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CATTLE DECAPITATION: Terrasite

Nach der Apokalypse folgt der Absturz: CATTLE DECAPITATION scheitern mit „Terrasite“ an sich selbst.

Als vor 25 Jahren Seven Of Nine an Bord der Voyager kam, wusste sie es ganz genau: „You will adapt.“ Damals war die Zukunft noch schöner, und Captain Janeway und Co. konnten es auch nicht erwarten, auf ihren Heimatplaneten zurückzukehren. Im Hier und Jetzt teasern CATTLE DECAPITATION in Anbetracht einer sich überhitzenden Erde beinahe poetisch: „Life will find a way.“ Das bringt auch den letzten Borg zum Lächeln. Die Menschheit mag dahin sein, doch „Death Atlas“ ist nicht das Ende. Weder von CATTLE DECAPITATION noch von ihrem düsteren Gesamtkonzept. Mit ihrem zehnten Album „Terrasite“ wollen die Kalifornier den Wahnsinn in die nächste Runde schicken, doch zum ersten Mal seit zwanzig Jahren scheitern sie.

Die Vorgänger werfen eben einen großen Schatten auf CATTLE DECAPITATION anno 2023. Spätestens seit „Monolith Of Inhumanity“ steigerte sich die Deathgrind-Band von Album zu Album in absurde Höhen, wurde technischer und gleichzeitig zugänglicher und zeigte zuletzt gar cineastische Qualitäten. Viele Szene-Hardliner waren hier natürlich längst raus, so etwas gehört sich nicht in einem räudigen Genre wie Deathgrind. Ist doch klar. „Terrasite“ kämpft sich nun ohne große Interludes und Samples durch seine zehn Songs und sollte somit kompakt wirken, ist aber oft recht austauschbar, da die Stücke regelmäßig gewissen Mustern folgen. Doch Puristen haben keinen Grund aufzuatmen.

CATTLE DECAPITATIONs Höhenflug ist gestoppt: „Terrasite“ setzt keine neuen Impulse.

Immerhin: Technisch sind CATTLE DECAPITATION auch 2023 den meisten ihrer Konkurrenten um Meilen voraus. Sauberer, tighter und transparenter lässt sich diese Musik nur schwer spielen. Dass sie inzwischen auch Songwritingqualitäten haben, von denen andere nur träumen können und ihre teils komplexen Riffs und Songstrukturen gut verdaulich portionieren, beweisen sie auf „Terrasite“ erneut mit Leichtigkeit. Vielleicht machen sie es sich aber ein wenig zu leicht, Stichwort: „Stagnation“. Boten bis „Death Atlas“ sämtliche Alben neue Entwicklungen, setzt „Terrasite“ keine neuen Impulse. Sicher, messerscharfe, catchy Riffs, extrem tightes Drumming, verspielte Basslinien und eine blitzsaubere Produktion zeichnen auch diese zehn Tracks aus, doch das reicht nicht.

Keyboards und Piano erweitern die Musik an einigen Stellen recht passend, das abschließende „Just A Body“ bleibt seiner zehn Minuten Länge zum Trotz spannend und stellt einen düsteren Schlusspunkt dar. Zusammen mit ein paar weiteren Songs wie „We Eat Our Young“ und „The Insignificants“ mit seinen nervösen Gitarrensynths, ist dieses Finale der Hoffnungsschimmer des Albums. Daneben gibt es viel von der Stange: „Terrasitic Adaption“, „Scourge Of The Offspring“, „The Storm Upstairs“ und „Dead End Residents“ sind ordentliche Songs, aber nichts, das wirklich aufhorchen lässt oder mitreißt. Im Gegenteil, die Variationen aus Höchstgeschwindigkeit und Groove erschöpfen sich recht schnell.

Gut gemacht und catchy reicht nicht: CATTLE DECAPITATION erzeugen mit „Terrasite“ am ehesten ein Achselzucken.

Vielleicht ist es mittlerweile auch einfach zu viel des Guten, und die Band befindet sich in einer Sackgasse. Davon ist auch Sänger Travis Ryan nicht verschont, dessen Growls kaum an Kraft eingebüßt haben und gut in Szene gesetzt sind. Dass er auch richtigen Gesang kann, zeigt er nur kurz, und dabei läge hier einiges an Potenzial. Stattdessen setzt er in den Refrains häufiger seine melodiösen Semiscreams recht vorhersehbar ein. Schlimmer noch, diese Art der Screams hat mittlerweile eine recht trashige Note, wie „Scourge Of The Offspring“, „…And The World Will Go On Without You“ und „Solastalgia“ zeigen. Apropos Trash: Die ikonischen Artworks der Band spielten nicht selten mit Kitsch und Klischees. „Terrasite“ hat eine starke Idee, die Ausführung – man betrachte das Gesicht der Kreatur – ist schon unfreiwillig komisch.

Wo das monströse „Death Atlas“ ein dichtes, bedrückendes und intensives Endzeitszenario auffuhr, erzeugt „Terrasite“ am ehesten ein Achselzucken. Als hätten CATTLE DECAPITATION gespürt, dass sie den Vorgänger nicht übertreffen können, kapitulieren sie gleich im Vorfeld, ja, sie versuchen nicht einmal das Niveau zu halten. Blendet man die Alben seit „The Harvest Floor“ aus, ist „Terrasite“ durchaus anständig geworden – gut gemachter, catchy Deathgrind eben. Für eine Band wie CATTLE DECAPITATION ist das freilich zu wenig. Fans, die jetzt berechtigterweise mit den Zähnen knirschen, sollten sich auch in diesem Kontext an die Worte von Seven Of Nine erinnern: „You will adapt.“

Wertung: 6 von 10 Neobionten

VÖ: 12. Mai 2023

Spielzeit: 52:41

Line-Up:
Travis Ryan – All Vocals
Josh Elmore – Lead Guitar
Belisario Dimuzio – Rhythm Guitar
Olivier Pinard – Bass
David McGraw – Drums

Label: Metal Blade

CATTLE DECAPITATION „Terrasite“ Tracklist

1. Terrasitic Adaption
2. We Eat Our Young (Official Video bei Youtube)
3. Scourge Of The Offspring (Official Video bei Youtube)
4. The Insignificants
5. The Storm Upstairs
6. …And The World Will Go On Without You
7. A Photic Doom
8. Dead End Residents
9. Solastalgia
10. Just Another Body

Mehr im Netz:

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