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BHLEG: Fäghring

Als ich “Fäghring” als Promo erhielt, war noch Winter. Kalt war es, dunkel, regnerisch; aus meinen Boxen erklang jedoch Vogelgezwitscher, melodischer ätherischer Gesang über flirrenden, knorrigen Gitarren, eine Atmosphäre aus Sonne und Blütenduft. Kurzum: Ich musste das neue Werk von BHLEG erstmal auf Eis legen – und das war ein gutes Zeichen.

Denn was kann man über ein Album, das eine Jahreszeit vertonen möchte, besseres sagen als dass es so gut gelungen ist, dass man genau diese Jahreszeit um sich herum braucht, um es in seiner ganzen Pracht genießen zu können? Man konnte dies schon über die drei Vorgänger sagen, aber besser als bei “Fäghring” hat es noch nie geklappt: Das schwedische Duo hat mit diesem Meisterwerk genau das Gefühl vertont, das ich verspüre, wenn nach einem langen dunklen Februar endlich die ersten Knospen an den Bäumen, die ersten Blüten auf dem Boden, die ersten Vögel in der Luft wahrzunehmen sind: Die Luft ist noch kalt, aber sie riecht nach Verheißung, nach Fruchtbarkeit.

Folk Horror Metal – welches Grauen steckt in den Kapuzen?

Woran das liegt? Nun, zuerst hat man die Produktion angepasst, sie wärmer gemacht, klarer, natürlicher. Dann sind die Synthesizer rausgeflogen, die mich beim winterlichen “Ödhin” noch gestört haben, und wurden durch Flöten ersetzt. Und schließlich ist Gesang da, ganz viel Gesang, melodisch, knurrend, auch mal psychedelisch; dazu immer wieder Trommeln, wie sie auf den Promo-Fotos zum Album zu sehen sind.

Sowieso, der visuelle Aspekt, ein Gedicht: Dass BHLEG kein Black Metal sind, betonen sie gerne. Was aber sind sie dann? Nun, die Bilder legen’s nahe, hier ein neues Genre auszurufen, das des Folk Horror Metals vielleicht, inspiriert von Filmen wie “The Wicker Man” oder “Midsommar”; Kunst, die Fruchtbarkeit und das erwachende Leben feiert, ohne die darin unbedingt auftauchenden Abgründe zu verschweigen.

Dazu passt, dass die Melodien keinesfalls lieblich ausgefallen sind oder gar Ohrwurmqualitäten aufweisen – nein, “Fäghring” ist trotz der lebensbejahenden Atmosphäre kein leicht zugängliches Werk. Wer den Fehler macht, auf große Hooks oder epische Hymnen zu lauschen, wird zunächst enttäuscht werden. Bei mir jedoch hat die Enttäuschung nicht lange angehalten – spätestens als der Frühling jetzt so richtig eingeschlagen hat und nach vielen, vielen angenehmen Durchläufen erlebe ich das Album als ungemein originell und freue mich jedes Mal aufs Neue über die hier und da verspielten Rhythmen, die ritualistischen Gesänge und das Grauen, das dazwischen auf uns lauert.

Spielzeit: 54:22 Min.

Veröffentlichung am 1.4.2022 auf Nordvis

BHLEG “Fäghring” Tracklist

1. Vårdträdet
2. Grönskande gryning (Audio bei YouTube)
3. Alyr i blom
4. Befruktad jord (Audio bei YouTube)
5. Solvigd15
6. Frö
7. Fagna sumrí

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