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ELLEREVE: Reminiscence

Große Konkurrenz für CHELSEA WOLFE, EMMA RUTH RUNDLE, und Co.: Elisa Giulia Teschner alias ELLEREVE landet mit ihrem Debütalbum „Reminiscence“ einen Überraschungserfolg.

Sie ist eine, die zwischen Bergen, Flüssen und Wäldern streift und sich nicht so einfach fassen lassen will: Die Solokünstlerin Elisa Giulia Teschner alias ELLEREVE ist überall zu Hause, wo es luftig ist, aber auch wo es steinig sein kann: Die Münchnerin bündelt in ihrer Musik Post Rock, Shoegaze, Dreampop, Doom und Anleihen aus dem Singer-Songwriter-Bereich. Irgendwo zwischen einem wandelnden Geist und einer sehr präsenten, erdigen Erscheinung lassen sich weder Künstlerin noch Musik wirklich festlegen, zeigen aber auch keine erzwungenen Kontraste. So fließt das Album, wie ELLEREVEs präalpiner Heimatfluss sehr natürlich durch verschiedene Stadien und Regionen.

„Gossamer Wings“, das Intro ihres Debütalbums, zeichnet mit seinem dröhnenden Synthesizer einen Kontrast zur leisen, fast geflüsterten Stimme. Die im Titel genannten Flügel sind hauchdünn, aber sehr stabil – das ist schon fast poetisch. In der Tat muss man nicht weit suchen, um in ELLEREVEs Musik noch mehr Poesie zu finden. Immerhin ist Elisa Giulia Teschner als Songschreiberin keine, die auf Effekthascherei setzt, ihre Stücke sind vergleichsweise subtil, selbst in den Steigerungen. Überhaupt ist „Reminiscence“ kein Album, das groß um Aufmerksamkeit buhlt, es ist auch keines, das sich versteckt. Die Details, mit denen die meisten ihrer Kompositionen ausgestattet sind, laden umso mehr zum genauen Hinhören ein. Da finden sich unter Songs wie dem kompakten, erdigen „In Infinite Light“ und dem sich wunderschön steigernden „Cosmos“ so einige Spielereien und Details, die die Musik ausgewogen würzen.

„Reminiscence“ zeigt ELLEREVE als sattelfeste Songschreiberin und Performerin

Elisa Giulia Teschner hat eine starke Stimme, die sowohl zu den Popproduktionen ihrer Vergangenheit passt, als auch zu den leisen und den kräftigen Momenten. ELLEREVE agiert auf ihrem Debütalbum überaus selbstbewusst, und sie tut gut daran. Der Einblick, den sie durch ihre Songs in ihr Inneres gibt, ist authentisch. Gleichzeitig ist dieses Album nicht so emotional fordernd und extrem wie das, was EMMA RUTH RUNDLE bietet und nicht so auf platte Heaviness fixiert wie KING WOMAN. Verlieren kann man sich in Teschners Welt durchaus, gerade weil das Verhältnis aus Intimität und Intensität einfach stimmt. Das gelingt am besten bei „I Am Enough“, das als das leiseste, direkteste und fragilste der Lieder auf „Reminiscence“, auch das ist, was am meisten zu Herzen geht.

ELLEREVEs Songs haben zeigen selten richtig starke dynamische Ausscherungen oder Tempowechsel, und vielleicht hätten „Levitate“ oder „Somewhere“ solche Momente zum Aufhorchen gutgetan und für etwas mehr Kontur gesorgt. Gleichzeitig wird in den Songs darauf verzichtet, mit plumpen Laut-Leise-Strukturen alte Klischees zu bedienen. Das beste Beispiel hierfür ist das dunkel-dramatische „The Empty Chair“, dessen Qualitäten sich langsam, aber umso stärker entfalten – was eigentlich für das gesamte Album gilt. Insgesamt lädt „Reminiscence“ dazu ein, sich darin fallen zu lassen. Das Album an sich ist vielschichtig in seinen Stimmungen, und es wirkt nie gehetzt oder so, als habe ELLEREVE etwas überstürzt. Etwas länger hätte „Reminiscence“ daher auch ausfallen dürfen, mit 32 Minuten ist das Album recht kompakt. Immerhin wird die CD-Version durch vier Digital-Singles erweitert, die nun unter „Reverberations Of The Soul“ laufen. Drei Stücke davon sind wunderschöner, dunkler Pop, lediglich „Ruins“ geht in dieselbe stilistische Richtung von „Reminiscence“.

ELLEREVE bündelt Post Rock, Shoegaze, Dreampop, Doom und Anleihen aus dem Singer-Songwriter-Bereich – und erzeugt damit das stimmige Album „Reminiscence“

Freund*innen von EMMA RUTH RUNDLE bis ZOLA JESUS sollten sich „Reminiscence“ definitiv anhören, auch wenn sie deren Niveau noch nicht ganz erreicht und keine so krassen emotionalen Ausbrüche oder von Pop getriebenen Songs in ELLEREVEs Repertoire zu finden sind. Große Felsbrocken und starke Stürme gibt es von der Münchnerin somit nicht zu hören, aber „Reminiscence“ ist auch trotz etwas Luft nach oben ein charakterstarkes, überraschend eigenständiges Kleinod, das sich beharrlich im Ohr der Hörer*innen festbeißt und so schnell nicht weichen will. Konkret: ELLEREVE zeigt ihr Talent als Songwriterin und als Performerin. Ihr ist mit „Reminiscence“ ein beachtlicher Einstand, ein intimes, schönes und tiefes Album mit vielen Facetten gelungen – und hat damit den Grundstock für eine potenziell steile Karriere gelegt.

Wertung: 7 von 9 Waldbäder

VÖ: 31. März 2023

Spielzeit:32:05 / 48:29

Line-Up:
Elisa Giulia Teschner – Vocals, Guitar
Darwin Ardales – Guitar
Salomon Appiah – Bass
Patrick Funke – Drums

Label: Eisenwald

ELLEREVE „Reminiscence“ Tracklist:

1. Gossamer Wings
2. In Infinite Light (Official Video bei Youtube) 
3. Cosmos (Live Session bei Youtube)
4. Levitate
5. I am Enough
6. The Empty Chair (Official Video bei Youtube)
7. Oblivion
8. Somewhere
9. But Nowhere

Bonus Tracks „Reverberations Of The Soul“ (Nur CD):
10. How Not To
11. Photographs (Official Video bei Youtube)
12. Colorblind (Official Video bei Youtube)
13. Ruins (Official Video bei Youtube)

Mehr im Netz:

http://ellereve.de/
https://www.facebook.com/Ellereveofficial/
https://www.instagram.com/Ellereve.music/
https://ellerevemusic.bandcamp.com/

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