In den Kernschatten diverser Himmelskörper braucht sich diese Frau nun wirklich nicht zu verstecken. Das Debütalbum von ELLEREVE ist noch in guter Erinnerung, aber schon zum Release deutete sich an, dass es Elisa Giulia Teschner, Frontfrau, Komponistin und Initiatorin von ELLEREVE, in eine andere, metallischere Richtung zieht und dass sie eine größere Vision für ihre Band hat – dabei war „Reminiscence“ alles andere als unvollständig. Mit einer wuchtigeren Produktion, mit einem runderen Gesamtbild und etwas selbstbewussterem Songwriting präsentiert sich ELLEREVEs Musik definierter und wagt den einen oder anderen stilistisch klugen Kniff.
ELLEREVE mag im Metal angekommen sein, die großen Momente finden bei „Umbra“ aber im Leisen statt.
„Umbra“ ist anzuhören, dass sich ELLEREVE im Metal zu Hause fühlen, die Pop-Wurzeln sind aber nicht wegzudiskutieren. Während sich die meisten Künstler*innen, sofern sie diese Grenze überschreiben, in umgekehrter Richtung bewegen, profitiert ELLEREVE gerade durch diese Affinität. So entstehen große Refrains und emotionale Strophen, auch trotz schroffer Riffs und Heaviness, mit der man so nicht gerechnet hätte. Und genau hier ist „Umbra“ auch sensationell gut: Pop-Pathos ist nämlich kein Zuckerguss, sondern transportiert die Emotionen auf dem direktesten Weg. Zu „Shores Of Solitude“ und „Irreversible“ lässt sich kaum eine Träne verkneifen, das subtile, synthesizerbasierte Stück „Lost in Longings“ steht im Kontrast zur Heaviness davor und danach und dürfte das Publikum von ESBEN AND THE WITCHs „Hold Sacred“ erfreuen.
Am anderen Ende der Intensitätsskala steht „The Veil Of Your Death“, bei dem sich ELLEREVE in Richtung Post Black Metal begibt. Gastsänger JJ (HARAKIRI FOR THE SKY) lässt das Stück konsequent wilder und aggressiver werden, als es Elisa Giulia Teschner ohne ihn möglich gewesen wäre. Technisch gesehen passt hier alles, doch Songs wie dieser, ebenso das stark an UADA erinnernde Artwork wirken, als zielten ELLEREVE zu offensiv auf das Publikum ihres Labels ab, gerade im Hinblick darauf, dass die wirklich berührenden Songs eben die etwas leiseren sind.
„Umbra“ ist definierter und mehr auf das Zielpublikum zugeschnitten, doch ELLEREVEs Pop-Background frischt die Songs ungemein auf.
Hörbar haben EMMA RUTH RUNDLEs Gesangslinien und Arrangements ihre Spuren bei ELLEREVE hinterlassen, „Umbra“ ist aber insgesamt direkter und aggressiver als die Alben der US-Amerikanerin. Die Verbindung aus der Entrücktheit, Heaviness und Popaffinität zeigt, dass ELLEREVE eine ziemlich genaue Vorstellung davon besitzt, wie ihre Musik klingen soll. So entstehen auch dynamische Sprünge, wie bei „Crawl“, das sich deutlich steigert – von Ballade hin zu einer Doomgaze-Nummer. Gerade dann, wenn ELLEREVE Anlauf nimmt oder brodelnde Spannung beschwört, wird „Umbra“ richtig gut. Gerade in der Mitte des Albums ist mit „Shores Of Solitude“, „The Funeral“ und „Irreversible“ hier viel geboten, das Gänsehaut erzeugt.
Teschners äußerst kraftvolle und variable Stimme dominiert ELLEREVEs zweites Album auf der einen Seite, andererseits ist das Songwriting punktgenau ausgestaltet. ELLEREVE wird dabei von einer soliden Rhythmuseinheit unterstützt und von routinierten Gitarristen vervollständigt. Im Fokus bleibt freilich die mittlerweile ins Innsbruck ansässige Elisa Giulia Teschner, deren Selbstbewusstsein absolut gerechtfertigt ist. Sie führt ihre Band souverän an und hat ein sattelfestes Team im Rücken, sodass der titelgebende Kernschatten über ELLEREVE bald verschwinden sollte, sofern sie sich zu noch etwas mehr Eigenständigkeit bekennt. Dennoch, „Umbra“ zeigt, dass diese Formation ruhig mutiger ihren ureigenen Weg beschreiten dürfte, abseits von Metal und Pop ihr ganz eigenes Glück könnte.
Wertung: 8 von 11 Eklipsen
VÖ: 7. November 2025
Spielzeit: 43:36
Line-Up:
Elisa Giulia Teschner – Guitar, Vocals
Darwin Ardales – Guitar
Kajetan Abber – Drums
Salomon Appiah – Bass
Gastmusiker:
Christoph Knoll – Guitar
Michael J.J. Kogler – Vocals („The Veil Of Your Death“)
David „Eklatanz“ Conrad – Vocals („Unravel“)
Label: Eisenwald
ELLEREVE „Umbra“ Tracklist
1. An Avalanche Of Shudders
2. Like A Moth To A Flame
3. Crawl (Official Video bei Youtube)
4. Shores Of Solitude
5. The Funeral
6. Irreversible
7. The Veil Of Your Death (feat. Michael J.J. Kogler) (Official Audio bei Youtube)
8. Swallowed & Disguised
9. Lost In Longings
10. Unravel (feat. David „Eklatanz“ Conrad)
11. Trauma (Official Video bei Youtube)
Mehr im Netz:
https://ellereve.de/
https://ellerevemusic.bandcamp.com/
https://www.facebook.com/Ellereveofficial
https://www.instagram.com/Ellereve.music