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CHELSEA WOLFE: She Reaches Out To She Reaches Out To She

Heilung in Zyklen und hermetische Rätsel: CHELSEA WOLFEs achtes Album „She Reaches Out To She Reaches Out To She“ ist eine rauschhafte Rückkehr zu alter Stärke.

Schon der Titel dieses Albums ist schwindelerregend. „She Reaches Out To She Reaches Out To She“ stellt gleich klar, um was es CHELSEA WOLFE geht: Zyklisches Denken, Heilung und Erneuerung stehen im Zentrum des achten Albums der Kalifornierin, die in den letzten Jahren vor allem mit der Kollaboration „Bloodmoon: I“ mit CONVERGE, dem Punkprojekt MRS. PISS und dem Soundtrack zu „X“ präsent war. Passenderweise hat sie diese Phase abgeschlossen und kann sich wieder auf ihre eigene Karriere konzentrieren und ihr neue Impulse geben. „She Reaches Out To She Reaches Out To She“ schenkt ihrem Oeuvre eine einerseits neue, andererseits vertraute Facette, die maßgeschneidert für die Musikerin.

Weder semi-akustisch noch metallisch: CHELSEA WOLFEs musikalische Facette auf „She Reaches Out To She Reaches Out To She“ ist elektronisch geprägt – und steht ihr ausgezeichnet.

So richtig wollte sich CHELSEA WOLFE noch nie fassen lassen. Es war immer ein wenig, als würde sie sich verstecken, hinter ihren Soundwänden, mit ihrer manchmal so zerbrechlich wirkenden Stimme, mit ihren traumartigen musikalischen Landschaften. Passend dazu vermeidet sie einen Personenkult um sich selbst, und bleibt doch stets im Zentrum der Musik- und Bilderwelt, die sie kreiert. Dass es nicht immer leicht ist, auf diese Art bei sich zu bleiben und das Niveau zu halten, versteht sich fast von selbst. Entsprechend blieben das Sludgige „Hiss Spun“ und das Semi-Akustik-Album „Birth Of Violence“, das zumindest einige bemerkenswerte Momente besaß, hinter den haushohen Erwartungen zurück.

„She Reaches Out To She Reaches Out To She“ fokussiert sich nun auf elektronische Elemente in den verschiedensten Stilrichtungen. Mal Industrial, mal Trip Hop, mal Ambient, mal Drone, mal sogar als klassische Popsängerin, CHELSEA WOLFE limitiert sich nicht, sondern hat ihren Forschergeist, der in den letzten beiden Alben abhandengekommen war, wiederentdeckt. Mit „Whispers In The Echo Chamber“ beginnt das Album brodelnd und bedrohlich, vor allem wenn die Gitarren einsetzen. Auch wenn „She Reaches Out To She Reaches Out To She“ nicht heavy wirkt, es ist eine Menge Heaviness in den zehn Songs versteckt.

Es knistert in den Songs von „She Reaches Out To She Reaches Out To She“: CHELSEA WOLFE performt intensiv und persönlich.

Am auffälligsten ist das noch bei „House Of Self-Undoing“, mit dem treibenden Drumming und seiner nervösen Aura. Besonders gut funktioniert CHELSEA WOLFEs achtes Album, wenn die elektronischen Elemente dominieren, sodass die Gitarren nur noch Beiwerk sind. Denn „She Reaches Out To She Reaches Out To She“ ist umwerfend gut produziert: Die Stimme, selbst wenn sie sich aus dem Vordergrund löst und eher schwebend jenseits der Musik zu existieren scheint, ist zentral auf diesem Album. Was klingt wie ein Gegensatz, funktioniert exzellent. „Everything Turns Blue“ und „Tunnel Lights“ arbeiten ausgezeichnet nach diesem Muster. Und passend dazu gibt es viel Lebendigkeit und Dynamik: „The Liminal“ und „Unseen World“ haben jeweils ein erhabenes Finale. Das funktioniert auch in den rein elektronischen Songs ausgezeichnet: „Eyes Like Nightshade“ und „Salt“ lassen, jedes Stück auf seine Art, wohlige Schau über den Rücken laufen.

CHELSEA WOLFE versteht es, die Spannungsschraube anzuziehen, ohne dass der emotionale Unterbau der Musik leidet: Laut-Leise-Taschenspielertricks sind auf „She Reaches Out To She Reaches Out To She“ nicht zu hören. Zusammen mit ihrem musikalischen Langzeitpartner Ben Chisholm wird eine musikalische Welt erschaffen, die vertraut ist, aber durch Produzent Dave Sitek sehr zeitgemäß und geschmackvoll realisiert wurde. So passt auch wunderbar eine Semi-Popballade wie „Place In The Sun“ ins Gesamtkonzept und schafft es, zu begeistern, mehr noch: Hier rührt CHELSEA WOLFE sogar zu Tränen, bevor das Album hermetisch mit „Dusk“ endet, wie es begonnen hat – nur befreiter, größer, strahlender.

Rauschhaft schön und geheimnisvoll: „She Reaches Out To She Reaches Out To She“ ist eines der großen Alben in CHELSEA WOLFEs Karriere.

CHELSEA WOLFE entdeckt die eigene Musik mit jedem Album neu und behält dabei ihren Charakter. Das ist es, was eine reife Musikerin auszeichnet. Bedauerlich, dass ihre Alben „Hiss/Spun“ und „Birth Of Violence“ ihrem bisherigen Niveau nicht gerecht werden konnten. Umso schöner, dass „She Reaches Out To She Reaches Out To She“ nach einer, vielleicht bitternötigen, Sturm und Drang-Zeit CHELSEA WOLFEs mit anderen Projekten, mindestens das beste Album seit „Abyss“ darstellt. Die kalifornische Klangmagierin durchdringt Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und erschafft auf diese Art wieder so rauschhaft schöne und geheimnisvolle Musik, wie zu ihren besten Zeiten.

Wertung: 8,5 von 10 Ouroboroi

VÖ: 9. Februar 2024

Spielzeit: 43:01

Line-Up:
Chelsea Wolfe
Ben Chisholm
Jess Gowrie
Bryan Tulao

Label: Loma Vista

CHELSEA WOLFE „She Reaches Out To She Reaches Out To She“ Tracklist

1. Whispers in The Echo Chamber (Official Music Video bei Youtube)
2. House Of Unding (Official Audio bei Youtube)
3. Everything Turns Blue (Official Music Video bei Youtube)
4. Tunnel Lights (Official Music Video bei Youtube)
5. The Liminal (Official Audio bei Youtube) 
6. Eyes Like Nightshade (Official Audio bei Youtube)
7. Salt (Official Audio bei Youtube)
8. Unseen World (Official Audio bei Youtube)
9. Place in The Sun (Official Audio bei Youtube)
10. Dusk (Official Audio bei Youtube)

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