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CHAPEL OF DISEASE: Echoes Of Light

To boldly go…: CHAPEL OF DISEASE erforschen mit rudimentärem Death Metal-Fundament die Magie des Progrock, NWOBHM, Goth Rock und Post Punk. „Echoes Of Light“ ist (fast) ausschließlich schwindelerregend gut.

Achtung, hier kommt gefährliches Halbwissen. Vielleicht ist es nicht einmal Halbwissen, aber es passt einfach so schön zu „Echoes Of Light“: Sternen entstehen mit Hilfe von Schwerkraft aus Gas und Staub. Laien wie ich erkennen hier die Kraft, die aus einzelnen Bausteinen etwas Großes entstehen lässt. Dass so ein wunderschöner Nebel auf CHAPEL OF DISEASEs viertem Album zu bewundern ist, lässt auch Rückschluss auf die Musik zu. „Echoes Of Light“ besteht aus so vielen Farben und Formen, dass es sich kaum kategorisieren lässt. Lupenreinen Death Metal boten die Kölner höchstens auf ihrem Debütalbum „Summoning Black Gods“. Das vor mehr als fünf Jahren erschienene, exzellente „And As We Have Seen The Storm, We Have Embraced The Eye“ ließ schon eine Menge Artfremdes zwischen Prog und Goth Rock in den immer verspielter werdenden Death Metal einfließen. Und „Echoes Of Light“? Das lässt sich nun gar nicht mehr in Schubladen stecken.

Proggy, spacig, Rock and rollig: CHAPEL OF DISEASE treiben auf „Echoes Of Light“ ihre Entwicklung auf die Spitze.

Einen stilistischen Neustart gibt es aber nicht, viel mehr treiben CHAPEL OF DISEASE das auf die Spitze, was auf dem letzten Album begann. „Echoes Of Light“ ist komplex und hochmelodisch, mal wuchtig und brachial, oft aber etwas verträumter, bleibt aber fast immer energiegeladen, selbst dann, wenn Laurent Teubl und seine damaligen Mitmusiker – nach den Aufnahmen stiegen Gitarrist Cedric und Drummer David aus – leisere Töne anschlagen. Insgesamt geht es auf „Echoes Of Light“ recht Rock and Rollig zu, ohne in Poser-Klischees zu verfallen, da der Gesamteindruck proggy und etwas spacig ist. Das erinnert ein wenig an die Herangehensweise, die BLUT AUS NORD mit „Hallucinogen“ wählten, der spacige Black Metal ein bisschen im Rock wilderte.

„Echoes Of Light“ ist ein unwahrscheinlich farbenprächtiges Album, das den Death Metal-Unterbau nutzt, um in der Folge in verschiedensten Genres zu wildern. Twin-Guitars, Blast Beats, 70er Psychedelia mit APHRODITE’S CHILD-DNA – und das alles allein in den ersten beiden Songs. CHAPEL OF DISEASE schaffen dabei das Kunststück, dass die Stücke nicht konfus klingen – auch hier ist also alles im Fluss. Songwriter Laurent Teubl lässt eine Menge Liebe und Details einfließen und er limitiert sich nicht selbst. Die Grenze zu Goth Rock und Post Punk ist fließend, und sie wird auch gerne überschritten.

Passt in keine Schublade: „Echoes Of Light“ zeigt CHAPEL OF DISEASE als geschmackssichere Formation.

Doch gerade bei „Shallow Nights“ geht CHAPEL OF DISEASE die Luft aus. Das achtminütige Progrock-Stück mit Goth-Atmosphäre ist ruhig und gefühlvoll, kommt nur mit Cleangesang aus – und lässt die Power vermissen, die den Rest des Albums ausmacht, und auch die Dynamik kommt nicht so recht zur Geltung. Schade – auch insofern, da an „And As We Have Seen The Storm, We Have Embraced The Eye“ nur ein Schwachpunkt war: Die gleichförmigen Vocals. Dass nun dieses Stück gesangliche Abwechslung bietet, ohne sonstwie mitzureißen, ist schon fast eine bittere Ironie. Glücklicherweise steht mit „Gold/Dust“ ein stilistisch ähnlicher Song auf „Echoes Of Light“, der hingegen alles richtig macht und Gefühl mit Power verbindet und uns obendrein ein brillantes IRON MAIDEN-Finale schenkt.

Mit „A Death Through No Loss“ und „Selenophile“ spielen CHAPEL OF DISEASE die farbenprächtigsten Songs, die man sich nur vorstellen kann. Mit ihrem Death Metal-Fundament wagt sich die Band in Regionen vor, die nur die wenigsten ihrer Genrekollegen bisher betreten hat. Eine schwindelerregende instrumentale Performance, gerade im Bereich der Gitarren, überbordende aber nicht überfordernde Arrangements, denen man sich einfach hingeben will und die zum Entdecken einladen. Und wenn CHAPEL OF DISEASE mit dem dynamischen „An Ode To The Conqueror“ ein episches Finale mit Post Rock-Tremolo-Gitarren und episch-gesampelten Chor das Album abschließen, sinken die Hörenden förmlich auf die Knie.

CHAPEL OF DISEASE verstehen Musik als abenteuerliche Entdeckungsreise: „Echoes Of Light“ hat eine clevere Dramaturgie und ein atemberaubendes Timing

Es passiert unglaublich viel auf „Echoes Of Light“. So viel, dass es sich gar nicht beschreiben lässt. Viel mehr ist es ein abenteuerliches Album mit einer cleveren Dramaturgie, und einem atemberaubenden Timing, das eigentlich perfekt wäre, würde man „Shallow Nights“ ausblenden. Sei es drum, CHAPEL OF DISEASE präsentieren sich – hier noch im alten Line-Up – als mutige Klangkünstler und zeigen aufs Eindrücklichste, dass Death Metal keine Einbahnstraße sein muss, sie leben musikalische Diversität und behalten dabei die meiste Zeit über den roten Faden. Dass mit dem luftigen und doch voluminösen Sound von Michael Zech das Album noch die perfekte Produktion verpasst bekommen hat, ist die Sahne auf der Torte. Da haben wir also nochmal Glück gehabt, dass CHAPEL OF DISEASE noch nicht am Ende ihrer Karriere angelangt sind – nicht auszudenken, wenn „Echoes Of Light“ ungehört in die Ewigkeit des Orionnebels eingegangen wäre.

Wertung: 5 von 6 kosmische Nebel

VÖ: 9. Februar 2024

Spielzeit: 42:08

Line-Up:
Laurent T. – Vocals, Guitars, Bass, Keyboards
Cedric T. – Guitars
David D. – Drums

Label: Van Records

CHAPEL OF DISEASE „Echoes Of Light“ Tracklist

1. Echoes Of Light (Official Audio bei Youtube)
2. A Death Through No Loss (Official Audio bei Youtube)
3. Shallow Nights (Official Audio bei Youtube)
4. Selenophile
5. Gold/Dust
6. An Ode To The Conqueror

Mehr im Netz:

https://chapelofdisease.bandcamp.com/
https://www.facebook.com/ChapelOfDisease
https://www.instagram.com/chapelofdisease_official/

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