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POLARIS: Fatalism

Trotz sanfter Evolution ist “Fatalism” auf Anhieb nicht ganz so frisch und explosiv wie die beiden Vorgänger. Mit der Zeit entfalten sich die Stärken POLARIS’ aber auch auf dem Drittwerk.

Als POLARIS im Juni 2023 ihre Europa-Tour urplötzlich abbrachen, war „Fatalism“ bereits im Kasten. Und doch geht ein Schicksalsschlag wie der tragische Tod von Gitarrist Ryan Siew nicht spurlos an einer solchen Veröffentlichung vorüber, deren Stücke nun unweigerlich eine zusätzliche inhaltliche Dimension erhalten. In jeder Zeile über zwischenmenschliche Beziehungen, über psychische Gesundheit finden die Gedanken früher oder später den Weg zu Siew, welcher durch seine markante Spielweise die Musik der Australier in der Vergangenheit entscheidend prägte und das auch auf dem dritten Studiowerk ein letztes Mal tut.

Dieser Umstand wiegt natürlich schwer und kann durchaus belastend wirken, obgleich POLARIS ungeachtet dieser nun zusätzlichen emotionalen Bürde eine hochenergetische wie kurzweilige Platte aufgenommen haben. Doch um diese Anerkennung muss das Quintett erstmals in ihrer Karriere kämpfen: So frisch und explosiv wie es die beiden Vorgänger waren, schallt „Fatalism“ zunächst nicht aus den Lautsprechern. Eine Evolution des Sounds ist zwar durchaus zu spüren, wenn sich Nu-Metal-Anleihen und ein grundsätzlich breitgefächertes Fundament ausbreiten. Vertraut und für ihre Verhältnisse fast sogar brav klingen die elf Tracks anfangs dennoch.

POLARIS differenzieren ihren modernen Metalcore weiter aus

Es ist also diesmal eher Liebe auf den zweiten Blick, nachdem wir akzeptiert haben, dass indiskutable Standout-Songs diesmal Mangelware sind. Als Ausgleich differenzieren POLARIS ihren modernen Metalcore weiter aus, was letztlich in ihrem wohl abwechslungsreichsten Album resultiert. „Nightmare“ ist dabei die typische Single mit Ohrwurm-Refrain, „Inhumane“ übernimmt die Rolle des eruptiven Abrisskommandos, das nur eine ganz kleine Prise Nu-Metal einstreut, und das softe „Overflow“ schielt mit einem Auge in Richtung Metal-Radio.

Was bei weitem nicht der spektakulärste Track der Scheibe ist, zeigt allerdings die Fortschritte, die Shouter Jamie in puncto Klargesang macht. Immer öfter übernimmt er in ruhigen Momenten selbst das Ruder, während er in den Refrains weiterhin Bassist Jake Steinhauser die Bühne überlässt. Zwischen latenten Hardcore-Vibes im Mosher „Parasites“ und modernen Djent-Style-Riffs ist es jedoch meist die Lead-Gitarre Ryan Siews, welche den Sound POLARIS’ ausdefiniert: Die unverkennbaren Leads in „Nightmare“, „Dissipate“ oder dem emotionalen „With Regards“ verleihen „Fatalism“ seine individuelle Identität, die sich vom immer stärker zusammenrückenden Genre-Kern abhebt.

Auf “Fatalism” packen POLARIS einen breiten Querschnitt des Gefühlsspektrums in eine Dreiviertelstunde Metalcore

In Verbindung mit reflektierten Augenblicken, wie sie „Aftertouch“ bisweilen heraufbeschwört und der dezent melancholischen Note im verhältnismäßig schnörkellosen „Fault Line“ packen POLARIS doch einen erstaunlich breiten Querschnitt des Gefühlsspektrums in eine Dreiviertelstunde Metalcore. Dass am Ende aber ausgerechnet die Trauer zurückbleibt, ist weniger eine Folge des detailverliebten „Fatalism“ selbst, sondern des schmerzhaften Schicksalsschlags innerhalb der Band, welcher nun unweigerlich mit dieser letzten Studio-Performance Ryan Siews verknüpft ist.

Veröffentlichungstermin: 01.09.2023

Spielzeit: 46:11

Line-Up

Jamie Hails – Vocals
Ryan Siew – Lead-Gitarre
Rick Schneider – Gitarre
Jake Steinhauser – Bass, Klargesang
Daniel Furnari – Drums

Produziert von POLARIS, Lance Prenc, Scottie Simpson

Label: SharpTone Records

Homepage: https://www.polarisaus.com/
Facebook: https://www.facebook.com/polarisaus

POLARIS “Fatalism” Tracklist

1. Harbinger
2. Nightmare (Video bei YouTube)
3. Parasites
4. Overflow (Video bei YouTube)
5. With Regards
6. Inhumane (Video bei YouTube)
7. The Crossfire
8. Dissipate
9. Aftertouch
10. Fault Line
11. All In Vain

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