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SEBASTIAN PLANO: Impetus

Wie kämpft man am besten gegen die Schwerkraft an? Mit einem wunderschönen Neoklassik-Album natürlich!

Der junge Mann auf dem Cover, er hat Anlauf genommen und ist gesprungen. Wahrscheinlich kommt er im erfrischenden Wasser auf, zumindest wollen wir es für ihn hoffen. Für vielleicht eine Sekunde war er scheinbar schwerelos – freilich eine Illusion, denn die Schwerkraft ist unnachgiebig und unbarmherzig. Das Album Impetus ist nun nicht so schwunghaft, wie der Titel es vermuten lassen könnte, aber es gibt doch eine Parallele zu dem bald sicherlich klatschnassen Jungen: Die Illusion der Schwerelosigkeit nämlich. Der Exil-Argentinier SEBASTIAN PLANO schafft es, das Gefühl des Levitierens immer wieder zu erzeugen. Mit einem Album, das so einfach zu sein scheint und so himmlisch leicht. Der letzte Urlaubstag, das letzte Mal in die Fluten springen, bevor man sich wieder auf den Heimweg macht. Was diesen Tag so besonders macht, ist das bittere Gefühl, dass alles unwiederbringlich vorbei ist, vermischt mit der letzten scheinbaren Leichtigkeit.

SEBASTIAN PLANO zelebriert genau dieses Gefühl in acht Songs, fünfundfünfzig Minuten lang, freilich voller illusorischer Qualitäten. Sein Zweitwerk Impetus ist ein wunderschönes Album der modernen Neoklassik, die aber nicht zu akademisch klingt, und trotzdem ist es anspruchsvoll. Scheinbar viel Spontanität, viel Poesie, viel Freude, aber auch viel Melancholie findet sich in dem einstündigen Werk. Immer wieder wird es groß und ausladend, aber immer bleibt Impetus fragil und schüchtern. Kitsch und Pomp vermeidet SEBASTIAN PLANO mit spielerischer Einfachheit. Er zeigt sich als gewiefter Komponist, der sich selbst nicht limitieren will. Impetus hat in manchen Stücken, wie Blue Loving Serotonin und Angels, ganz dezente elektronische Momente parat, die für Rhythmus sorgen. Hier und da ertönt zwischen dem Klavier und den Streichern auch ein Akkordeon, das für einen schwermütigen südamerikanisch-folkloristischen Anstrich sorgt, dann gibt es wieder leisen Gesang. Worte hingegen braucht es keine, wozu auch?

Überhaupt ist Impetus ein sehr wandlungsfähiges Album. Eines, das ganz zurückhaltend und intim sein kann und andererseits doch große Kompositionen parat hat. Wer da an ÓLAFUR ARNALDS denkt, denkt richtig. Doch SEBASTIAN PLANOs Musik als bloße Kopie des Isländers abzutun wäre mehr als ungerecht. Zwar ist Impetus kein wirklich eigenständiges Album, aber die ganze Leidenschaft und Persönlichkeit seines Schöpfers stecken darin. Gerade beim Titelstück, The World We Live In, Angels und All Given To Machinery glaubt man SEBASTIAN PLANO zu verstehen und vielleicht sogar richtig gut kennen zu lernen. Zwar verliert ausgerechnet das Abschlussstück Inside Eyes hier und da ein wenig den Faden, wirkt etwas unentschlossen, aber das kann den Gesamteindruck von Impetus nicht zerstören. Zwar kostet es ein wenig Überwindung, sich konsequent dem Album hinzugeben, also die gesamte Aufmerksamkeit auf dieses Kleinod zu lenken, aber es ist die Mühe wert. SEBASTIAN PLANO hat ein wunderbares Album parat, eines das tief berührt, das toll komponiert und gespielt ist und das Freunden von MAX RICHTER, ÓLAFUR ARNALDS und NILS FRAHM zweifellos zusagen wird. Auch wenn die Schwerkraft gegen die Kraft dieser Töne gewinnen mag, Impetus lässt die Welt für eine Stunde scheinbar still stehen.

Veröffentlichungstermin: 20. September 2013

Spielzeit: 55:06 Min.

Line-Up:
Sebastian Plano

Label: Denovali Records

Homepage: http://www.sebastianplano.com

Mehr im Netz: https://www.facebook.com/sebastianplano

Tracklist:
1. Impetus
2. The World We Live In
3. Blue Loving Serotonin
4. In Between Worlds II
5. Emotions (Part II)
6. Angels
7. All Given To Machinery
8. Inside Eyes

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