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DEAD EYED SLEEPER: Positive Energie

DEAD EYED SLEEPER sind eine der wenigen Death Metal-Bands, die nicht nur durich Musik zu bestechen wissen. Ihr neues Album "Through Forests Of Nonentities" ist lyrisch, musikalisch und optisch ein anspruchsvolles, originelles Genre-Highlight geworden, das zwischen den Veröffentlichungen der großen Labels auf keinen Fall untergehen darf. Der dicke Packen Fragen wird mit einem ordentlichen Paket Antworten von Gitarrist Stephan, Drummer Corny und Sänger Sam beantwortet.

DEAD EYED SLEEPER sind eine der wenigen Death Metal-Bands, die nicht nur durch Musik zu bestechen wissen. Ihr neues Album Through Forests Of Nonentities ist lyrisch, musikalisch und optisch ein anspruchsvolles, originelles Genre-Highlight geworden, das zwischen den Veröffentlichungen der großen Labels auf keinen Fall untergehen darf. Der dicke Packen Fragen wird mit einem ordentlichen Paket Antworten von Gitarrist Stephan, Drummer Corny und Sänger Sam beantwortet.

 

Herzlichen Glückwunsch zu eurem neuen Baby! Through Forests Of Nonentities ist ein absolut spannendes und gehaltvolles Album geworden. Aber ich glaube, das habt ihr schon ein- oder zweimal gehört. Obwohl erst anderthalb Jahre zwischen eurem Debütalbum und eurem Zweitwerk vergangen sind, war das Songwriting offensichtlich sehr zeitaufwändig, zumindest klingt das Album so.

Stephan: Hi zusammen und dir erst mal besten Dank für die warmen Worte. Du liegst mit deiner Vermutung absolut richtig. Das Songwriting für Through Forests Of Nonentities war in der Tat ein sehr aufwendiger Prozess. Nicht zuletzt, weil wir dieses mal vermehrt Wert auf das gemeinsame Arrangieren der Stücke gelegt haben. Dass der Songwriting Prozess trotzdem innerhalb von circa einem Jahr über die Bühne gehen konnte, haben wir unter anderem der Tatsache zu verdanken, dass wir auf einen recht ordentlichen Pool an fertigen Riffs und Stücken zurückgreifen konnten. Ein Großteil der Ideen entsteht bei uns zu Hause an Gitarre und Rechner. Peter, Corny und ich schicken dann unsere Riffs oder fertig ausgearbeiteten Songs untereinander weiter. Erst wenn jeder seine Parts beherrscht machen wir uns daran, das ganze im Proberaum gemeinsam zu arrangieren, Stimmen zu ergänzen oder Teile zu optimieren. Im Anschluss daran, entsteht in unserem kleinen Studio erst noch mal zu jedem Song eine oder mehrere Vorproduktionen und wir feilen daraufhin so lange an dem Ergebnis, bis wir alle damit zufrieden sind.

Through Forests Of Nonentities ist ganz in der Tradition des technischen Death Metals der neunziger Jahre, wird aber mit vielen ungewöhnlichen Elementen erweitet, so dass grob von einem Mix aus ATHEIST, OPETH und GORGUTS gesprochen werden kann. Kannst Du das nachvollziehen?

Stephan: Wow, danke. Da hast du ein paar unserer absoluten Alltime-Faves genannt. Von daher gefällt mir diese Einschätzung sehr gut. Wir sind schon immer Fans der etwas außergewöhnlicheren Extrem-Metal Bands gewesen und lieben es, unseren Stil nicht begrenzen zu müssen. Nimm die Sickness von GORGUTS, die Atmosphäre von OPETH und die offene herangehensweise von CYNIC oder ATHEIST und du kannst damit eine Schublade basteln, in die wir uns mit DEAD EYED SLEEPER gerne stecken lassen.

Einen Vergleich habe ich in meinem Review mit OBSCURA und ihrem Zweitwerk Cosmogenesis gezogen. Ist es Zufall, dass zwei junge deutsche Bands sich quasi gleichzeitig auf dieses Terrain begeben, oder hat Tech-Death auch in Deutschland Zukunft?

Stephan: Ich habe mir OBSCURA gerade auf dem Summer Breeze angesehen und muss schon sagen, dass die Jungs ein echtes Brett gefahren haben. Cosmogenesis kenne ich allerdings noch gar nicht, von den üblichen Myspace Songs mal abgesehen. Dass wir uns also wohl auf gleiches Terrain begeben ist Zufall. Ich hoffe natürlich, dass Tech-Death oder allgemein verspielter und genreübergreifender Metal in Zukunft auch in Deutschland etwas mehr Fuß fassen kann. NECROPHAGIST sind oder waren da sicherlich ein Türöffner für die Tech-Death Szene in Deutschland, wobei die Jungs ja hauptsächlich in den USA unterwegs sind. Woran man schon wieder sehen kann, dass extremer Death Metal in Deutschland immer noch ein ziemliches Nischendasein pflegt.

Through Forests Of Nonentities ist klar aufgebaut, entspricht eigentlich einem typischen Konzept-Album, was auch durch die Texte, die Aufteilung der Songs und die drei Kapitel verdeutlicht wird. War es schwer die Songs in die richtige Reihenfolge zu bekommen, damit sie mit der Geschichte harmonieren oder habt ihr das Album Song für Song und Text für Text geschrieben?

Stephan: Viele der Texte sind erst entstanden als die Musik für das Album bereits fertiggestellt war. Somit konnte das Textkonzept optimal in das musikalische Konzept integriert werden. Irgendwie hat sich das ganze Album ganz von alleine zu diesem Gesamtkonzept verbunden. Der Fluss stimmte einfach. Als wir anfingen die Songs für Through Forests Of Nonentities zu schreiben, beziehungsweise zu proben, waren die Vorstellungen eines Konzeptalbums noch nicht bis in Detail vorhanden. Erst mit der Zeit und auch durch die Vorproduktionen konnte das Album als Ganzes reifen.

In der Mitte von Through Forests Of Nonentities thront das knapp siebenminütige Eye Am Glowing Pulse, ein Song der bereits mehr als zehn Jahre alt ist und rearrangiert wurde. Wart ihr in einer Sackgasse beim Komponieren und habt dieses Lied neu bearbeitet und fertig gestellt, quasi als Eisbrecher?

Stephan: Das ist richtig. Eye am Glowing Pulse hat in seiner Ursprungsversion schon etliche Jahre auf dem Buckel. Diese stammt von unserer ersten Veröffentlichung Art of Killing und wurde unter dem Namen Throne Of Fire veröffentlicht. Das Album erschien 1998 noch unter unserem alten Namen LEGACY . Der Songs diente allerdings nicht als Eisbrecher. Wir fanden den Track schon immer sehr gut und wollten mal probieren, was wir inzwischen aus Elementen unserer ersten Songs entwickeln könnten. Ich weiß nicht ob Du das Original kennst, aber Eye Am Glowing Pulse klingt inzwischen doch deutlich ausgereifter als seine Vorlage Throne Of Fire. Als uns dann der Song in seiner re-arrangierten Fassung sofort umgeblasen hat, war klar dass wir Ihn besonders würdigen wollten und ihn, mit neuem Text versehen, auf das Album packen müssen.

Würde die Geschichte ein anderes Ende nehmen, wenn ihr die Songs anders arrangiert, geschrieben oder auf die CD gestellt hättet? Geht der Fluss der Musik mit dem Fluss der Texte einher?

 

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Hat die Band mit seinem Artwork begeistert: Sascha Ehrlich von Freimuth Illustrates

Corny: Du stellst vielleicht Fragen, das ist gar nicht so leicht zu beantworten. Aber ich werde mir Mühe geben. Zunächst einmal: die Geschichte ist gar nicht zu Ende! Das Ende von Through Forests Of Nonentities markiert den Übergang im Geiste des Dead Eyed Sleeper, ein Hinübergleiten oder Aufsteigen auf eine neue Bewusstseinsstufe. Wir haben die Songreihenfolge so ausgewählt, dass sie für uns stimmig klingt. Und wie schon erwähnt, sind die meisten Texte während der konkreten Arbeit am Album als Ganzes, also nicht mehr an einzelnen Riffs oder Songfragmenten, entstanden. Wir haben sie also in den Fluss der Musik hinein gedichtet. Alles was ich dazu sonst noch sagen kann, sind Worte wie Vielleicht, Kann sein und Möglicherweise.

Im Vergleich zu AHAB bieten DEAD EYED SLEEPER sehr technische Kost; ist das Ausflippen am Instrument so reizvoll und ist das mit dem Erschaffen einer feierlichen, düsteren und nihilistischen Atmosphäre, wie bei AHAB unvereinbar?

Stephan: Es ist auf jeden Fall sehr reizvoll bei DEAD EYED SLEEPER ordentlich durchzudrehen und sich musikalisch austoben zu können. Ich denke aber nicht, dass eine dichte Atmosphäre, wie sie bei AHAB vorherrscht, für Dead Eyed Sleeper ausgeschlossen ist. Gerade Songs wie das von Dir angesprochen Eye Am Glowing Pulse oder auch The Sleep finde ich sehr atmosphärisch geraten. Das Ende von Eye Am Glowing Pulse ist ja schon geradezu doomig, zumindest was die Atmosphäre und das Tempo angeht, hehe. Eine dichte Atmosphäre ist uns für DEAD EYED SLEEPER also schon wichtig, nur halt eben nicht die ganze Zeit. Von der anderen Richtung aus betrachtet geht es uns bei DEAD EYED SLEEPER natürlich auch nicht darum, permanent mit irgendwelchen Frickeleien zu posen, sondern darum, Stimmungen zu erzeugen. Ganz gleich ob mit Metzel-Parts oder mit eher getragenen Wall-of-Sound-Riffs. So wie es der Song und NICHT ein Musikerego verlangt.

Im Anschluss an Eye Am Glowing Pulse steht mit The Sleep ebenfalls ein sehr charakteristischer Song, der an dieser Stelle sehr natürlich wirkt. Wie tief ist die Verbindung des Konzeptes und der Musik?

Stephan: Es war von vornherein für uns gar nicht so genau abzusehen, ob die tiefe Verbundenheit von Wort und Musik in unserer Vorstellung auch so im Endprodukt hör- und spürbar sein würde. Irgendwann in der Endphase der Entstehungszeit von Through Forests Of Nonentities realisierten wir, dass das doch alles wirklich so gut zueinander passt. Wir hatten es zwar schon von Anfang an darauf angelegt, aber damit, dass es tatsächlich so gut funktioniert, hatte keiner gerechnet.

Auch sehr beeindruckend ist die Quasi-Bandhymne, mit seinem ultraheavy Riffing und den bizarren, aber sehr einprägsamen Melodien. Ein Zufall, dass die BANDHYMNE auch noch vergleichsweise CATCHY ist?

Stephan: Da kann ich mich kurz fassen: Ja, Zufall, hehe.

Generell kann man bei euren Liedern eher von Kompositionen, als von normalen Songs sprechen, weil so viel darin passiert und verschiedene Schichten übereinander gelegt werden. Ein wenig jazzig klingt das hin und wieder. Ist das ein Ergebnis davon, die Songs schon vorzuproduzieren und dann weiter aufzubauen?

Stephan: Vielen Dank! Wir fühlen uns geehrt, wenn jemand unsere Songs als Kompositionen angesehen werden und nicht als Easy Listening Metal, hehe. Wir verwenden wie gesagt sehr viel Zeit darauf, die Stücke zu strukturieren und auszuarbeiten. Nicht selten kommt es vor, dass wir einen fertigen Song nochmals komplett verwerfen, ihn wieder auseinander pflücken und ganz neu arrangieren. Die Vorproduktionen helfen uns also sicher dabei zu entscheiden, ob ein Lied stimmig ist oder in welche Richtung er sich entwickeln soll. Außerdem ist es gut einen Song zu Hause nochmals mit frischen Ohren zu bewerten. Da kann das ganze Gerüst schon ganz anders wirken als beim Spielen im Proberaum.

DEAD EYED SLEEPER sind eine der Bands, die nicht wie die Wilden pausenlos blasten oder frickeln. Machen geschickt eingestreute Ruhepausen einen guten Song aus?

Stephan: Ich finde schon, dass die ruhigen, atmosphärischen oder groovigen Parts unsere Songs aufwerten. Man muss nicht in jeden Song krampfhaft eine atmosphärische Stelle knallen, aber ein bisschen Abwechslung was die Tempi angeht sollte schon sein. Es wird aber auch immer Songs von uns geben, die ordentlich ins Gesicht knattern. Blastbeats sind geil!

Witzigerweise gibt es ein paar Stellen auf dem Album, da wirken die Blast-Parts gerade zu erfrischend, nach einem ausufernden atmosphärischen Teil, wie in The Sleep beispielsweise. Das klingt schon fast trotzig, getreu dem Motto: Andere haben Chillparts um zu entspannen, wir lockern eure Glieder mit brutalem Stoff.

Stephan: Hehe, geil. So hab ich das noch gar nicht gesehen. Aber da ist schon was Wahres dran. Wir versuchen unsere Songs einfach abwechslungsreich zu gestalten und da kann das schon vorkommen dass wir uns denken: So, genug erholt, jetzt gibt´s auf die Nuss!

Begeistert bin ich vom Zwischenspiel Metamorphine und dem Outro Outstripping the Meander, bei denen klassische Instrumente zum Einsatz kommen. Das Cello und die Violine klingen, ähnlich wie bei THE OCEANs Precambrian, nach echten Könnern. Sind euer Drummer Corny und Gastmusikerin Salome mit dem selben Nachnamen ausgebildete, klassische Musiker?

Stephan: Danke. Corny spielt schon seit ca. 20 Jahren Cello. Er und Salome sind Geschwister und kommen aus einer sehr musikalischen Familie. Beide haben schon sehr früh Ihre Instrumente gelernt und somit auch eine klassische Ausbildung genossen. Salome studiert inzwischen Orchestermusik und Corny Schlagzeug.

Klassische Instrumente sind im Death Metal ja nicht gerade Gang und Gebe. Meinst Du, in dieser Hinsicht haben DEAD EYED SLEEPER Entwicklungspotenzial und werden künftig nicht nur in Interludes und Outros diese Instrumente einsetzen?

Stephan: Ich gehe momentan davon aus, dass wir auch in Zukunft hin und wieder Streicher verwenden werden. Wenn es zu einem Songs passt spricht nichts dagegen wieder Geigen, Cello oder auch andere Instrumente zu verwenden. Wir benutzen ja zum Beispiel auch sehr gerne Percussion-Instrumente in unseren Zwischenstücken, vielleicht ist dies auch noch eine Möglichkeit unseren Sound zu erweitern. Der Einsatz von Metal-untypischen Instrumenten verleiht unserem Sound noch eine neue und spannende Facette wie ich finde.

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Trotz aller Düsternis und Brutalität von Through Forests Of Nonentities ist zu jeder Zeit das Positive in unserer Musik erkennen. DEAD EYED SLEEPER gehören nicht zu den bösen Skandalbrüdern.

Apropos THE OCEAN. DEAD EYED SLEEPER klingen nicht so, als wären sie ausschließlich von alten Bands inspiriert, sondern holen sich auch Ideen von neuen Bands wie eben THE OCEAN, MASTODON und so weiter. Richtig geraten?

Stephan: Absolut. Ich liebe das Album Precambrian. Ganz groß, diese Scheibe! Crack the Skye von MASTODON ist auch der Wahnsinn und eines der letzten Alben die ich mir in den letzten Wochen gekauft habe. Wir stehen alle sehr auf Bands wie BETWEEN THE BURIED AND ME, GOJIRA, INTRONAUT, THE FACELESS oder CYNIC aber auch auf Helden wie GORGUTS, MORBID ANGEL und so weiter. Wir mögen einfach interessant gemachte Musik, und die muss nicht zwangsläufig im Metal verwurzelt sein.

Ich habe eurem Sänger unrecht getan und dafür entschuldige ich mich. Er bietet nämlich, anders als im Review geschrieben sehr wohl klare Vocals dar, wenn auch sehr sparsam. Oder war das gar ein Anderer von euch fünf? Wird dieses Element in Zukunft ausgebaut werden?

Stephan: Da wird sich Sam freuen, dass Du doch noch ein paar cleane Vocals entdeckt hast. Sam hat die kompletten Stimmen eingesungen, also auch die cleanen Einsprengsel. Momentan gibt es noch sehr wenige endgültige Gesangslinien zu neuem Songmaterial. Es ist aber durchaus denkbar, dass wir wieder ein paar neue Elemente zum Gesang hinzufügen. Mehr kann ich Dir dazu momentan aber leider noch nicht sagen. Wahrscheinlich nicht einmal Sam selber, wie ich ihn kenne, haha.

Aufgenommen hat euer Drummer Corny dieses Album, wie schon In Memory of Mankind selbst, gemischt wurde es erneut in den Iguana-Studios. Hat sich diese Arbeitsweise bewährt und ist diese auch angenehm für die ganze Band, oder nur für den Geldbeutel?

Stephan: Es ist von beidem etwas. Dadurch, dass wir die Saiteninstrumente und die Vocals in unserem kleinen Studio aufnehmen, können wir natürlich länger an einzelnen Parts feilen und uns die Zeit während der Aufnahmen besser aufteilen. Es ist schon sehr angenehm im gewohnten Umfeld aufzunehmen, ohne dass einem irgendein Produzent oder das Budget im Nacken sitzt.

Der Titel in Verbindung mit dem Artwork mutet sehr philosophisch an. Die Texte sprechen eine etwas deutlichere Sprache. Ist der Wald des Nichts die Erde im Jahr 2009 und geht es dabei um eine spirituelle Art des Wachstums geht? Um eine Unabhängigkeit von der Gesellschaft? Ist 2012 schon da?

Stephan: Da hast Du den Nagel mal wieder ziemlich auf den Kopf getroffen. Prinzipiell dreht sich erst mal alles um die emotionale Entwicklung unseres Alter Ego, dem Dead Eyed Sleeper und seine Auseinandersetzung mit seiner Umgebung. Während seiner Reise durchläuft er die drei Zustände Enclosure, Transformation und Exit an denen er wächst und die gleichzeitig auch die drei Kapitel des Albums bilden. Im ersten Kapitel Enclosure wird die panische Erkenntnis des Gefangenseins in Strukturen und dem fehlbaren menschlichen Fleisch behandelt. Des Sleepers verzweifelte, selbstbetrügerische Versuche, aus diesen Käfigen zu entfliehen, und seinen totalen Zusammenbruch formt Kapitel II Transformation. Kapitel III Exit beschreibt das Wiederaufraffen und dem Ausbruch des Sleepers aus vorgegebenen Strukturen und das ankommen in einer neuen spirituelleren Ebene.

Corny: Mit 2012 spielst du wohl auf den Maya-Kalender an. Nun diese (unsere?) Welt, derer der Dead Eyed Sleeper zu entfliehen sucht, ist ein Moloch der Observation, Perversion, Korruption, Vereinsamung, Entmenschlichung, und so weiter. Und natürlich befindet sich diese gerade Two Minutes To Midnight, also sozusagen schon am Anfang von 2012. Das ist es ja, was den Weltschmerz, die Verzweiflung und das Gefühl des Gefangenseins des Sleepers verursacht. Man kann jedoch – quasi als Analogie zu dem Positiven Ausgang von Chapter III – trotz aller Düsternis und Brutalität von Through Forests Of Nonentities, meiner Meinung nach zu jeder Zeit das Positive in unserer Musik erkennen. Death Metal ist positive Energie!

Generell ist das Artwork großartig. Hier kann sich die Phantasie voll austoben. Der geheimnisvolle Wald und die Gestalten sind klar zu deuten, die Ballerina könnte der Dead Eyed Sleeper sein, wegen der Eleganz und so weiter. Bei der Hütte und dem roten Vorhang komme ich nicht drumherum, an Twin Peaks zu denken, also eine Art zweite, bewusstere Welt vielleicht? Die Veränderung? Das 2012?

Stephan: Der Layouter, Sascha Ehrich von Freimuth Illustrates, hat wieder einen hervorragenden Job gemacht, keine Frage. Er ist zum Beispiel auch für unseren Schriftzug und das Logo verantwortlich und wir stehen total auf seinen Stil. Wir erzählten Sascha ein bisschen was über das Konzept und die Thematik von Through Forests Of Nonentities und irgendwann kam er dann mit diesem Hammer-Artwork an. Wir haben uns sofort in seine Arbeit verliebt, da es so perfekt die Stimmung und Thematik des Albums einfängt. Trotzdem lässt es noch genug Freiraum für eigene Interpretationen und das macht das ganze Bild besonders spannend. Wir haben schon echt interessante Theorien zum Cover gehört, bei denen sich Leute Zeit genommen haben sich intensiv damit auseinander zu setzen und Du bis mit deiner Theorie mit der Ballerina mal wieder sehr nahe dran, hehe. Auch das Booklet bringt durch die Silmittel, die Du schon angesprochen hast, die ständige Entwicklung und das Wandern durch verschiedene Erlebniswelten des DEAD EYED SLEEPERs zum Ausdruck.

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Mit der Zeit konnte das Album als Ganzes reifen. Gitarrist Stephan über den langen Entstehungsprozess von Through Forests Of Nonentities.

Der Spruch What Will Eyes Ever See auf der CD selbst ist auch eine recht philosophische Frage. Im Falle dieses Konzeptes könnte man auch schreiben: Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.

Sam: Auf diese, doch sehr freie Übersetzung, bin ich noch gar nicht gekommen, finde sie aber sehr interessant. Vor einigen Jahren las ich auch mal Der kleine Prinz, übrigens ein wirklich gutes Buch, in dem es an einer Stelle heißt Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar. Ein wirklich schönes Zitat. Trotzdem muss ich dich kurz berichtigen, der Ausspruch bei uns heißt Will eyes ever see? und dient als eine Art eye-catcher für eines unserer lyrischen Leitmotive, die sich wie ein roter Faden durch die gesamten Texte des Albums spinnen: the eye, das Auge, und I, das Ich. Da diese Wörter im Englischen homophon sind, können beim Zuhörer/Leser mehrere Bedeutungsebenen erschlossen werden. Des Weiteren ist der Blick stets mit Macht konnotiert, da das sehende Subjekt seine Umwelt objektiviert, quasi vergegenständlicht. Für mich persönlich ist und bleibt die Frage sowieso eine rhetorische.

Dass die beiden epischen Songs Eye Am Glowing Pulse und The Sleep in der Mitte, dem Kern der Geschichte, der Transformation stehen ist aber kein Zufall, oder?

Corny: Wie gesagt, der Aufbau der Platte hat einen langen Werdegang hinter sich, und es hat sich einfach so ergeben, dass diese Stücke in der Mitte stehen. Der Grund dafür ist also nicht der Zufall, sondern der stimmungsmäßig optimierte Ablauf.

Sam brüllt noch bei FRAGMENTS OF UNBECOMING, Corny und Stephan spielen bei AHAB. Und da DEAD EYED SLEEPER die unbekanntere Band davon sind, scheint es klar zu sein, wo die Prioritäten liegen. Oder liege ich etwa falsch und der Fokus ist besonders auf DEAD EYED SLEEPER um einen Sprung nach vorne zu wagen?

Stephan: Die Prioritätsfrage bekommen wir relativ häufig gestellt, was ja aufgrund der Tatsache, dass AHAB und FRAGMENTS OF UNBECOMING mehr Ansehen genießen auch berechtigt ist. Eine perfekte Antwort hab ich auf die Frage allerdings noch nicht gefunden. Bisher ließ sich alles meist sehr gut miteinander vereinbaren. DEAD EYED SLEEPER sehe ich als unser aller Baby. Die meisten von uns machen inzwischen seit fast 15 Jahren zusammen Musik. Fast eben so lange kennen wir auch die Jungs von AHAB und FRAGMENTS OF UNBECOMING. Wir sind also eher eine große Familie, die sich gegenseitig aushilft. Und durch solche Aushilfsjobs ist die Zusammenarbeit mit AHAB und FRAGMENTS OF UNBECOMING auch ursprünglich entstanden. Wobei die beteiligten DEAD EYED SLEEPER-Mitglieder inzwischen alle auch fest zu den anderen Bands gehören. Ich denke ich spreche für alle DEAD EYED SLEEPER-Mitglieder, wenn ich sage, dass unser Herz sehr an DEAD EYED SLEEPER hängt, dass wir uns hier zum einen kreativ austoben können und zum anderen alle dicke Freunde sind. Es bleibt aber zwangsläufig nicht aus, dass man bei zum Beispiel Albumaufnahmen, anstehenden Konzerten oder Touren den Fokus auf die Band richtet, mit der man gerade im Studio ist oder auf Tour geht. Auch wenn dann die jeweils andere Band dann zwangsläufig das Nachsehen hat.

Ihr seid nun bei SUPREME CHAOS RECORDS gelandet, eines der wenigen wirklichen deutschen Qualitätslabels, das aber eher in Insiderkreisen einen Namen hat. Das perfekte Label für euch?

Stephan: Auf jeden Fall. Robby von SUPREME CHAOS RECORDS macht einen super Job und ist ein echter Musikliebhaber. Alleine sein Slogan Innovative Metal Art wäre für uns Grund genug gewesen bei ihm zu unterschreiben, hehe. Wir haben das Gefühl, dass er zu 100% hinter unserer Musik steht und zu schätzen weiß was wir machen. Für ihn wäre es sicherlich einfacher mit dem 100sten Destruction-Abklatsch oder Easy Listening-Metal noch ein paar CDs zu verkaufen. Stattdessen bringt er unser erstes Album unter seinem Label gleich als eine dicke Sammlerholzbox auf den Markt, was einfach nochmals unterstreicht, dass SUPREME CHAOS RECORDS an uns glauben.

Livehaftig waren DEAD EYED SLEEPER noch nicht sonderlich exzessiv unterwegs. An was liegt es? Werden ausgedehnte Touren folgen?

Stephan: Das stimmt leider. Für die Sommerfestivals waren wir aufgrund des Veröffentlichungstermins zu spät dran und Touren ist für uns etwas schwierig, da wir ja alle zu 100% regulären Jobs nachgehen. Daher stehen momentan eher Einzelgigs an. Ich denke momentan nicht, dass wir je eine dieser Bands werden, die das ganze Jahr auf Tour geht, um über die Runden zu kommen. Gegen eine gelegentliche Tour haben wir aber sicher nichts einzuwenden, nur waren die Angebote dahingehend bisher terminlich ungünstig und auch finanziell schwer umzusetzen.

Wie geht es weiter mit DEAD EYED SLEEPER? Ist schon neues Material in Aussicht?

Stephan: Wir sind gerade dabei neues Material zu schreiben und zu proben. Vier Songs stehen bereits und die werden ein ordentliches Brett fahren. Wer mit DEAD EYED SLEEPER etwas anfangen kann wird definitiv nicht enttäuscht werden.

 

Fotos: Titelbild und Artwork (c) DEAD EYED SLEEPER, restliche Fotos: Anne-Laure Fontaine

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