großteil ist schon vorarrangiert.

Shine erscheint mir etwas sperriger als Worst Enemy

Sperriger nicht unbedingt, aber auf jeden Fall abwechslungsreicher als WE, denn die knallt von der ersten bis zur letzten Sekunde aus den Boxen und auf dem neuen Album sind auch mal ruhigere oder längere Stücke vertreten. Man muss sich eben Zeit für Shine nehmen.

Wie waren die bisherigen Reaktionen auf euer neues Album?

Sie waren bisher durchwegs positiv. Auch wenn die meisten fanden, dass das Material um einiges sperriger ist, aber beim zweiten Mal richtig super kommt.

Das neue Album klingt auch nicht mehr so aggressiv wie sein Vorgänger. Hattet ihr weniger Dampf abzulassen?

Die Grundstimmung ist einfach positiver. Als wir Worst Enemy schrieben, hatten wir die ganzen Probleme mit Besetzungswechseln und so weiter, dass hat sich einfach in den Songs bemerkbar gemacht. In Shine steckt ganz andere Energie, positivere Energie.

Auf jeden Fall. Mir hilft eure Musik zum Beispiel im Alltag. Gegen Stress in der Arbeit gibt es nichts besseres, als eure neue CD reinzuschmeißen, denn sie hilft mir Aggressionen abzubauen und vor allem neue Kraft zu schöpfen. Soll das eure Musik bei den Hörern bewirken?

Mich freut es, wenn Leute unsere Musik so auffassen. Es ist schön zu hören, wenn die Musik dem Hörer Kraft gibt, denn das soll sie eigentlich bewirken.

Wird eure Musik düsterer aufgefasst, als sie eigentlich ist? Werdet ihr auch oft missverstanden?

Das ist schon so. Ich mag es nicht, wenn die Absicht, Leute zu Selbstmordgedanken zu führen, in die Musik hineininterpretiert wird. Aber das hat auch viel mit dem Image des Heavy Metal in der Öffentlichkeit zu tun.

Der psychedelische Einfluss, wie er auf Infected zu hören war, ist wieder etwas mehr in den Vordergund gerückt. Dadurch werden auch oft Vergleiche mit NEUROSIS wach. Könnt ihr euch mit ihnen identifizieren oder nerven euch die ständigen Vergleiche inzwischen?

Identifizieren kann ich mich nicht unbedingt mit NEUROSIS, aber ich kann es verstehen, wenn man uns mit ihnen vergleicht, da auch eine gewisse düstere Grundstimmung da ist. Allerdings gehen wir viel songorientierter vor. NEUROSIS sind deutlich experimenteller.

Warum habt ihr Shine nicht mehr bei eurem Haus- und Hofproduzenten Andy Claasen im Stage One-Studio, sondern im, in Metallerkreisen eher unbekannten, Art of June (XAVIER NAIDOO, etc.) in Frankfurt am Main, augenommen?

Durch den Zeitdruck, den wir hatten, mussten wir innerhalb kürzester Zeit ein Studio finden. Andy war zu dem Zeitpunkt leider schon ausgebucht. Wir hatten dann zwei andere Studios zur Auswahl, von denen uns eins überhaupt nicht zusagte, das andere, also das Art of June, aber sehr. Das ist ein unglaublich professionelles Studio. Sie geben sehr gute Leistungen, wollen aber auch einiges dafür.

Ich persönlich fand Andy Classens Produktion aber besser, Shine wirkt ein klein wenig dumpf.

Das die etwas dumpfer ist stimmt schon. Aber da wir nur 10 Tage für Aufnahme und Mischen zur Verfügung hatten und teilweise Nachtschichten beim Mix schieben mussten, waren die Ohren irgendwann einfach platt. Als ich mir Shine ein paar Wochen später noch mal anhörte, fand ich auch, dass es etwas transparenter klingen sollte. Aber was soll´s.

Seid ihr dann mit dem Endergebnis vom Sound trotzdem zufrieden?

Ja, wir sind zufrieden. Wir wollten ja auch einen bodenständigen Sound, Worst Enemy klang mir etwas zu metallisch. Auf Shine klingen die Gitarren mehr wie Gitarren. Das ist natürlich Geschmackssache.

Wisst ihr schon jetzt, wo ihr euer nächstes Album aufnehmen werdet?

Nachdem sich das Art of June sehr empfohlen hat, kann ich mir schon vorstellen, das nächste Album wieder dort aufzunehmen.

Ihr wart auch auf einigen Tribute-Alben (zu den SCORPIONS und IRON MAIDEN) vertreten. Warum habt ihr mit Coast to Coast ausgerechnet eine Instrumenalnummer gecovert, zumal Sänger Jagger euer eigentliches Aushängeschild ist?

Wenn man einen Song covert, muss man darauf achten, dass das Lied zur Band passt. Von der Grundstimmung und vom Feeling her passt Coast to Coast einfach ideal zu DISBELIEF. Ich denke, wir haben es ganz gut gemeistert diesen Song nachzuspielen und Jaggers kurzer Gesangseinsatz am Schluss ist einfach noch das Sahnehäubchen auf dem Stück.

Was war eigentlich an der verschärften Version des Songs, den man auch auf eurer Homepage runterladen kann verschärft?

Wir haben noch etliche Publikumsgeräusche und Anfeuerungsrufe von Klaus Meine (Sänger der SCORPIONS) reingeschnitten. Dafür hätten Nuclear Blast aber an den Verlag von Herrn Meine ein Entgelt entrichten müssen und somit entschieden sie sich für die entschärfte Version. Auch wenn´s vom Aufbau her nicht ganz so spektakulär wirkte.

Was verbindet euch mit den SCORPIONS und IRON MAIDEN?

Das sind einfach alte Helden von uns. Besonders IRON MAIDEN, von denen ich Fan der ersten Stunde bin. Gerade Steve Harris (Bassist von IRON MAIDEN) hat mich sehr inspiriert. Früher habe ich immer nur seine Basslinien zum Üben nachgespielt. Sie uns die SCORPIONS haben uns eigentlich erst zum Heavy Metal gebacht. Heutzutage habe ich aber etwas den Draht zu den beiden Bands verloren, mit den neuen Scheiben kann ich nicht besonders viel anfangen.

Wieviel Schachteln raucht euer Sänger Jagger eigentlich täglich um so eine Stimme zu kriegen?

(lacht) Jagger hat eine ganz eigene, unbeschreibliche Technik, die er über die Jahre hinweg perfektioniert hat. Auf den Punkt genau kann er diese markerschütternden Schreie bringen und ist seltsamerweise nie heiser. Aber er raucht nicht besonders viel.

Warum singt er seit Worst Enemy nur noch selten clean?

Es kommt halt drauf an, was der Song verlangt. Bei WE wären die cleanen Vocals unpassend gewesen, weil sie nicht zu den Songs gepasst hätten. Auf Shine hingegen sind doch einige Songs, wie Me and My World, zu denen klarer Gesang einfach passt.

War der Ausstieg von Tommy Fritsch (Ex-Gitarrist) nach Infected für eine Kurskorrektur verantwortlich?

Auch wenn wir uns damals das Songwriting 50/50 geteilt haben, war eher der Ausstieg selbst, der uns ziemlich überrascht hat dafür verantwortlich. Als wir dann zu viert angefangen haben Songs zu schreiben, hat sich diese eher negative Stimmung in den Songs wiedergespiegelt.

Aber mit Jan-Dirk (Löffler) habt ihr einen sehr guten Ersatz gefunden. Stimmt es, dass er Lehrer war? Zumindest ist jeder zweite Eintrag in eurem Gästebuch von einem ehemaligen Schüler von ihm.

(lacht) Irgendwann sind sie halt dahintergekommen, dass ihr Lehrer in einer Metal Band spielt. Er hat aber den Beruf an den Nagel gehängt, da er an die Schulferien gebunden war und wir nur dann touren konnten.

Was macht der Rest von euch beruflich?

Ich arbeite am Flughafen in Frankfurt am Main, Jagger ist in der Metallindustrie beschäftigt, Kai (Bergerin – Drums) studiert noch, Jan-Dirk und Olli (Lenz, Gitarre) arbeiten bei einem lokalen Konzertveranstalter.

Habt ihr noch Nebenprojekte?

Nur Jan-Dirk macht noch ein bisschen was nebenbei, aber nichts großes, DISBELIEF genießt Priorität. Die Band erfüllt uns auch voll uns ganz.

Ihr seid eher die normalen Jungs von nebenan, kein böses Rumgepose auf Fotos oder ähnliches. Braucht ihr kein Image?

Unsere Plattenfirma wirft uns ständig vor, dass wir nicht in das Bild passen, das die Leute vom Death Metal haben, weil wir nicht „böse“ sind. Wir sehen aber auch nicht ein, das wir uns in irgendein Klischee reinpressen müssen, denn wir sind wie wir sind.

Textlich sind wieder viele interessante Denkansätze vorhanden. Leider lagen die mir in der Promo nicht vor. Kannst Du mal kurz erläutern um was sich in euren neuen Texten dreht?

Gerne:

No Control: Es geht darum, sich von niemandem kontrollieren zu lassen und konsequent sein eigenes Ding durchzuziehen.

Walk: Sich nicht unter Druck setzten zu lassen, sondern sich weiter zu gehen. Jagger singt manchmal: Run. Also, man erwartet, dass Du laufen sollst, gehst aber weiter.

The Decline: Ein Text von mir, in dem ich mich über die Intoleranz der Menschen auslasse. Menschen, die gefrustet sind, mit Scheuklappen durch die Welt laufen und nicht über den Tellerrand hinausschauen können.

Shine: Ein sehr positiver Text, der auch gut zum Gesamteindruck des Albums passt, deshalb ist der Song auch zum Titeltrack geworden. Wenn man in einer dunklen Sackgasse steht und von weiter Ferne kommt ein Licht her. Dann marschierst Du direkt auf das Licht zu und vergisst die Dunkelheit um dich herum.

Me and My World: Das ist auch einer meiner Texte. Er spiegelt die Situation wieder, als ich im Oktober / November im Proberaum saß, als die Songs entstanden und ich mich in den Proberaum, also in meine Welt, zurückzog. Das wichtigste ist, den Druck um sich herum zu vergessen. Ein Text, der sich eher um einen Selbst dreht.

Alive: Eine Hommage an das Leben, dieses Ja, ich kann Leben und genieße es!

Honour Killings: Ich habe im Fernsehen eine Bericht gesehen, der mich so negativ beeindruckt hat, dass ich diesen Text geschrieben habe. Er handelt von Männern im Islam, die ohne verurteilt zu werden, einfach ihre Frauen umbringen dürfen, wenn sie von ihnen verlassen werden.

Falling Without Reason: Manchmal stolpert man im Leben und weiß einfach nicht warum. Man denkt sich, man hätte alles richtig gemacht. Die Frage, die der Text stellt, ist: Warum strauchle ich manchmal im Leben?

Mad Sick Mankind: Dies ist auch ein Text von Jagger. Wenn man den Fernseher einschaltet und nur man nur die Selbstzerstörung der Menschen sieht, Massaker, die grassierende Intoleranz überall.

Free: Es geht um die Freiheit, das frei Denken und frei schweben können.

Apropos Texte: Believer, der zweite Song vom Worst Enemy-Album will irgendwie nicht so recht zum Bandnamen passen… Auf was bezieht ihr euren Namen?

Naja, eigentlich suchten wir nur nach einem möglichst einprägsamen Namen. Heutzutage könnte man ihn eher darauf beziehen, dass wir ungläubige, kritische Menschen sind. Aber das war nicht beabsichtigt.

Im Booklet war zu lesen, dass euch Dirk Weiß (Ex-Sänger von RICHTHOFEN und WARPATH) für den Titel dieses Stückes inspiriert hat. Habt ihr noch Kontakt zu ihm?

Der Kontakt ist leider komplett abgebrochen, weiß leider auch nicht, was er so macht. Ein paar Kumpels von HATE SQUAD, mit denen auch er früher in Kontakt war, wissen zur Zeit leider auch nicht, was er macht.

Demnächst seid ihr auf den No Mercy-Festivals unterwegs. Wo kann man euch dieses Jahr außerdem noch live erleben?

Wir spielen noch jede Menge Einzelgigs, die alle auf unserer Homepage nachzulesen sind. Außerdem werden die Daten auf Vampster und in sämtlichen Printmagazinen abgedruckt werden.

Gibt es irgendwelche besonderen Geschichten von Konzerten zu erzählen? Was war besonders lustig oder besonders ärgerlich?

Auf der Tour mit BOLT THROWER, bei unserem Heimspiel in Frankfurt hat Ollis Verstärker den Geist aufgegeben. Das war echt mehr als ärgerlich, den ganzen Tag wartet Du, brennst darauf endlich auf die Bühne zu dürfen. FLESHCRAWL haben extra mit uns getauscht, also vor uns gespielt und ausgerechnet dann steht der Verstärker in Flammen. Wir haben mit einer Gitarre weitergespielt und Olli hat gute Miene zum bösen Spiel gemacht.

Das wars auch schon, danke für das tolle Interview, viel Erfolg mit der Götterplatte Shine und auf Tour!

Danke auch, Grüße an alle Leser und Fans! Wir sehen uns auf den Gigs! Bis bald!

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner